Nein, Bio ist nicht das Pro­blem der Welternährung

Es gibt einen klaren Unterschied © Frank Gottwald / WWF

Bio­lo­gi­sche Land­wirt­schaft führt zu Hun­ger auf der Welt? Das ist Unsinn. Was wir uns bei der Welt­ernäh­rung nicht leis­ten kön­nen ist unser Getrei­de zu verfüttern.

Da hat die Wirt­schafts­wo­che aber etwas ent­deckt. „Die rein bio­lo­gi­sche Land­wirt­schaft ist ein Luxus­gut, das nur wir uns in den rei­chen Indus­trie­na­tio­nen leis­ten kön­nen“, heißt es da in einem Kom­men­tar. Die Poli­tik habe in Deutsch­land „den Bio­an­bau aus­ge­wei­tet, die Gen­tech­nik ver­bo­ten. Bei­de poli­ti­schen Schrit­te machen uns nun angreif­bar, man könn­te sogar über­spitzt sagen, bei­des tötet poten­zi­ell irgend­wo auf dem Pla­ne­ten Men­schen.“ Und der Kom­men­tar warnt davor, man sol­le nicht „in einen Acker­bau wie im 18. Jahr­hun­dert zurück­fal­len, wo Hun­gers­nö­te auch unse­ren Kon­ti­nent plagten.“

Bio ist nicht das Problem…

Das ist pole­misch, das ist falsch und sor­ry, auch ganz schön ahnungs­los. Nicht die Bio­land­wirt­schaft scha­det der Ernäh­rungs­si­cher­heit der Welt, son­dern unser über­mä­ßi­ger Fleisch­kon­sum und die damit ein­her­ge­hen­de Ver­schwen­dung von Getrei­de als Futtermittel.

…Fleisch ist das Problem

Wem also wirk­lich an der Welt­ernäh­rung gele­gen ist, muss den Fleisch­kon­sum über­den­ken. Über die Hälf­te unse­res Getrei­des — dar­un­ter Wei­zen in über­wie­gend sehr guter Back­qua­li­tät — wird an Tie­re ver­füt­tert, anstatt Hun­gern­de in der Welt zu ernäh­ren. Aber das Pro­blem sol­len die elf Pro­zent Bio­an­bau­flä­che in Deutsch­land sein — wirklich? 

Bio plus nach­hal­ti­ge Ernäh­rung ist ein trag­fä­hi­ges Kon­zept. Das haben unse­re eige­nen Ernäh­rungs­stu­di­en und Sze­na­ri­en sehr aus­führ­lich dar­ge­legt. Bit­te ger­ne mal lesen.

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Nein, Gen-Tech­nik ist nicht die Lösung für die Welternährung

Auch der Schrei nach Gen­tech­nik ist im Zusam­men­hang Welt­ernäh­rung hilf­los. Die immer wie­der glei­chen lah­men Argu­men­te dazu sind mitt­ler­wei­le eigent­lich nur noch ein­schlä­fernd. Der Autor des Kom­men­tars führt das Bei­spiel Gol­den Rice an – die arme Erfin­dung muss immer dann her­hal­ten, wenn nichts ande­res mehr hilft. Er wur­de vor über 20 Jah­ren bereits als Heils­brin­ger bewor­ben und gefei­ert. Noch immer war­ten wir auf die­sen Old­ti­mer-Erfolg. Im Übri­gen: Gol­den Rice ent­hält viel­leicht ein wenig Vit­amin A, es fehl­ten aber die klas­si­schen Eigen­schaf­ten, die jede halb­wegs moder­ne Reis­sor­te ent­hält, näm­lich Krank­heits- und Schäd­lings­re­sis­tenz bezie­hungs­wei­se ‑tole­ranz.

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Unse­re kon­ven­tio­nel­le Land­wirt­schaft ist finan­zi­ell und sozi­al am Limit und öko­lo­gisch am Ende! Wer hier nach “mehr davon bit­te” schreit, hat offen­bar die Grö­ße des Pro­blems nicht ver­stan­den! Es benö­tigt einen ech­ten Wan­del, den gro­ßen Wurf. Aber, hey, es ist Grill­zeit, das Nacken­steak für zwei Euro das Kilo war­tet! Also ver­gesst das mit Wan­del, Ama­zo­nas, dem Hun­ger und der Zeitenwende.

Ja, Bio kann die Welt ernähren

Leu­te, lasst euch nix erzäh­len. Die Grund­sät­ze von Bio, im Ein­klang mit der Natur zu arbei­ten und Tie­re als Lebe­we­sen zu ver­ste­hen, sind im Zuge der Kli­ma- und Bio­di­ver­si­täts­kri­se genau rich­tig. Und ja, natür­lich kann bio­lo­gi­sche Land­wirt­schaft die Welt ernäh­ren. Dann, wenn wir unse­re Ernäh­rungs­sys­te­me grund­sätz­lich refor­mie­ren; weni­ger Fleisch ist ein wich­ti­ger Baustein.

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Ich leite den Fachbereich Landwirtschaft und Landnutzungswandel beim WWF. Zuvor war ich als Experte für tropische Landwirtschaft und Böden in Afrika, Asien und Lateinamerika tätig.

Kommentare (4)

  • Natürlich kann Biolandwirtschaft mit dem bis zu 50% Minderertrag die Welt nicht ernähren.
    Bio für die Reichen, Hunger und Mangelernährung für den Rest.

    • Hallo Peter:
      die Welt ernährt bei zu über 80% der genutzten Flächen die sogenannten "Nutztiere", das sind die Tiere, die zwangshaft gezüchtet, in extremen Bedingungen gehalten werden, und dann brutal ermordert, um ihre Leichenteile zu verkaufen und diese fälschlicherweise als "Lebensmittel" zu verkaufen.
      Würde die Landwirtschaft nur Produkte für die Tierart Homo Sapiens anbauen, dann würden über 75% der landwirtschaftlichen Flächen frei werden (abgesehen von vielen weiteren notwendigen Vorteilen):
      https://www.youtube.com/watch?v=pyAE-7fGn4k

  • 50% Minderertrag?
    Dann haben Sie noch nie etwas von z.B. Masanobu Fukuoka gehört oder gelesen.
    Er hat seine Äcker und Obstplantagen 1. nie gepflügt, 2. keinen chemischen Dünger verwendet, 3. Unkraut nicht mit Herbiziden und 4. Schädlinge nicht mit Pestiziden bekämpft. Ernterückstände kamen wieder aufs Feld.

    Das Resultat war ein überaus fruchtbarer Boden mit viel Humus und hervorragenden Ernten (die sich mit denen der industirellen Landwirtschaft durchaus messen lassen konnten) mit hohen Nährstoffgehalten und viel Geschmack. Ganz nebenbei ergaben sich auch positive Effekte für Klima, Artenvielfalt, Wasserqualität und Gesundheit.
    Und alles zusammen geht nur mit Bio.

  • Die Antworten auf die populistisch unterlegte Frage werden von beiden Seiten m.E. nur unzureichend der eigentlichen Problematik gerecht.
    Folgende Stichworte sollen das verdeutlichen:
    - ungleiche Verteilung (überbordende Fülle vs. Mangel am Nötigsten)
    - Verschwendung im großen Stil (Abfall in den Supermärkten/Discountern, Gastrobereich)
    - rasant steigende menschliche Reproduktion
    - fehlgeleitete Züchtung (hoher Ertrag vs. Resilienz)
    - Kalorienverbrauch höher als Bedarf (v.a. westliche Gesellschaft, aber auch die Wohlhabenden der dritten Welt)

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