Wildnis – wer denkt da nicht zuerst an Regenwälder, Wüsten oder tropische Naturparadiese. Doch in Deutschland wächst das Bewusstsein, dass wir Wildnis auch vor unserer Haustür brauchen.
Warum Wildnis wertvoll ist
Im dämmrigen Licht kämpft ein mutiger Abenteurer mit der Machete gegen das undurchdringliche Dickicht an, überall hängen Lianen herunter und von Ferne ertönen unheimliche Schreie wilder Tiere… Viele von uns verbinden diese Bilder mit dem Begriff „Urwald“. Dabei meint das Wort „Urwald“ einfach nur einen Wald, der sich schon immer ohne Einfluss des Menschen entwickelt hat.
Ein solcher Wald beheimatet faszinierende Baumpersönlichkeiten, die alt werden dürfen, sterben und vergehen – und in einem Zyklus neues Leben hervorbringen. Stehendes und liegendes Totholz bietet tausenden und abertausenden Insekten- und Pilzarten hochspezielle Lebensräume. Wenn dann ein alter Riese fällt, dringt wieder Licht auf den Waldboden. Rasch stellt sich üppiges Pflanzenwachstum ein. Sämlinge entwickeln sich in Jahrzehnten wieder zu stattlichen Bäumen. In einem Urwald werden nicht alle Bäume zur gleichen Zeit alt, vielmehr gibt es alle Stadien, wie in einem Mosaik nebeneinander. Der alte Höhlenbaum neben mit von Gräsern, Kräutern und Moosen bewachsenen Lichtungen, das stehende Totholz neben Bäumen in der Blüte ihrer Jahre. Wenn ihr einmal einen solchen Wald gesehen habt, werdet ihr davon fasziniert sein!
Warum es in Deutschland kaum Wildnis gibt
Solche Urwälder gibt es bei uns aber praktisch nicht mehr. Zwei Drittel der Fläche werden heute von Ackerland, Siedlungen und Straßen eingenommen, nur ein Drittel ist noch Wald. Über 98 Prozent der Wälder ist Wirtschaftswald, angepflanzt zur Holzproduktion und regelmäßig „geerntet“ – lange vor Erreichen der natürlichen Altersgrenze. Viele Flächen werden von standortfernen Nadelforsten oder von nichtheimischen Baumarten wie der nordamerikanischen Douglasie dominiert. Aber auch dort, wo der Förster diejenigen Baumarten wachsen lässt oder anpflanzt, die von Natur aus dort vorkämen, fehlen weitestgehend die ökologisch so wichtigen Zerfalls- und Sterbephasen des Waldes.
Nur 0,5 Prozent Wildnis in Deutschland
Nur auf lächerlichen 0,5 Prozent der Fläche darf sich Natur in Deutschland derzeit entwickeln wie sie will. Wir brauchen dringend mehr Wildnis in Deutschland: Als Naturschatzkästlein der biologischen Vielfalt, als unersetzliches Naturkapital, zum Forschen und Staunen… Auch die Bundesregierung hat das erkannt und fordert in ihrer „Strategie zur biologischen Vielfalt“, dass es bis 2020 wenigstens zwei Prozent Wildnisflächen geben soll. Klingt ja eigentlich nicht so viel… Und doch eine extrem schwer lösbare Aufgabe, denn weder private Landbesitzer noch die Länder und Kommunen wollen ihre Flächen „stilllegen“ und kämpfen um jeden Quadratmeter.
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Die Urwälder von morgen in Brandenburg
Da müssen Stiftungen und Naturschutzverbände voran gehen. Die „Zerweliner Heide“ in der brandenburgischen Uckermark bietet dem WWF jetzt die Gelegenheit, mitten in Deutschland Wildnis neu entstehen zu lassen: Urwälder von morgen, unberührte Seen und Moore. Fast 800 Hektar äußerst wertvolle Naturschutzflächen erhielt der WWF als Teil des Nationalen Naturerbes vom Bund. Heimat für See- und Fischadler, Schwarzstorch, Fischotter und vieler seltener Fledermausarten. Doch mit der Übernahme der Flächen ist es nicht getan: In einem Teil des Gebiets müssen naturferne Nadelbaumforste Stück um Stück beseitigt werden.
Und was könnt ihr tun?
Wenn ihr mehr über Wildnis erfahren wollt, dann schaut mal unter www.wildnis-in-deutschland.de. Dort zeigen wir Euch, wo es Wildnis gibt — und wie wir mehr davon schaffen können.
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