War­um der WWF eben nicht mit Tön­nies zusammenarbeitet 

Tönnies Schlachthof. Wir vom WWF zeigen immer wieder die zerstöerischen Zusammenhänge des hohen Fleischkonsums auf © IMAGO / biky

Der WWF arbei­tet mit Unter­neh­men zusam­men. Das ist so weit nichts Neu­es. Und sorgt damit auch immer wie­der für Miss­ver­ständ­nis­se. Manch­mal wer­den die­se Miss­ver­ständ­nis­se von Unter­neh­men aber auch bewusst geför­dert. Wie jetzt gera­de vom Fleisch­im­pe­ri­um Tönnies. 

Tön­nies hat in der Öffent­lich­keit einen ver­hee­ren­den Ruf. Arbeits­be­din­gun­gen, Putin-Nähe des Chefs und Kon­zern­grün­ders. Und dann natür­lich das Pro­dukt: Fleisch, in gigan­ti­schen Men­gen. 70.000 Schwei­ne sol­len bei Tön­nies pro Tag geschlach­tet wer­den. 

Was Tön­nies behauptet

Die bei­ßen­de Kri­tik kann Tön­nies eigent­lich egal sein, solan­ge das Geschäft läuft. Es lief zuletzt aber nicht mehr so gut. Im aktu­el­len Geschäfts­be­richt ist ein Ein­bruch zu ver­mer­ken. Der Umsatz sank 2021 um zwölf Pro­zent auf rund 6,2 Mil­li­ar­den Euro. Dafür gibt sich Tön­nies geläu­tert: Man wer­de „den Trans­for­ma­ti­ons­pro­zess der gesam­ten Ket­ten wei­ter kon­se­quent“ vor­an­brin­gen, heißt es in der Pres­se­mit­tei­lung zum Geschäfts­be­richt. Schließ­lich sei­en „Nach­hal­tig­keit und Umwelt­schutz für die Unter­neh­mens­grup­pe unab­ding­bar“ und des­we­gen arbei­te ja Tön­nies „in die­sem Zuge bei­spiels­wei­se mit der Umwelt­or­ga­ni­sa­ti­on WWF zusam­men“. 

Was wahr ist

Die hier pos­tu­lier­te Zusam­men­ar­beit sieht fol­gen­der­ma­ßen aus: Natür­lich sind wir beim WWF dar­an inter­es­siert, dass jedes Unter­neh­men sich nach­hal­ti­ger ver­hält. Auch Tön­nies. Tön­nies ist eines von aktu­ell sechs Unter­neh­men, die in einem durch die GIZ finan­zier­ten Pro­jekt an einer monat­lich tagen­den Grup­pe von Unter­neh­men an Ent­wal­dungs­frei­en Soja-Lie­fer­ket­ten arbei­tet. Die­se Pro­jekt­grup­pe zu nach­hal­ti­gem Soja wird vom WWF gelei­tet. 

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Tat­säch­lich haben also unse­re Expert:innn für nach­hal­ti­ge Lie­fer­ket­ten mit Abge­sand­ten von Tön­nies und ande­ren Unter­neh­men gemein­sam in Online-Mee­tings geses­sen. Und Tön­nies hat es ja auch schwer nötig: Drei­vier­tel des glo­ba­len Soja­ver­brauchs wird für Tier­fut­ter ver­wen­det. Tön­nies ist der markt­füh­ren­de Fleisch­kon­zern in Deutsch­land. Und schnei­det bei der jüngst von uns ver­öf­fent­lich­ten Ent­wal­dungs-Score­card mit 37 Pro­zent von allen teil­neh­men­den Unter­neh­men mit am schlech­tes­ten ab. 

Die Score­card wur­de zum Bei­spiel im Spie­gel auf­ge­grif­fen. Dort behaup­te­te Tön­nies dazu, „die Matrix des WWF sei auf Tön­nies kaum anzu­wen­den, da man kein Soja direkt bezie­he“. Aus Sicht des WWF und laut inter­na­tio­na­ler Ver­ein­ba­run­gen wie den UN-Leit­prin­zi­pi­en für Wirt­schaft und Men­schen­rech­tes sind Unter­neh­men aber für ihr gesam­te Lie­fer­ket­te ver­ant­wort­lich. So wird es auch im aktu­el­len Ent­wurf eines neu­en EU-Geset­zes zum Stopp der impor­tier­ten Ent­wal­dung ver­an­kert. Somit ist auch Tön­nies für Men­schen­rechts­ver­let­zun­gen und Umwelt­zer­stö­run­gen ent­lang der Lie­fer­ket­ten für das im Fut­ter­mit­tel ver­wen­de­te Soja ver­ant­wort­lich. Und damit auch für die Zer­stö­rung des Ama­zo­nas-Regen­walds und den Bra­si­lia­ni­schen Cer­ra­do. Dass dies auch Tön­nies erkannt hat, zeigt ihre Teil­nah­me der vom WWF durch­ge­führ­ten Pro­jekt­grup­pe.  

Was jetzt pas­siert 

Ohne Ein­wil­li­gung und Inkennt­nis­set­zen des WWF hat Tön­nies in der Pres­se­mitt­tei­lung zur Bekannt­ga­be der Jah­res­zah­len 2021 die Teil­nah­me in der Pro­jekt­grup­pe genutzt, um eine ver­meint­li­che Part­ner­schaft mit dem WWF zu ver­kün­den, um somit auf ihr schein­bar umfas­sen­des Nach­hal­tig­keits­en­ga­ge­ment zu ver­wei­sen. 

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Das ist so dreist wie durch­sich­tig. Denn bis­her hat sich Tön­nies noch nicht schrift­lich zu einer Teil­nah­me und den ambi­tio­nier­ten Ziel­set­zun­gen der Pro­jekt­grup­pe bekannt. Zusätz­lich wur­den die in der Grup­pe beschlos­se­nen Kom­mu­ni­ka­ti­ons­maß­nah­men wis­sent­lich umgan­gen. Wir haben uns daher dazu ent­schlos­sen Tön­nies aus der Pro­jekt­grup­pe aus­zu­schlie­ßen.   

Ja, wir beim WWF haben gemäß unse­rer Mis­si­on für die Umwelt ein Inter­es­se dar­an, dass auch die unnach­hal­tigs­ten Unter­neh­men bes­ser wer­den. Vor allem, wenn sie eine so gro­ße Markt­macht und damit Hebel für mehr Nach­hal­tig­keit haben. Trans­for­ma­to­ri­scher Ein­fluss lau­tet hier unser Man­tra. Aber nicht um jeden Preis.      

Was gar nicht geht

Wer „Pro­jekt mit dem WWF“ in sei­ner Kom­mu­ni­ka­ti­on um den Jah­res­be­richt pro­mi­nent plat­ziert, ohne nach­weis­lich posi­ti­ve Ände­run­gen in sei­nen Lie­fer­ket­ten her­bei­zu­füh­ren, nutzt die Öffent­lich­keits­wirk­sam­keit der Mar­ke WWF aus. Das klingt für uns nicht nach Zusam­men­ar­beit, son­dern nach Greenwashing.

Wenn es um Fleisch geht, geht es immer auch um Soja. Und anders­rum. © Peter Caton / WWF-UK und © David Beb­ber / WWF UK

Der WWF for­dert außer­dem schon lan­ge Zeit die Abkehr von unse­rer fleisch­las­ti­gen Ernäh­rung. Es ist unge­sund für uns Men­schen und unse­ren Pla­ne­ten. Die Fut­ter­mit­tel­pro­duk­ti­on für die Tie­re ist aber einer der Haupt­trei­ber der Abhol­zung in Bra­si­li­en. Wir arbei­ten an viel Fron­ten dar­an, dass sich etwas ändert, unter ande­rem mit unse­rem kuli­na­ri­schen Kom­pass für eine gesun­de Erde.

Wir wären sehr froh, wenn sich für die­se Zie­le auch fleisch­ver­ar­bei­ten­de Unter­neh­men wie Tön­nies oder Fut­ter­mit­tel­her­stel­ler grund­le­gend ver­än­dern wür­den. Was aber für uns gar nicht geht, dass die­se Unter­neh­men sich dann durch eine ver­meint­li­che Part­ner­schaft sau­be­rer dar­stel­len, als sie sind – obwohl unse­re Kom­mu­ni­ka­ti­ons­ver­ein­ba­rung mit den Unter­neh­men dies ver­bie­ten und unse­rer Stu­di­en das Gegen­teil zei­gen. 

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Der Große Ameisenbär war schon als Kind mein Lieblingstier. Der ist in der Savanne des brasilianischen Cerrados heimisch und durch die Ausweitung der dortigen Soja-Anbauflächen immer stärker gefährdet ist. Für seinen Schutz setze ich mich nun aktiv ein. Ich arbeite seit 2016 beim WWF und widme ich mich nun dem nachhaltigen Anbau von Soja, hab in meinem Kleingarten Soja zu wachsen und liebe Nussbraten als vegetarische Alternative zu Weihnachten. Ich arbeite weiterhin zu Labels und Zertifizierungen als auch zu anderen landwirtschaftlichen Rohstoffen wie Baumwolle.
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