War­um die Atom­kraft in Deutsch­land kei­ne Zukunft haben kann

Nein, die Atomenergie hat keine Zukunft in Deutschland. Auch aus ganz praktischen Gründen. © Peter Widmann / Imago

Die Atom­kraft gehört der Ver­gan­gen­heit an. Ende 2022 gehen in Deutsch­land die letz­ten drei Kern­kraft­wer­ke vom Netz. Eigent­lich soll­te damit zumin­dest hier­zu­lan­de ein Kapi­tel eines ener­gie­po­li­ti­schen Irr­we­ges enden. Eigentlich.

Doch mit dem Krieg in der Ukrai­ne und dem Streit ums rus­si­sche Gas meh­ren sich die Stim­men, die den nuklea­ren Zom­bie auch hier­zu­lan­de wie­der zum Leben erwe­cken wol­len. Ihr Argu­ment: War­um nicht das rus­si­sche Gas durch schein­bar CO2 arme Kern­kraft­wer­ke erset­zen? Auf ein paar Jah­re län­ger kom­me es schließ­lich nun auch nicht mehr an …

Und wo kommt das Uran her? Wo die Brenn­stä­be? © IMAGO / ITAR-TASS

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Das mag auf den ers­ten Blick wie ein prag­ma­ri­scher Ansatz wir­ken. Es hält aller­dings einer genaue­ren Über­prü­fung nicht stand. Das Öko-Insti­tut hat die ener­gie­po­li­ti­sche Situa­ti­on genau­er unter die Lupe genom­men und kommt zu dem kla­ren Urteil, dass eine Lauf­zeit­ver­län­ge­rung uns nicht aus der fos­si­len Fal­le befrei­en kann.

Die Grün­de sind viel­schich­tig — und ganz praktisch

Ich will sie mal stich­punkt­ar­tig zusammenfassen:

  1. Anders als Atom­mei­ler, die bekannt­lich Strom pro­du­zie­ren, wer­den rund 80 Pro­zent des aus Russ­land impor­tier­ten Gases für die Wär­me­ver­sor­gung ein­ge­setzt. Auch Kraft-Wär­me-Kopp­lung, also die gleich­zei­ti­ge Nut­zung von Strom und Wär­me, ist mit den nuklea­ren Groß­an­la­gen nicht möglich.
  2. Blie­ben noch 20 Pro­zent der Gasim­por­te für die Strom­pro­duk­ti­on, die sich durch Atom­mei­ler theo­re­tisch erset­zen lie­ßen. Doch auch die­se Alter­na­ti­ve exis­tiert nur auf dem Papier. Denn das Gas wird vor allem in Anla­gen genutzt, die nicht per­ma­nent lau­fen. Gas­kraft­wer­ke sprin­gen fle­xi­bel ein, wenn der Wind nicht weht oder die Son­ne nicht scheint und glei­chen mög­li­che Strom­lü­cken kurz­fris­tig aus. Kern­kraft­wer­ke kön­nen das nicht. Sie las­sen sich nicht mal eben hoch und run­ter­fah­ren und sind des­halb als Lücken­fül­ler unge­eig­net. Je höher der Anteil an Erneu­er­ba­ren Ener­gien im Netz ist, des­to wich­ti­ger ist jedoch die Regel­bar­keit der ein­zel­nen Strom­erzeu­ger. Es braucht mehr soge­nann­te „Fle­xi­bi­li­tä­ten“ – also Abneh­mer, wenn beson­ders viel Strom aus erneu­er­ba­ren Quel­len ange­bo­ten wird, sowie Spei­cher, die fle­xi­bel Strom in das Netz ein­spei­sen, wenn nur wenig Wind oder Son­ne zur Ver­fü­gung ste­hen. Auch des­halb sind Atom­kraft­wer­ke völ­lig aus der Zeit gefallen.
  3. Selbst wenn man Sicher­heits­aspek­te, Haf­tungs­ri­si­ken, man­geln­de Ersatz­tei­le, feh­len­des Fach­per­so­nal und recht­li­che Fra­gen aus­klam­mert: ein Wei­ter­be­trieb der Reak­to­ren schei­tert schon an feh­len­den Brenn­ele­men­ten. Die rei­chen noch bis zum 31.12.2022. Die Neu­be­schaf­fung dau­ert rund zwei Jah­re. Und wäre sehr teu­er. Dar­über hin­aus sei an die­ser Stel­le ange­merkt, dass wir nicht nur Gas und Öl aus Russ­land impor­tie­ren, son­dern auch Uran.

Kurz­um: Das Aus der Kern­kraft­nut­zung in Deutsch­land ist abseh­bar. Und das ist auch gut so. Putins Krieg wird dar­an nichts ändern. 

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Leiterin Klimaschutz und Energiepolitik beim WWF Deutschland und damit beschäftigte mit alle (oder doch zumindest vielen) Fragen rund um Klima und Energie. Und obwohl ich seit Jahren nicht mehr aktiv dazu arbeite, hängt mein Herz an einer neuen Mobilitätswelt. Es braucht nicht mehr als täglich mit dem Fahrrad zur Arbeit zu fahren um daran erinnert zu werden, wieviel Arbeit das noch ist.

Kommentare (7)

  • Hier ein paar Ausbesserungen zum Beitrag.
    1. Die KKW lassen sich relativ schnell regeln und können sich Flexibel auf die Erneuerbaren anpassen.
    2. Brennelemente-Lieferungen dauern ca 1 Jahr lang und können ggf. vorgezogen werden auf 11 Monate.
    3. Die KKW können durchaus länger als den 31.12 laufen. Sie könnten noch ca 3 Monate im Steckbetrieb betrieben werden. Das bedeutet das die Kraftwerke nur eine sehr kurze Stillstandszeit hätten, welche sinnvoll für Prüfungen und Modernisierungen genutzt werden kann.
    4. Das Uran muss nicht aus Russland importiert werden. Man kann es auch aus anderen Quellen beziehen.
    Dieser Beitrag ist übersäht mit Lügen und Halbwahrheiten.

    • Guten Tag,
      Lügen sind bewusst gestreute und manipulativ eingesetzte Falschinformationen. Ist das hier wirklich der Fall oder was möchten Sie mit Ihren Aussagen bezwecken? "Übersäht" assoziiert, dass es sehr viele Lügen und Halbwahrheiten (auch hier eine Def. bitte) gibt. Sie geben aber nur vier flexible Punkte an, über die auch gestritten werden kann und wird. Gehen wir Ihre Argumentation mal durch:
      KKW sind laut einer Risikostudie aus dem Jahr 2011 (von Büro für Atomsicherheit) nicht dafür ausgelegt, nicht dafür genehmigt und bieten ein hohes Gefährdungsrisiko. Weil der Atomausstieg 2011 beschlossen worden ist, ist es abwegig zu glauben, dass wir moderne Atomkraftwerke haben, die der Studie und ihren Ergebnissen widersprechen (dazu gibt es auch noch zusätzlich eine Machbarkeitskurzstudie aus der Schweiz 2019 - in der ein modernes KKW keine PV-Anlage schlägt). 2018 ist eine weitere Studie herausgekommen, die den deutschen KKW hier schlechte Noten verteilt. Theoretisch scheint es zwar möglich KKW laufen zu lassen, aber nur mit erheblichen Risiken und personellen / finanziellen / rechtlichen / zeitlichen Aufwand. Folgende weitere Hürden: Die Energieversorger lehnen es schlicht ab. Außerdem geben sie in verschiedenen Zeitungsartikeln an, dass das kurzfristige Weiterlaufen nicht möglich sei (leider ohne genaue Begründung). Wissen Sie hier mehr als die Betreiber? Teilen Sie Ihr Wissen mit uns!
      Das Uran MUSS nicht aus Russland geliefert werden, allerdings stellt auch SPON+ (6.4.22) erst fest, dass wir hier von Russland abhängig sind (der Kommentar endet schlicht hier - das ist keine Halbwahrheit und keine Lüge).
      Die Autorin schreibt außerdem von "rund" zwei Jahren Beschaffungszeit von Brennelementen. Lieber Lars, verzetteln Sie sich bitte nicht im Zahlenbrei: 1 -/+ Jahre oder bis zu 2 Jahre (die Bundesregierung geht übrigens von 1,5 Jahren aus - s. Tagesschau - worauf stützen Sie ihre Daten?).
      Das Hauptproblem bleibt: Deutschland kann die KKW nicht einfach sicher schnell weiterlaufen lassen. Inwiefern hat die Autorin in Punkt 4 gelogen?
      Mein Fazit: Seien Sie bitte vorsichtig und umsichtig. Ein Blogbeitrag ist selten ein wissenschaftlicher und ausführlicher Artikel.
      Die Kernaussage (zum Schluss noch was Witziges) bleibt doch verständlich: Wir können und wir müssen ohne KKW auskommen.

  • Alle, absolute alle Länder um Deutschland herum setzen auf Atomkraft. Faktisch werden wir nie auf nicht-Atomstrom verzichten können, weil es für die Gesamt-Gesellschaft auch gar nicht finanzierbar ist.

  • Wo ein Atomgau passieren kann, wird es irgendwo passiern!
    Es ist eine Frage der Zeit oder eine Frage der größenwahnsinnigen
    Herrscher dieser Welt.
    Kleine dezentrale Gaus in Kraftwerken machen nicht ganze
    Regionen unbewohnbar.
    Es gibt schon Technologien, die auch in 1000 Jahren noch
    umweltfreundlich sein werden.
    Worin also investieren? In die Zukunft oder in die Vergangenheit?

  • In spätestens 5-10 Jahren kommt Kernkraft wieder in Deutschland. Zumindest wird unideologisch darüber diskutiert werden nachdem einige anderen Industrieländer SMR-Kraftwerke in Betrieb nehmen. Kanada und auch die USA planen bis 2028 mehrere SMR-Kernkraftwerke. In einer Art Baukastenprinzip werden die einzelnen Komponenten in Serie vorproduziert und dann vor Ort montiert.
    Ein neuer Reaktortyp könnte eine wichtige Rolle spielen. Ausgerechnet in Deutschland wurde dieser entwickelt. Er kann Atommüll verarbeiten und macht Endlager überflüssig sagen die Entwickler. Es handelt sich um einen Dual-Fluid-Reaktor. Dieser gehört zu den sogenannten Smart Modular Reactors (SMR). Noch in diesem Jahrzehnt wird ein Prototyp von einem kanadisch-deutschen Unternehmen gebaut werden. Die Rest-Strahlungsdauer beträgt 300 und nicht 1 Mio. Jahre, Null CO2-Emissionen, eine Kernschmelze ist Bauart bedingt ausgeschlossen und die neuen Anlagen wären stufenlos hoch und herunter zu regeln. Das wäre eine gute Voraussetzung für unsere Energiewende und Ablösung der Gas- und Kohlekraftwerke. Allerdings nicht vor dem Jahr 2035.

    Also, Kopf unideologisch hoch!

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