Wal­ros­se: Zahn­ge­hen­de Rechtshänder

Hilf mit beim Zählen der Walrosse © naturepl.com / Tony Wu / WWF

Wozu Wal­ros­se ihre Stoß­zäh­ne brau­chen, war­um sie von Klip­pen fal­len, wie Wal­ross-Mamas kuscheln – und wie Ihr von Zuhau­se mit­hel­fen könnt, Wal­ros­se zu finden:
13 fas­zi­nie­ren­de Fak­ten über die schwe­ren Kolosse.

Sel­te­ner Besuch — Wal­ross auf Baltrum

Das Auf­se­hen war groß, als vor eini­gen Wochen eine Wal­ross-Dame im deut­schen Wat­ten­meer auf­tauch­te. Auf der Nord­see-Insel Balt­rum ruh­te sie sich eini­ge Stun­den aus, bevor sie in Rich­tung Nie­der­lan­de weiterzog.

Wal­ros­se leben auf ark­ti­schem Treib­eis rund um den Nordpol.
Zuletzt war vor über 20 Jah­ren eines in der süd­li­chen Nord­see gesich­tet wor­den. Es ist nicht unge­wöhn­lich, dass die Mee­res­säu­ger wei­te Stre­cken schwim­men. Immer wie­der ein­mal ver­ir­ren sich ein­zel­ne, aben­teu­er­lus­ti­ge Tie­re in den Süden. Doch die Kli­ma­kri­se könn­te zu mehr sol­cher Wan­der­be­we­gun­gen führt. Denn schmel­zen­des Eis drängt die Wal­ros­se in der Ark­tis zusammen.

Der auf den Zäh­nen geht

Wozu brau­chen Wal­ros­se ihre Stoß­zäh­ne? © IMAGO/Paul Sou­ders & Dani­ta Delimont

Auf­fäl­ligs­tes Merk­mal sind die lan­gen Stoß­zäh­ne, auch Hau­er genannt, die wie Ele­fan­ten­stoß­zäh­ne aus Elfen­bein bestehen. Sie wer­den um die 50 Zen­ti­me­ter, im Rekord­fall auch bis zu einem Meter lang.

Die Stoß­zäh­ne die­nen der Ver­tei­di­gung, als Eis­pi­ckel und zur Fort­be­we­gung: Wal­ros­se zie­hen sich dar­an vor­wärts. Ins­be­son­de­re, um vom Was­ser auf Eis oder Klip­pen zu gelan­gen. Ihr wis­sen­schaft­li­cher Name Odo­be­nus ros­ma­rus heißt denn auch soviel wie „Zahn­ge­hen­des See­pferd“. Vor allem aber zei­gen die Stoß­zäh­ne den Art­ge­nos­sen Alter, Geschlecht und sozia­len Sta­tus an.

Da bekommt selbst der Eis­bär Angst

Wal­ros­se sind rie­sig. Sie kön­nen bis zu drei­ein­halb Meter lang und 1,8 Ton­nen schwer wer­den. Eis­bä­ren und Orcas sind die ein­zi­gen natür­li­chen Fein­de der gro­ßen und schwe­ren Tie­re. Doch die sind alles ande­re als leich­te Beu­te und fügen ihren Fress­fein­den mit den Stoß­zäh­nen nicht sel­ten töd­li­che Ver­let­zun­gen zu.

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Wal­ros­se: Auch an Land erstaun­lich schnell

Ele­gan­te Schwim­mer © naturepl.com / Fran­co Ban­fi / WWF

Wal­ros­se gehö­ren zu den Rob­ben. Aber wäh­rend sich die ande­ren Arten an Land müh­sam mit ihren Vor­der­flos­sen vor­wärts zie­hen, kön­nen Wal­ros­se auf allen Vie­ren lau­fen. Auch wenn das etwas unge­lenk aus­sieht, wer­den sie dabei etwa so schnell wie wir Menschen.

Durchs Was­ser glei­ten die Kolos­se fast schon ele­gant und kön­nen per Rück­stoß mit ihren kräf­ti­gen Hin­ter­flos­sen bis zu 35 km/h errei­chen. Meis­tens schwim­men sie aber viel langsamer.

Für­sorg­li­che Mamas

Wal­ross-Müt­ter hal­ten und umar­men ihr Jun­ges mit den Vor­der­flos­sen ähn­lich wie wir Men­schen ein Baby. In der Regel wird je nur ein Kalb gebo­ren. Vor der Geburt ver­lässt die Kuh die Her­de und zieht ihr Jung­tier zunächst allei­ne auf. Mög­li­cher­wei­se damit das Klei­ne von den Gro­ßen nicht zer­quetscht wird. Oder weil der Geruch der Grup­pe eher Fress­fein­de anzieht.

Mut­ter­lie­be © Paul Nicklen/National Geo­gra­phic Stock / WWF-Canada

War­um Wal­ros­se von Klip­pen fallen

Ton­nen­schwe­re Wal­ros­se stür­zen hilf­los von einer Klip­pe in den Tod, über­schla­gen sich dabei an den schrof­fen Fel­sen: Die grau­sa­me Sze­ne stammt aus der Net­flix-Natur­do­ku „Unser Pla­net“, die in Zusam­men­ar­beit mit dem WWF ent­stan­den ist. Der Baye­ri­sche Rund­funk hat mich zum Grund für die scho­ckie­ren­den Bil­der interviewt:

Haupt­le­bens­raum der Wal­ros­se sind die Eis­schol­len des Pack­ei­ses. Hier schla­fen sie und ruhen sich zwi­schen ihren Tauch­gän­gen aus. Doch feh­len­des Eis treibt Zehn­tau­sen­de von ihnen auf einen schma­len Küs­ten­strei­fen im Nor­den Russ­lands. Immer mehr Tie­re kom­men nach und die hin­te­ren müs­sen auf eine Klip­pe aus­wei­chen, von der sie dann hinunterstürzen.

Helft uns, Wal­ros­se zu fin­den und zu zählen!

Im Gegen­satz zu den Eis­bä­ren sind Wal­ros­se noch gar nicht umfas­send erforscht. Wie stark sind sie wirk­lich von der Kli­ma­kri­se betrof­fen? Wie vie­le leben wo in der Ark­tis? Das wol­len wir durch die Aus­wer­tung tau­sen­der Satel­li­ten­bil­der her­aus­fin­den. Enor­me Daten­men­gen, die wir nicht allein bewäl­ti­gen kön­nen. Des­halb rufen wir die Öffent­lich­keit dazu auf, zu Wal­ross-Detek­ti­ven zu werden.

Hier könnt Ihr Euch als Grup­pe oder Ein­zel­per­son anmel­den und online hel­fen, Wal­ros­se zu orten: geohive.maxar.com/walrus
Da es eine Akti­on des bri­ti­schen WWF ist, ist die Sei­te auf Eng­lisch. Aber alles wird gut erklärt und Ihr bekommt zunächst ein klei­nes Trai­ning, bevor es rich­tig los­geht. Viel­leicht könnt Ihr Euch das nach die­sem Video noch bes­ser vorstellen:

Citi­zen Sci­ence hei­ßen Pro­jek­te, die Frei­wil­li­ge an wis­sen­schaft­li­chen Unter­su­chun­gen betei­li­gen, wie es inzwi­schen in vie­len Berei­chen des Arten­schut­zes geschieht.

Mit dem WWF-News­let­ter nichts mehr verpassen!

Doch Tief­tau­cher!

Wal­ros­se leben ger­ne in fla­chen Küs­ten­ge­wäs­sern, wo sie auf dem Grund nach Nah­rung suchen. Meist in höchs­tens 80 oder 90 Metern Tie­fe. Erst seit ein paar Jah­ren weiß man, dass sie auch mehr als 500 Meter tief tau­chen kön­nen.

Ange­passt an ein Leben im Eismeer

Ihre bis zu 15 Zen­ti­me­ter dicke Fett­schicht schützt die Ark­tis­be­woh­ner vor Käl­te. Wäh­rend des Tau­chens ver­lang­samt sich außer­dem die Herz­fre­quenz, um weni­ger zu frie­ren. Zusätz­li­che Blut­ge­fä­ße und ein Pro­te­in in ihren Mus­keln spei­chern Sau­er­stoff. Eine hal­be Stun­de kön­nen Wal­ros­se unter Was­ser blei­ben, bis sie wie­der auf­tau­chen müs­sen, um zu atmen.

Eis: Ort zum Ruhen und Schla­fen © Wild Won­ders of Euro­pe / Ole Joer­gen Liod­den / WWF

Das Wal­ross ist ein Feinschmecker…

Auch wenn Wal­ros­se manch­mal Fische und grö­ße­re Tie­re wie zum Bei­spiel ande­re Rob­ben jagen: Ihre Leib­spei­se sind Muscheln und Schne­cken, die sie mit den Vor­der­flos­sen kna­cken und mit den Lip­pen aus­sau­gen. Bis zu 6000 Muscheln in einer ein­zi­gen Mahlzeit!

… und Rechtshänder

Um die Muscheln im Sand zu fin­den, wüh­len Wal­ros­se den Mee­res­grund auf. In den aller­meis­ten Fäl­len nut­zen sie dazu die rech­te Flos­se, nur äußerst sel­ten die lin­ke. Manch­mal prus­ten sie auch einen star­ken Was­ser­strahl auf den Sand. Fast wie bei einem Hochdruckreiniger.

Wal­ros­se trin­ken nicht

Wie ande­re Rob­ben bezieht ein Wal­ross sei­ne Flüs­sig­keit allein aus der Nah­rung. Es ist des­halb beson­ders schlimm, wenn die Tie­re län­ger nichts zu fres­sen finden.

(Lärm-) emp­find­li­che Wesen

Wal­ros­se leben in Her­den © Lin Pepper

Wal­ros­se könn­ten in nähe­rer Zukunft aus­ster­ben. Sie gel­ten laut Roter Lis­te der Welt­na­tur­schutz­or­ga­ni­sa­ti­on IUCN als gefähr­det.

Schon im 19. Jahr­hun­dert hat der Mensch sie ein­mal fast aus­ge­rot­tet: Die Mee­res­säu­ger wur­den für ihr Fleisch und Fett, ihre Stoß­zäh­ne, Kno­chen, Haut und Flos­sen stark bejagt. Letz­te­re gal­ten als Deli­ka­tes­se. Heu­te ste­hen Wal­ros­se unter Natur­schutz. Nur indi­ge­ne Völ­ker, denen sie als wich­ti­ge Nah­rungs­quel­le die­nen, dür­fen sie noch jagen.

Doch abge­se­hen von Kli­ma­kri­se und Erd­er­hit­zung fan­gen wir Men­schen ihnen den Fisch weg, ver­schmut­zen ihr Was­ser und bedro­hen sie mit unse­ren Schif­fen, Bohr­in­seln und auch Flug­zeu­gen. Denn Wal­ros­se sind emp­find­lich.
Suchen sie durch feh­len­des Eis Ruhe­plät­ze auf dem Fest­land, kön­nen nied­rig flie­gen­de Flug­zeu­ge sie so erschre­cken, dass Her­den auf der Flucht ins Was­ser enorm vie­le Jung­tie­re erdrü­cken. Unter­was­ser­lärm stört ihre Brunft­ru­fe und Kom­mu­ni­ka­ti­on und trennt so Müt­ter von Käl­bern. Die bedroh­ten Rie­sen brau­chen drin­gend gro­ße, gute Schutz­ge­bie­te. Und sie brau­chen ihr Eis.

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Ich bin Artenschutz-Expertin und seit 2002 beim WWF. Bären sind meine Leidenschaft. Beim WWF setze ich mich u.a. für den Schutz der Eisbären im Arktis-Programm ein. Bevor ich zum WWF kam studierte ich Schwarzbär-Ökologie an der Virginia Tech University.

Kommentare (1)

  • Hi! Vielen Dank für Ihren Artikel! Gibt es abgesehen davon Walross-DetektivIn zu werden noch weitere Möglichkeiten den Schutz der Walrosse zu unterstützen? Vieel Grüße!

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