Biene ist nicht gleich Biene. Es gibt hunderte verschiedene Arten, alleine in Deutschland. Das ist kompliziert. Und gut so.
Bienen sind in Deutschland ungeahnt populär geworden. Das freut mich natürlich. Denn ohne Bienen geht es einfach nicht. Auch das hat sich rumgesprochen. Politisch sinnvolles Handeln ist daraus leider noch längst nicht überall entstanden.
Mich freut aber auch, dass mittlerweile auch die Wildbienen bekannter geworden sind. Ja, es gibt neben der Honigbiene noch viel, viel mehr Arten. Bisher wurden über 20.0000 Arten gezählt. Wir haben in Deutschland ganze 585 Wildbienenarten, von denen jedoch gelten 39 als ausgestorben. Mehr als 230 der deutschen Wildbienen stehen auf der Roten Liste gefährdeter Arten. Vor allem die Intensivst-Landwirtschaft setzt dem Bienenreichtum schwer zu.
Bestäubung: Wilde Bienen können‘s besser
Trotz der steigenden Bekanntheit der Wildbienen, werden diese aber immer noch unterschätzt. Noch immer gilt die Honigbiene als die wichtigste Bestäuberin. Neuere Studien aus Großbritannien zeigen jedoch, dass dem nicht so ist. Das Forschungsteam um Breeze hat gezeigt, dass die Honigbiene selbst unter guten klimatischen Bedingungen für nur gut ein Drittel der Bestäubungsleistung und damit der Erträge verantwortlich ist.
Mit dem WWF-Newsletter nichts mehr verpassen!
Honigbienen sind zwar für eine große Vielfalt an Nutzpflanzen mögliche Bestäuber, jedoch nicht unbedingt die Effizientesten. Bei Äpfeln ist die Gehörnte Mauerbiene mehr als fünfmal effizienter als die Honigbiene. Es reichen im Schnitt 530 nistende Mauerbienen aus, um einen ganzen Hektar Apfelplantage zu bestäuben. Normalerweise werden ein oder gleich mehrere Honigbienenstaaten pro Hektar für die Bestäubung eingesetzt. In einem einzigen Honigbienenstaat aber sind gleich mehrere 10.000 Bienen.
Auch das gibt‘s: Faule Kuckucksbienen
Aber nicht alle Wildbienen bestäuben mit dem sprichwörtlichen Bienenfleiß. Ein Viertel aller Wildbienen zählt zu den Kuckucksbienen. Diese legen, wie ihr Namesgeber aus der Vogelwelt, ihre Eier in das gemachte Nest anderer Bienenarten. Da sie ihre Brut nicht mit Pollen versorgen müssen haben sie auch keine Sammelapperate für diesen entwickelt. Kuckucksbienen tragen dadurch nur sehr bedingt oder eher zufällig zu einer Bestäubung bei.
Tarnkappe mit Duft
Das ist natürlich längst nicht das einzige Erstaunliche aus der Welt der Weltbienen. Je mehr man sich damit beschäftigt, umso faszinierender wird es. Die Wespenbienen etwa, die auch zu den Kuckucksbienen zählen, haben eine ganz raffinierte Methode um in die Nester zu gelangen. Sie legen eine Tarnkappe in Form eines Duftes an. So riechen sie wie eine Sandbiene, die ihre Wirte sind. Damit wird sie von diesen so nicht als Bedrohung wahrgenommen. Diesen Duft bekommen sie bei der Paarung vom Männchen übertragen.
Folge uns in Social Media
Auch bei den Blattschneiderbienen ist der Duft entscheidend. Wenn der Rendezvousplatz nicht gut riecht, dann kommt auch das Weibchen nicht. Bei der Paarung versuchen die Männchen die Antennen der Weibchen mit Duftdrüsen in ihren Vorderbeinen in Kontakt zu bringen. Hierbei sieht es so aus als würden die Männchen den Weibchen die Augen zuhalten.

Und überhaupt, die Fortpflanzung: Alle Wildbienenweibchen haben einen doppelten Chromosomensatz wohingegen die Männchen nur einen Einfachen haben. Das heißt Weibchen schlüpfen aus befruchteten, Männchen aus unbefruchteten Eiern.
Klar stechen Hummeln
Die bekannteste Wildbiene ist natürlich immer noch die Hummel. Oder sagen wir die Hummeln, es sind auch mehr als 30 Arten. Und selbst über die dicken Brummer sind mehr Mythen als Wissen im Umlauf. Hummel stechen nicht? Falsch. Hummeln können sehr wohl stechen. Nur ist dies die Ausnahme. Sie stechen nur wenn sie direkt bedroht, werden also gequetscht oder unvorsichtig auf die Hand genommen.
Natürlich liegen mir die Bienen und der Bienenschutz schwer am Herzen. Und Euch wahrscheinlich auch, wenn ihr diesen Text bis hier gelesen habt. Ich finde es auch super, dass sich immer mehr Menschen engagieren und ihr Garten oder Balkon bienenfreundlicher machen. Und vielleicht noch wichtiger, für eine bienenfreundliche, nachhaltige Landwirtschaft einsetzen.
Bitte nicht: Zuckerwasser
Gerade darum möchte ich euch aber bitten einen Fehler zu vermeiden: Wildbienen und auch Honigbienen niemals mit Honigwasser aufpäppeln. Das kann für die Bienen gefährliche und sogar tödliche Viren und Krankheiten beinhalten. Allgemein rate ich eh davon ab Hummeln und andere Wildbienen mitzunehmen und aufzupäppeln. Am besten die Tiere auf eine nahe gelegene Blüte setzen. Wenn Wildbienen sehr erschöpft wirken, ist dies bei kalten Temperaturen darauf zurückzuführen, dass sie ihre Körpertemperatur der Umgebungstemperatur anpassen und einfach erstarrt sind. Ein künstliches Aufwärmen bedeutet hier zumeist einen schädlichen Energieverlust für die Biene.
Hallo Herr Lauer,
“dass die Honigbiene selbst unter guten klimatischen Bedingungen für nur gut ein Drittel der Bestäubungsleistung und damit der Erträge verantwortlich ist” entnehmen Sie mutmaßlich BREEZE, T.D. et. al.: “Pollination services in the UK: How important are honeybees?”, August 2011, Science, Vol. 142, Issues 3–4, Pages 137–141.
Daraus geht hervor, dass tatsächlich in Großbritannien 2007 nur noch 34,1% des Bedarfs an Bestäubungsleistung durch Honigbienen erbracht wurde, während es 1984 noch 70,1% waren. Im gleichen Zeitraum sind die Ernteerträge der Kulturen, die auf Bestäubung angewiesen sind, um 54% gestiegen.
Ich finde es fatal, es an dieser Stelle als Tatsache hinzustellen, dass Honigbienen nur für ein Drittel der Bestäubung verantwortlich seien:
1. Die Bestäubungsleistung ging zwischen 1984 und 2007 um mehr als 50% zurück, während auch die Zahl der Bienenvölker um einen ähnlichen Anteil zurückging und sich gleichzeitig, wie in Deutschland auch, die Struktur der Bienenhaltung von ehemals größeren Berufsimkereien mit vielen Bienenvölkern, die gezielt Obstplantagen und ackerbauliche Kulturen anwanderten, hin zu Hobbyimkereien mit wenig Bienenvölkern, die deutlich seltener mit ihren Bienen wandern, veränderte.
2. An keiner Stelle findet in der Studie eine Feststellung dazu statt, ob denn tatsächlich der gesamte Bedarf an Bestäubungsleistung erfüllt wurde. Es ist keineswegs anzunehmen, dass der gesamte Rest der Bestäubung durch Wildbienen stattgefunden. Wenn nur z.B. zwei Drittel des potentiellen Bedarfs noch gedeckt wurden, läge die Bestäubungsleistung der Honigbienen beispielsweise bei 50%.
3. Es wird in der Studie angenommen, dass die Ertragszunahme bei den insekten-bestäubten Früchten von 54% zwischen 1984 und 2007, die höher liegt als bei nicht-insekten-bestäubten Früchten im gleichen Zeitraum, durch die Wildbienenpopulation geleistet wurde und das möglicherweise(!) durch eine höhere Bedeutung der Wildbienen bei der Bestäubungsleistung möglich war.
4. Die Autor*innen schreiben selbst, dass es etwas spekulativ sei, insbesondere auch weil die Effekte von der Intensivierung und zunehmenden Industrialisierung der Landwirtschaft, von der Erhöhung der Obstbaumdichte und der Auswahl ertragreicherer Ackerkultursorten überdeckt werden könnten.
5. Hinzu kommen weitere Aspekte, die nicht erfasst wurden, so etwa zu welchen Anteilen bestimmte Sorten bzw. generell auch bestimmte Ackerfrüchte Verwendung fanden. So wäre eine überdurchschnittliche Erhöhung der Erträge bei insekten-bestäubten Pflanzen gegenüber den Erträgen der nicht-insekten-bestäubten Pflanzen auch komplett ohne Honigbienen-Bestäubung zu beobachten, wenn 1984 zahlreiche Streuobstwiesen und Plantagen bestanden hätten, die 2007 zu größeren Teilen abgeholzt wären und gleichzeitig die Fläche des Rapsanbaus bedeutend zugenommen hätte. Während Rapssorten relativ bestäubungsunabhängig sind, sind Obstblüten deutlich stärker von der Bestäubung abhängig, wobei auch dieses sich je nach Obstart und ‑sorte wieder bedeutend unterscheidet.
Schließlich gehen Sie nicht einmal darauf ein, inwieweit sich die Ergebnisse aus Großbritannien tatsächlich auf Deutschland oder anderswohin übertragen lassen. Klimatisch ist Deutschland bedeutend kontinental geprägt, dies kann deutliche Auswirkungen auf die Aktivitätszeiten aller Bienenarten in unterschiedlicher Ausprägung haben, sodass sich das Ergebnis in der einen wie auch der anderen Richtung verschieben könnte.
Kurzum: ich wäre zukünftig für eine bedeutend differenzierendere Position Ihrerseits und die Berücksichtigung von Einschränkungen, insbesondere im Falle von derart eklatanten Unsicherheiten sehr dankbar.
Viele Grüße aus dem schönen Fläming
Friedrich Rosenthal
P.S. Meine persönliche Auffassung, deren Validität ich zugegebenermaßen an dieser Stelle ebenfalls nicht belegen kann, ist, dass der Bestäubungsbedarf unseres Landes bei Weitem nicht erfüllt ist. Um dies zu ermöglichen, bedarf es der zahlreichen Wildbienenarten ebenso wie der Honigbienen. Dementsprechend sind Förderungen beider Bereiche angebracht. Bei den Honigbienen sind wir in verschiedenen Bundesländern Deutschlands dabei schon erfreulich voran gekommen, dieses muss nun auch für die Wildbienenpopulationen möglich sein. Lassen Sie uns daran gemeinsam arbeiten — aber bitte ohne den künstlichen Kampf zwischen Wildbienenbefürwortern auf der einen und Honigbienenbefürwortern auf der anderen Seite. Der Weg wird nur gemeinsam gelingen.
Lieber Herr Rosenthal,
vielen Dank für den umfassenden und interessanten Kommentar.
Die Thematik zu den Wild- und Honigbienen ist sehr komplex und vielschichtig. Daher ist es schwer in einem Blog alle von ihnen angesprochenen Aspekte in der nötigen Tiefe zu berücksichtigen.
Auch Studien wie die von Breeze können immer nur ein Teil des Gesamtbildes darstellen. Jedoch sind die Zahlen sicherlich zu einem Teil auch auf Deutschland anwendbar. Es zeigt sich eindeutig, dass die Wildbienen und auch andere Bestäuber einen größeren Anteil an der Bestäubung haben als bis jetzt gedacht. Sie sprechen in Punkt 5 die unterschiedlichen Sorten an. Dies zu Berücksichtigen würde jede Forschung sprengen, wenn die vielen 100 wenn nicht 1000 Sorten detailliert auf die Effizienz einzelner Bestäuber / Blütenbesucher untersucht werden würden. Die von Ihnen ebenfalls angesprochene Übertragbarkeit ist sicher ein Thema und wird sehr oft diskutiert. Jedoch lassen sich grundsätzliche Begebenheiten schon übertragen. Viele Wildbienen sind in ihrem Sammelverhalten weniger vom Wetter abhängig und fliegen auch bei Wetterbedingungen, bei denen die Honigbienen ihren Flugverkehr einschränkt oder ganz einstellt haben. Dies ist insbesondere im Frühjahr, wenn unterschiedliche Obstbäume in Blüte sind, ein wichtiger Faktor.
Die Imkerei ist ein sehr wichtiger Teil unserer Kulturlandschaft und muss erhalten werden. Jedoch wie in so vielen Bereichen, wenn wir mit der Natur zusammenarbeiten: mit Bedacht und unter Berücksichtigung der Nachhaltigkeit. Nur ein Erhalt von beidem, einer nachhaltig wirtschaftenden Imkerei und dem Erhalt von Wildbienenpopulationen sichert auch in Zukunft die Vielfalt unserer Nahrung und unserer Wildkräuter.
Lieber Herr Lauer,
als Naturfotograf arbeite ich unentgeltlich mit dem Natur- und Artenschutz im deutschsprachigen Raum zusammen.
Gerne stelle ich dem WWF BLOG unentgeltliches Bildmaterial mit Copyright Makrowilli zur Verfügung.
Tauchen Sie ein in die faszinierende Welt unserer Insekten.
https://www.flickr.com/photos/182820426@N07/albums/72157709806035861
Mit besten Grüßen
Willibald Lang
Vielen lieben Dank für ihr Angebot.
Ich werde mir gerne Ihre Bilder ansehen und würde mich ggf. dann bei Ihnen Melden.
Lieber Herr Lang,
da ich keine andere Möglichkeit gefunden habe, wähle ich diesen Weg hier, um Ihnen mitzuteilen, dass eins Ihrer Fotos für den dbj-Bildkalender 2023 verwendet wurde. Wenn Sie ein Beleg-Kalender möchten oder für Fragen, wenden Sie sich doch bitte an bienenjournal@bienenjournal.de (bienenjournal.de)
Freundliche Grüße — Gesine Beuge