Wale, unse­re Ver­bün­de­ten im Klimaschutz


Wale schwimmen vor Kaliforniern
Das Meer und seine Bewohner spielten bisher eine viel zu kleine Rolle in der Klimapolitik © Environmental Justice Foundation

Aus den Gefil­den nahe den Azo­ren kom­mend, schwimmt ein Blau­wal in Rich­tung der kal­ten pola­ren Gewäs­ser. Wenn er sich auf die­ser Rei­se erleich­tert, hin­ter­lässt er rie­si­ge Wol­ken aus Kot und Urin. Der bis zu 200 Ton­nen schwe­re Gigant ist des­halb nicht nur ein wah­rer Kos­mo­po­lit, son­dern auch ein gebo­re­ner Klimaschützer.

Was Wale ins Was­ser pum­pen nutzt unzäh­li­gen Meereslebewesen

Im letz­ten Jahr­zehnt unter­such­ten Wissenschaftler:innen ver­mehrt die Rol­le von gro­ßen Walen für das Kli­ma und die Lebens­räu­me unse­rer Mee­re. Durch ihre Nah­rungs­su­che in tie­fen Gewäs­sern brin­gen Wale Nähr­stof­fe an die Mee­res­ober­flä­che, wenn sie zum Atmen auf­tau­chen. Ihre Fäka­li­en dün­gen regel­recht die Mee­res­ober­flä­che und lie­fern die Nähr­stof­fe, die Phy­to­plank­ton zum Wach­sen braucht. Die­se Kleinst­le­be­we­sen bil­den die Nah­rungs­grund­la­ge für unzäh­li­ge Mee­res­le­be­we­sen. Und mehr Phy­to­plank­ton kann auch mehr Koh­len­stoff aus der Atmo­sphä­re bin­den. Die Wis­sen­schaft nennt das die ‚Wal-Pum­pe‘. Ein ähn­li­cher Effekt gilt für die Wan­de­run­gen der gro­ßen Wale, auf denen sie Nähr­stof­fe in nähr­stoff­är­me­re Regio­nen brin­gen – das famo­se ‚Wal-För­der­band‘.

Dies ist nur ein klei­ner Teil des­sen, wie der Oze­an mit sei­nen bun­ten Lebens­for­men zu einem sta­bi­len glo­ba­len Kli­ma bei­trägt. Das Phy­to­plank­ton ist die trei­ben­de Kraft in einem Pro­zess, der soge­nann­ten bio­lo­gi­schen Koh­len­stoff­pum­pe, der im gesam­ten Oze­an stattfindet.

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Orga­nis­men wie das Phy­to­plank­ton fixie­ren Koh­len­stoff aus der Atmo­sphä­re und über­füh­ren ihn ins Inne­re des Oze­ans. So ent­zieht der Pro­zess Koh­len­stoff aus der Atmo­sphä­re – für min­des­tens meh­re­re tau­send Jah­re. Glo­bal gese­hen ent­hält unser Oze­an etwa das 49-fache der Koh­len­stoff­men­ge, die sich in der Atmo­sphä­re befin­det. Doch schon klei­ne Ver­än­de­run­gen in die­sen Pro­zes­sen könn­ten die Fähig­keit des Oze­ans, Koh­len­stoff auf­zu­neh­men, erheb­lich beein­flus­sen – und somit das glo­ba­le Klima.

Das Meer wur­de in der Kli­ma­po­li­tik vernachlässigt

In der inter­na­tio­na­len Kli­ma­po­li­tik spie­len mari­ne Lebens­räu­me und Lebe­we­sen bis­lang eine Neben­rol­le. Auf inter­na­tio­na­ler Ebe­ne ist Deutsch­land zwar eini­gen Koali­tio­nen mit stol­zer Brust bei­getre­ten, dar­un­ter die High Ambi­ti­on Coali­ti­on oder die Glo­bal Oce­an Alli­ance. Das Ver­spre­chen: wirk­sa­mer Schutz von min­des­tens 30 Pro­zent der Welt­mee­re bis 2030. Deutsch­land und die EU als Gan­zes schüt­zen aber nicht ein­mal ihre eige­nen Gewäs­ser aus­rei­chend, sodass Maß­nah­men nicht zur Gene­sung wich­ti­ger Öko­sys­te­me führ­ten – das zeig­te kürz­lich ein Bericht des Euro­päi­schen Rech­nungs­ho­fes.

Das blaue Herz

Ange­sichts der ver­gan­ge­nen Fehl­schlä­ge müs­sen wir erken­nen, dass wir nicht nur die wun­der­ba­re natür­li­che Welt der Mee­re schüt­zen, wie wir sie aus abend­li­chen TV-Dokus ken­nen: Wir schüt­zen uns selbst. Der Oze­an ist das blaue Herz unse­res Pla­ne­ten und sein größ­tes Öko­sys­tem. Als größ­te akti­ve Koh­len­stoff­sen­ke der Welt ist er die größ­te natur­ba­sier­te Lösung für den Kli­ma­schutz und sei­ne Lebens­räu­me bie­ten uns wich­ti­ge Anpas­sungs­mög­lich­kei­ten. Wir ver­dan­ken dem Oze­an jeden zwei­ten Atem­zug und kön­nen ohne ihn schlicht nicht leben.

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Eben­so wenig kön­nen wir ihn ohne den Schutz des Kli­mas in sei­nen wich­ti­gen Funk­tio­nen erhal­ten. Die Staa­ten­ge­mein­schaft muss sei­nen Schutz stär­ker in die Kli­ma­po­li­tik auf­neh­men. Wir brau­chen unter ande­rem ein star­kes Instru­ment zum Schutz von Mee­res­ge­bie­ten jen­seits natio­na­ler Rechts­zu­stän­dig­keit. Außer­dem müs­sen Mee­res­schutz und ‑poli­tik die Rech­te loka­ler Gemein­schaf­ten ach­ten und ein­be­zie­hen – zu oft sind sie noch blind für Fra­gen der Gerech­tig­keit. Die Gesund­heit des Oze­ans ist eng mit gerech­te­ren Gesell­schaf­ten ver­knüpft, ins­be­son­de­re für Küs­ten­ge­mein­den. Der­zeit sind mehr als drei Mil­li­ar­den Men­schen für ihren Lebens­un­ter­halt auf die bio­lo­gi­sche Viel­falt der Mee­re und Küs­ten ange­wie­sen. Rund 680 Mil­lio­nen von ihnen leben in nied­rig gele­ge­nen Küstengebieten.

Der Mensch ist überall

Die gro­ßen Wale wur­den im Zuge des indus­tri­el­len Wal­fangs an den Rand der Aus­rot­tung gejagt. Forscher:innen schät­zen, dass ihre Bestän­de um bis zu 90 Pro­zent san­ken. Bohr­ten sich frü­her Har­pu­nen in die Fett­schich­ten der Wale, ste­hen sie heu­te neu­en Gefah­ren gegen­über: Kol­li­sio­nen mit Schif­fen, Plas­tik­müll und Lärm­ver­schmut­zung, Geis­ter­net­ze oder die Fol­gen des Kli­ma­wan­dels, zum Bei­spiel knap­pe­re Nahrungsvorkommen.

Wal kackt ins Meer
Was der Wal ins Meer pumpt… © Peter Schneider

Nahe­zu der gesam­te Oze­an, mehr als 97 Pro­zent, ist von vom Men­schen ver­ur­sach­ten Stress­fak­to­ren betrof­fen. Es ist unser Han­deln, das die Gesund­heit der Mee­re und sei­ner Bewoh­ner bedroht: unse­re Abhän­gig­keit von fos­si­len Brenn­stof­fen, unser Plas­tik, unse­re Lie­fer­ket­ten. Im Jahr 2019 stran­de­te ein jun­ger Cuvier-Schna­bel­wal an der phil­ip­pi­ni­schen Küs­te. Er trug 40 Kilo­gramm Plas­tik in sich und verhungerte.

Ver­bün­den wir uns!

Wale sind nicht die Lösung in unse­rer Kli­ma­kri­se. Der in Wal­po­pu­la­tio­nen gespei­cher­te Koh­len­stoff ist nur ein klei­ner Teil des gesam­ten Koh­len­stoffs in mari­nen Öko­sys­te­men. Ihr Bei­trag zu den glo­ba­len Flüs­sen von Koh­len­stoff und Nähr­stof­fen ist aus glo­ba­ler Sicht ver­hält­nis­mä­ßig klein. Doch sie zäh­len wohl zu den char­man­tes­ten Ver­bün­de­ten, die wir haben. Sie zei­gen wie die Sta­bi­li­tät des Oze­ans vom Zusam­men­spiel sei­ner Lebe­we­sen abhängt und dass wir Men­schen sie stö­ren.

Der Oze­an in sei­ner Gren­zen­lo­sig­keit gehört allen Lebe­we­sen – schüt­zen wir ihn, so schüt­zen wir uns. Die Wale machen es uns vor. Die dies­jäh­ri­ge Kli­ma- und die Bio­di­ver­si­täts­kon­fe­renz sind die wich­tigs­ten Tref­fen seit Gene­ra­tio­nen. Und eine Chan­ce für wal­haf­ti­ge Veränderungen.

 

Hei­ke Ves­per: Wenn wir die Mee­re ret­ten, ret­ten wir die Welt; Rowohlt Ver­lag 2021, 256 Sei­ten, 16 €

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1 Kommentar

  1. 15. August 2021
    Antworten

    Lie­be Alle,
    mei­ne Toch­ter ist 9 Jah­re alt und hat auf Grund Ihrer Schul­lei­sun­gen die Mög­lich­keit ein Sti­pen­di­um für ein Pro­jekt durch die Schu­le (FSAS in Ber­lin) zu erhal­ten. Sie möch­te seit Ihrem 6. Lebens­jahr den Walen hel­fen und unbe­irrt Mee­res­bio­lo­gin werden.
    Wir, bzw. sie (May­ra) fand Ihren Bei­trag sehr interressant.
    Haben Sie ein Pro­jekt, was außer aus Spen­den aber finan­zi­ell unter­stützt und beglei­tet wer­den kann. Was in der Schu­le als Bei­trag ein­flie­ßen kann. Wir suchen jetzt schon seit 2 Mona­ten aber über­all sind nur Spen­den gefragt, was wir ver­ste­hen aber nicht im Pro­jekt mög­lich ist.
    Für Fra­gen ste­hen wir, bzw. ich als Mama Ansprech­part­ner zur Verfügung .
    Mit freund­li­chen Grüßen
    Ste­fa­nie Kuwatsch

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