Weih­nach­ten: Unterm Baum mit Klimaskeptikern


Weihnachten Familie Klima
Betonte Harmonie, die schnell kippen kann. Wenn es um das Klima geht. © DGLimages / iStock / Getty Images

Wenn das The­ma Kli­ma an Weih­nach­ten für Reiz­kli­ma sorgt: Ant­wor­ten auf die immer glei­chen Fra­gen und Missverständnisse.

Es gibt immer die­sen einen Onkel. Er könn­te Wil­li hei­ßen. Und der könn­te mit Hil­de­gard ver­hei­ra­tet sein. Stel­len wir uns vor, sie sind mit mir ver­wandt. Ihre Namen spie­len im Grun­de kei­ne Rol­le, sie haben einen eher sym­bo­li­schen Wert. Viel wich­ti­ger ist, dass sich in ein paar Tagen wie­der das Weih­nachts­fest jährt und wir Ver­wand­te tref­fen, die selt­sa­me Sachen reden. Bei denen wir mit den Augen rol­len, die fla­che Hand an die Stirn schla­gen möch­ten, oder flucht­ar­tig den Raum ver­las­sen. Selbst, wenn es in Zei­ten von Coro­na nur ein Fami­len-Zoom-Call ist. Vor­teil: Hier kann man Kame­ra und Ton aus­schal­ten, wenn’s anstren­gend wird.

Fleisch, Auto und das Familienklima

Ich habe in mei­ner Fami­lie sehr auf­ge­schlos­se­ne Men­schen. Und trotz­dem sind Wil­lis und Hil­de­gards dabei, die immer wie­der mit bestimm­ten Aus­sa­gen auf­fal­len. Es sind eher Män­ner als Frau­en. Die sind sowie­so schlech­ter für’s Kli­ma, sta­tis­tisch gese­hen. Sie recy­celn weni­ger, sie essen mehr Fleisch und, mei­ner eige­nen Erfah­rung nach, fah­ren sie die grö­ße­ren Autos.

Und so hat Wil­li in mei­ner Geschich­te gera­de erst ein Schnäpp­chen gemacht, auf das er sehr stolz ist. Er erzählt davon von der Wohn­zim­mer­couch aus, hin­ter der ein sinn­los gefäll­ter Weih­nachts­baum mit roten und blau­en Kugeln strahlt. Dar­un­ter die Din­ge, die, irgend­wo auf der Welt her­ge­stellt, in zwei bis fünf Tagen nie­man­den mehr inter­es­sie­ren wer­den. Res­sour­cen haben sie trotz­dem ver­braucht und Lie­fer­ket­ten beschäf­tigt. Wil­lis Stolz ist ein nacht­schwarz glän­zen­der SUV (wegen der Über­sicht­lich­keit im Verkehr).

Ich sage dann was. Ich kann nicht anders. Ob denn nicht klar ist, dass der Baum im Wald viel­leicht bes­ser auf­ge­ho­ben wäre? Dass ein Auto zu kau­fen heu­te viel­leicht nicht mehr zeit­ge­mäß ist, man könn­te ja auch mie­ten. Und war­um die Paket­ber­ge unter dem Baum mit jedem Jahr grö­ßer werden?

Man muss sich was gön­nen,” sagt Wil­li dann. “Und über­haupt, was kann ich allein denn machen, ob ich ein Auto kau­fe oder nicht, was macht das für einen Unter­schied?” Hil­de­gard nickt dazu. Und hier ent­spinnt sich dann eine immer wie­der­keh­ren­der Kreis­lauf von Aus­sa­gen und Behaup­tun­gen. Die wir ver­mut­lich alle ken­nen. Und die auch nicht rich­ti­ger wer­den, je öfter man sie ausspricht.

Mit dem Auto fängt es an. Mit dem gro­ßen Gan­zen geht es wei­ter. “Außer­dem,” beginnt Hil­de­gard, “hat Deutsch­land eh nur einen ganz klei­nen Ein­fluss auf das Kli­ma.” Das Land wäre ja eher win­zig. Ande­re Län­der, die sehr viel mehr Treib­haus­ga­se aus­sto­ßen müss­ten erst­mal auf­hö­ren, damit es über­haupt was bringt.

Ja, Kli­ma­ge­rech­tig­keit

Der Knack­punkt hier ist aber nicht der CO2 Aus­stoß des Lan­des, son­dern der jedes ein­zel­nen von uns. Pro Kopf in Deutsch­land immer­hin knapp acht Ton­nen CO2 im Jahr (2019). Damit pus­ten wir etwa dop­pelt so viel in die Luft wie alle Men­schen im Durch­schnitt. Und Deutsch­land ist auch ein rei­ches Land mit einer gewis­sen Ver­ant­wor­tung beim The­ma Kli­ma­schutz. Wir sind ein­fach schon seit dem Anfang des mas­si­ven CO2-Aus­stos­ses dabei. Kli­ma­ge­rech­tig­keit nennt sich das. Die Ver­ur­sa­cher der Kli­ma­kri­se müs­sen mit guten Bei­spiel vor­an­ge­hen und zei­gen, wel­che Feh­ler man als auf­stre­ben­de Nati­on mit wenig CO2-Aus­stoss bes­ser nicht machen sollte.

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Vor­rei­ter für ande­re sein also. Das schmeckt Onkel Wil­li nicht beson­ders. Er holt also mit der nächs­ten Kli­makeu­le aus. Viel­leicht hat er sie in einer der Face­book-Grup­pen gele­sen, denen er folgt, seit ihm die “Kin­der, die Frei­tags mal bes­ser in die Schu­le gehen soll­ten,” auf die Ner­ven gehen. Wil­li liest viel im Inter­net, seit er in Ren­te gegan­gen ist.

Das Kli­ma hat sich doch immer schon gewan­delt, das ist nichts beson­de­res,” ruft er nun also von der Couch herüber.

Nein, es ist nicht der natür­li­che Klimawandel

Ja, und da könn­te ich ihm sogar ein klei­nes biss­chen Recht geben. Denn die Aus­sa­ge an sich ist erst­mal nicht falsch. Das Kli­ma wan­delt sich tat­säch­lich schon immer. Die Fra­ge ist nur, wie schnell. Denn Men­schen kön­nen einen natür­li­chen Kli­ma­wan­del durch ihr Han­deln beein­flus­sen. Das tun wir auch. Und zwar kräf­tig, in dem wir unse­re Zuta­ten in den natür­li­chen Kreis­lauf geben, die oben erwähn­ten Treib­haus­ga­se zum Bei­spiel. Die beschleu­ni­gen die natür­li­chen Ver­än­de­run­gen. Was frü­her Jahr­tau­sen­de oder gar Jahr­mil­lio­nen gedau­ert hat, rauscht heu­te in weni­gen Jahr­zehn­ten an uns vor­bei. Nach der letz­ten Eis­zeit wur­de die Erde alle 1000 Jah­re ein Grad wär­mer. Und das wird schon als schnell ange­se­hen. Heu­te schaf­fen wir den­sel­ben Wert in einem Zehn­tel der Zeit.

Kli­ma, nicht Wetter

Onkel Wil­li nippt an sei­nem Glüh­wein. Natür­lich ist er skep­tisch. Und er hat noch ein Ass im Ärmel. In den Nach­rich­ten haben er und Hil­de­gard gese­hen, dass es auf den Ber­gen, gar nicht weit weg, mäch­tig geschneit hat. Außer­dem muss­te er sich gera­de einen neu­en Man­tel kau­fen, es ist doch emp­find­lich kalt gewor­den die letz­ten Tage. Er lehnt sich zu Tan­te Hil­de­gard, “erin­nerst du dich,” fragt er?

Da ist doch der gan­ze Schnee da im All­gäu, wo ist denn da die dei­ne Kli­ma­kri­se?” Und bei­de ver­schrän­ken die Arme.  Lang­sam macht die gan­ze Sache auch ein biss­chen Spaß, fin­de ich. Wil­li und Hil­de­gard ver­ges­sen bei die­ser Fra­ge näm­lich, dass es einen Unter­schied gibt zwi­schen Kli­ma und Wet­ter. Ob es mal schneit oder nicht. Ob es nun drei Tage, oder eine Woche schneit oder nicht, es bleibt eine kurz­fris­ti­ge Erschei­nung. Wet­ter ist jeden Tag. Wet­ter ist eine Lau­ne, Kli­ma ist mehr und viel kom­ple­xer. Wir wer­den auch dann noch Win­ter haben, wenn es im Schnitt immer wär­mer wird. Aber wir wer­den in Euro­pa immer weni­ger Schnee erle­ben. Dazu gibt es Stu­di­en. Sicher ist: Die Tem­pe­ra­tu­ren stei­gen, wenn wir nicht mas­siv gegen­steu­ern. Gera­de sind wir drauf und dran, die 1,5 Grad, die die Staa­ten im Pari­ser Kli­ma­ab­kom­men als Ziel gesetzt haben, zu rei­ßen. Wenn wir so wei­ter­ma­chen wie bis­lang, steu­ern wir eher auf drei Grad Erd­er­wär­mung zu, hat das UN Umwelt­pro­gramm UNEP kürz­lich erklärt.

Die­se Erhit­zung hat heu­te schon spür­ba­re Aus­wir­kun­gen, sage ich irgend­wann. Das Eis in der Ark­tis schmilzt, in Sibi­ri­en war es in die­sem Som­mer wär­mer als an den hei­ßes­ten Tagen des Jah­res in Ber­lin. 38 Grad Cel­si­us ist der unfass­ba­re Rekord, nörd­lich des Polar­krei­ses. So heiß war es da noch nie, seit Beginn der Messungen!

Ist doch toll,” höre ich von der Couch her.  Wenn die Pole eis­frei sind, da kann man dann mit dem Schiff durch! Das mag sein, ant­wor­te ich, aber die Aus­wir­kun­gen! Ver­schwin­det das Pack­eis, ver­än­dert das so ziem­lich alles in der Ark­tis, aber auch bei uns direkt vor der Haus­tür. Sogar bei Onkel Wil­li und Tan­te Hil­de­gard im Schre­ber­gar­ten. Denn die wei­ße Ober­flä­che von Eis und Glet­schern reflek­tiert nor­ma­ler­wei­se das Son­nen­licht und hält so die Tem­pe­ra­tu­ren unten. Fehlt das hilf­rei­che Weiß, nimmt das dunk­le­re Was­ser die Wär­me immer mehr auf und das sorgt dafür, dass das Eis noch schnel­ler schmilzt. Und es wird gleich­zei­tig immer wär­mer. Die Mee­res­spie­gel stei­gen, die Tier­ar­ten, die auf das Eis ange­wie­sen sind, kom­men nicht mehr zurecht. Die Fol­gen wären verheerend.

Nein, es ist nicht nur die Sonne

Also ist es die Son­ne?” Du hast es selbst gesagt. Onkel Wil­li will noch nicht auf­ge­ben. Nun, meint er, habe ich ihm eine Steil­vor­la­ge gege­ben. Und das ist der Moment, in dem ich mei­ne Zoom-Kame­ra aus­ma­chen, oder beim Fami­li­en­es­sen kurz mal aufs Klo ver­schwin­den möchte.

Über Jahr­hun­der­te hin­weg, bis etwa 1960, hat die Hel­lig­keit der Son­ne leicht zuge­nom­men. Und in die­ser Zeit ist auch die Erde wär­mer gewor­den, sage ich, räus­pe­re mich und beschlie­ße doch nicht zu flüch­ten. Dazu gibt es Stu­di­en. Seit­dem nimmt die Ener­gie der Son­ne lang­sam wie­der ab, die Tem­pe­ra­tur in der Luft und im Meer steigt trotz­dem wei­ter stark an. Es kann nicht die Son­ne sein, die hin­ter der Kli­ma­kri­se steckt. Viel logi­scher ist es, dass Treib­haus­ga­se in der Atmo­sphä­re dafür sor­gen, dass es immer wär­mer wird. Und über die haben wir doch schon gespro­chen, oder nicht? Ich ern­te ein Schulterzucken.

Wir sor­gen mit allen mög­li­chen Din­gen, die wir tag­täg­lich tun, dass Treib­haus­ga­se in der Atmo­sphä­re lan­den. Ich brau­se etwas auf. Ein­mal tief durch­at­men. Also, lie­be Wil­lis und Hil­de­gards da drau­ßen, wir roden mas­sen­haft Wäl­der, nur ein Bei­spiel, sage ich. Das ist nicht nur der Ama­zo­nas oder der Regen­wald in Indo­ne­si­en. Und die­se Wäl­der sind auch nicht weit weg, schließ­lich spü­ren auch wir hier die Aus­wir­kun­gen. 13 Pro­zent der welt­wei­ten Treib­haus­gas­emis­sio­nen kom­men durch die Ver­nich­tung von Wäl­dern zustan­de.  30 Fuß­ball­fel­der las­sen wir in der Minu­te ver­schwin­den. In einer Woche ist das eine Flä­che, in die Ham­burg locker rein­pas­sen wür­de. Und da reden wir noch nicht über Land­wirt­schaft, Mas­sen­tier­hal­tung, Ver­kehr, Indus­trie, Pro­duk­ti­on und am Ende unse­ren Kon­sum, die alle genau­so an der Erd­er­wär­mung mitarbeiten.

Das Ergeb­nis, sage ich, sehen wir direkt vor unse­rer Nase, und deu­te auf den Geschen­ke­berg unter dem Weih­nachts­baum und die saf­ti­ge Mast­gans auf dem Tisch.

Dann wird es still.

Wie macht ihr es?

Es gibt noch sehr vie­le The­men mehr, die Skep­ti­ker immer wie­der aus der Schub­la­de holen, um zu zei­gen, dass es kei­ne Kli­ma­kri­se gibt. Dass ande­re Schuld sind. Man eh nichts ändern kann, weil das Pro­blem zu gewal­tig ist und man selbst zu klein. Kom­men euch die­se Argu­men­te bekannt vor? Und wie reagiert ihr, wenn sie euch unter­ge­kom­men? Es wür­de mich inter­es­sie­ren, dar­über zu lesen.

Onkel Wil­li und Tan­te Hil­de­gard mögen in der Form, in der sie in die­sem Text ste­hen, fik­tiv sein. Aber unwahr­schein­lich sind sie nicht. Immer noch. Immer mehr Auf­klä­rungs­ar­beit ist nötig, über­zeu­gen und reden. Nicht die Ruhe ver­lie­ren und nicht beleh­ren, son­dern mit Argu­men­ten und Fak­ten zei­gen, wel­che Gefah­ren mit der Kli­ma­kri­se ein­her gehen und wo man zu leicht auf den Holz­weg gerät. Die Fra­gen, die hier oben ste­hen, wer­den nicht ver­schwin­den. Aber viel­leicht wer­den sie mit der Zeit weni­ger, wenn die rich­ti­gen Ant­wor­ten nur immer wie­der und wie­der und wie­der gege­ben werden.

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