Wald­le­gen­den: Von Trol­len, Hexen und Gestaltwandlern


Hexen, Drachen Wälder: Baba Jaga in Erfurt
Die Hexe Baba Jaga ist eine der bekanntesten nordischen Sagengestalten. © imago images / Karina Hessland

Kraft­voll, ver­wun­schen, mys­tisch – Wäl­der haben auf uns eine magi­sche Anzie­hungs­kraft. Die über­wie­gen­de Zeit unse­rer Ent­wick­lungs­ge­schich­te leb­ten wir Men­schen im und vom Wald. Vie­le nor­di­sche, urtüm­li­che Mär­chen und Mythen aus Borea­len Wäl­dern geben noch heu­te davon Zeugnis.

Bäu­me ver­kör­pern Kraft und Frucht­bar­keit, bie­ten Schutz. Aus ihrem Holz las­sen sich Hüt­ten bau­en. Und wenn die Äste und Zwei­ge eines Bau­mes bren­nen, spen­det das Feu­er Wär­me. In den nor­di­schen Mär­chen und Mythen spie­gelt sich aber auch die Angst der Men­schen vor den Wäl­dern wider. Sie sind fins­ter und undurch­dring­lich. Dort stößt man auf wil­de Tie­re, Räu­ber, Hexen und Wesen aus der Ander­welt, die einem in der Regel nicht freund­lich gesinnt sind. Die­se Mischung aus Fas­zi­na­ti­on und Gefähr­lich­keit der nörd­li­chen Wäl­der wirkt noch heute.

Wald im Nebel
Die Ander­welt des Nor­dens: Ursprung zahl­rei­cher Mythen und Legen­den, die noch heu­te fas­zi­nie­ren. © Roksa­na Bas­hy­ro­va / iStock / Get­ty Images

Magi­sche Waldwesen

Fich­ten, Tan­nen, Kie­fern, Lär­chen, sel­ten auch Bir­ken und Espen erstreck­ten sich frü­her – und manch­mal auch noch heu­te – über rie­si­ge Gebie­te der nörd­li­chen Waldgebiete.

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In den Win­tern ist es bit­ter­kalt, in den Som­mern kann es dage­gen sehr heiß wer­den. End­los erschei­nen dem Wan­de­rer die Nadel­wäl­der. Ein Baum gleicht dem ande­ren, so dass sich dem Auge kaum Ori­en­tie­rung bietet.

In der nor­di­schen Mytho­lo­gie ist der Wald ein Ort, den Men­schen mei­den soll­ten. Zum Bei­spiel der Järns­ko­gen oder Eisen­wald, ein dunk­ler Urwald, der Angst und Schre­cken ver­brei­tet. Vie­le furcht­erre­gen­de Wesen sind in die­sem Wald auf­ge­wach­sen, wie der Wolf Hati und die Rie­sin Angrbo­da. Die Rie­sen aus den Sagen haben in den berühm­ten skan­di­na­vi­schen Troll­mär­chen über­lebt. Trol­le sind üble Wesen, die Men­schen schlim­me Din­ge antun kön­nen. Der mäch­tigs­te ist ein Wald­troll (skog­troll). Sei­ne Haa­re bestehen aus Moo­sen und Flech­ten, eine Fich­te dient ihm als Stock und den Mond nutzt er als Auge. „Man stell­te sie sich als dümm­li­che Rie­sen vor, manch­mal auch als Winz­lin­ge, die sich nie­mals dem Son­nen­licht aus­set­zen dür­fen, weil sie sonst ver­stei­nern“, erklärt Sabi­ne Wien­ker-Pie­pho, Lehr­be­auf­trag­te am Insti­tut für Kunst- und Kul­tur­wis­sen­schaf­ten der Uni­ver­si­tät Jena.

Waldtroll
Die mäch­ti­gen Wald­trol­le (skog­troll) aus Mär­chen wie den Askel­ad­den zäh­len zu den übels­ten Wesen der nor­di­schen Mytho­lo­gie. © ima­go images / Pic­tures­Now / UIG

Askel­ad­den isst mit einem Troll um die Wette

Daher wird in vie­len Mär­chen aus­führ­lich erzählt, wie es klu­gen Men­schen gelingt, die dum­men Rie­sen zu über­lis­ten. So auch in dem nor­we­gi­schen Mär­chen von Askel­ad­den, der mit einem Troll um die Wet­te aß. In der Kurz­ver­si­on lau­tet es fol­gen­der­ma­ßen: Ein alter und schon recht schwäch­li­cher Bau­er schick­te nach­ein­an­der sei­ne fau­len Söh­ne in den Wald, um Holz zu schla­gen. Als der ältes­te Sohn gera­de sei­ne Axt an eine Tan­ne leg­te, trat ihm ein rie­si­ger Troll ent­ge­gen. „Wenn du in mei­nen Wald Holz schlägst, so töte ich dich“, sag­te der Troll. Ent­setzt floh der Bur­sche nach Hau­se. Der zwei­te Sohn ver­such­te auch sein Glück, nahm aber eben­falls schnell vor dem wüten­den Troll Reiß­aus. Der jüngs­te Sohn dage­gen füll­te, bevor er in den Wald auf­brach, einen Sack mit Lebens­mit­teln. Als der Troll ihn bedroh­te, nahm er einen Käse aus sei­nem Sack und press­te ihn so fest, dass der Saft her­aus­spritz­te. „Wenn du nicht dein Maul hältst, wer­de ich dich drü­cken, wie ich das Was­ser hier aus die­sem Stein drü­cke“, sag­te er zu dem Troll. Der war von des­sen Kraft sehr beein­druckt und half Askel­ad­den sogar bei der Arbeit.

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Spä­ter lud ihn der Troll zum Essen in sei­ne Höh­le ein. Dort band sich der lis­ti­ge Sohn heim­lich den Sack um den Bauch, in den er einen Teil des Essens hin­ein­schüt­te­te. Als der Sack voll war, schnitt er sich mit sei­nem Taschen­mes­ser ein Loch hin­ein. Nach einer Wei­le war der Troll satt und woll­te nichts mehr essen. Askel­ad­den aber for­der­te ihn auf, sich eben­falls ein Loch in den Bauch zu schnei­den. Das tue gar nicht weh und er kön­ne dann wei­ter essen. Der Troll stach sich tat­säch­lich in den Bauch und fiel bald tot um. Askel­ad­den aber hol­te sich alles Gold und Sil­ber aus der Troll­höh­le und brach­te es nach Hau­se zu sei­nem Vater.

Archai­sche Elemente

In den Geschich­ten aus den nörd­li­chen Wäl­dern gibt es noch wil­de und archai­sche Ele­men­te, die in den zen­tral­eu­ro­päi­schen Mär­chen ver­lo­ren­ge­gan­gen sind. In den Mär­chen der Inu­it schei­nen ani­mis­ti­sche Vor­stel­lun­gen noch auf. Hier sind die Nadel­wäl­der bevöl­kert von lau­ni­schen viel­köp­fi­gen Wesen, die einst an der Ent­ste­hung der Welt betei­ligt waren. „Die meis­ten der geheim­nis­vol­len Wald­be­woh­ner sind zoo­morph”, erklärt die Volks­kund­le­rin Sabi­ne Wien­ker-Pie­pho. “Sie sehen ein biss­chen aus wie Wöl­fe, Moschus­och­sen oder Bären und kön­nen sich auch in ande­re Wesen ver­wan­deln“. Wesen aus der jen­sei­ti­gen Welt, die teil­wei­se auf scha­ma­nis­ti­sche Vor­stel­lun­gen zurück­ge­hen, leben auch in der dünn­be­sie­del­ten Taiga.

Baba Jaga, die Erdgöttin

Auch die berühm­te Baba Jaga der sla­wi­schen Völ­ker erin­nert in vie­len Tei­len an die alte Erd­göt­tin der Stein­zeit. Baba Jaga ist uralt und kann gleich­zei­tig Gut und Böse sein. Ihr Wald­haus steht auf einem Hüh­ner­bein mit drei Zehen. Wenn sie fliegt, sitzt sie in einem Mör­ser, den sie mit einem Stö­ßel aus Bir­ken­stamm steu­ert. Aus der Begeg­nung mit ihr gehen die Men­schen ver­wan­delt her­vor, sie haben danach ihre wah­re Bestim­mung gefun­den. Das pas­siert auch der schö­nen Was­si­lis­sa, die von ihren bösen Stief­schwes­tern in den Wald geschickt wird, um Feu­er zu holen. Bevor sie jedoch das Feu­er erhält, trägt ihr die Hexe sehr schwe­re Arbeit auf, die eigent­lich von Men­schen kaum zu schaf­fen ist.

Hexe, Wald, Erdgeist: Baba Jaga
Böse Hexen wie bei Hän­sel und Gre­tel gibt es auch in den nor­di­schen Erzäh­lun­gen. Eine der berühm­tes­ten ist die Hexe Baba Jaga. © sharp­ner / iStock / Get­ty Images

Gott­sei­dank besitzt Was­si­lis­sa eine magi­sche Pup­pe, die für sie putzt, kocht, die Wäsche wäscht und schlech­te Kör­ner aus dem Getrei­de klaubt. Ver­är­gert gibt ihr Baba Jaga schließ­lich einen leuch­ten­den Toten­schä­del, den das Mäd­chen nach Hau­se trägt. Dort war­ten Stief­mut­ter- und schwes­tern schon sehn­süch­tig auf Licht, denn ihr eige­nes Feu­er war immer wie­der aus­ge­gan­gen. Die glü­hen­den Augen des Schä­dels ver­fol­gen sie jedoch, wohin sie auch gehen. Die Strah­len des Schä­dels sind so stark, dass Mut­ter und Schwes­tern zu Asche ver­bren­nen. Am Ende der Geschich­te hei­ra­tet Was­si­lis­sa den jun­gen Zaren, der von ihrer Anmut und Schön­heit begeis­tert ist.

Der spre­chen­de Baum

Trotz aller Urtüm­lich­keit ent­hal­ten auch nor­di­sche Mär­chen die bekann­ten typi­schen Mär­chen­mo­ti­ve. Wie zum Bei­spiel Fabel­we­sen, lan­ge Wan­der­schaf­ten auf der Suche nach einem Gegen­stand oder einer Per­son, den Gegen­satz zwi­schen Armut und Reich­tum oder Hel­fer, die dem oder der Hel­din zur Sei­te stehen.

Drachen Hexen, Wald: Ragnar Lodbroc
Rag­nar Lod­broc, Wikin­ger und König in Däne­mark aus dem frü­hen 9. Jahr­hun­dert, schützt sich mit einem Bären­fell vor den Blut­gif­ten eines Dra­chen. Illus­tra­ti­on von 1853 von Hen­ri Emy, © ima­go images / KHARBINE-TAPABOR

Eini­ge die­ser Ele­men­te fin­den sich in dem fin­ni­schen Mär­chen vom spre­chen­den Baum. Die Geschich­te geht so: Es war ein­mal ein Jäger, der sich im Wald ver­irrt hat­te. Er traf auf einen gro­ßen Dra­chen und bekam fürch­ter­li­che Angst. Der Dra­che beru­hig­te ihn aber und bat ihn, einen ande­ren Dra­chen, der ihn selbst ver­folg­te, mit sei­nem Pfeil zu erschie­ßen. Er müs­se auf den wei­ßen Fleck auf der Brust schie­ßen. Das tat der Jäger, das Tier fiel tot um und der ers­te Dra­che fraß sei­nen Ver­fol­ger auf. Dann sag­te der Dra­che zu dem Mann: „Lass mich dir in den Mund bla­sen“. Wie­der wur­de es dem Jäger angst und ban­ge, aber der Dra­che ver­sprach ihm, dass er durch dadurch sehr klug wer­den wür­de. Schließ­lich ließ sich der Jäger dar­auf ein und er wur­de wirk­lich schlau. So schlau, dass er mit sei­nen Brü­dern in den Wald zog, um eine gol­de­ne Scha­le zu fin­den. Zunächst such­ten sie ver­geb­lich und die Brü­der wur­den schon unwirsch. Da sprach ein gro­ßer Baum: „Hier unter mei­nen Wur­zeln liegt die gol­de­ne Scha­le“. Sie gru­ben die Scha­le aus und als sie den Deckel öff­ne­ten, fan­den sie vie­le Gold­stü­cke. Spä­ter fäll­ten die Brü­der den Baum. Der Baum sprach aber: „Nehmt mich als Tür­pfos­ten“. Als sie das taten, ver­mehr­ten sich Pfer­de und Kühe auf ihrem Hof und sie hat­ten immer genug Brot. Das Mär­chen erzählt also auch von den uner­schöpf­li­chen Res­sour­cen des Wal­des. Und davon, wie sich Men­schen dar­auf verlassen.

Das Mär­chen erzählt also auch von den uner­schöpf­lich wir­ken­den Res­sour­cen des nor­di­schen Wal­des. Und davon, wie sich Men­schen dar­auf ver­las­sen. Auch heu­te noch. Wir nut­zen borea­le Wäl­der als Roh­stoff­quel­le, wis­sen aber auch, welch immensen öko­lo­gi­schen Wert sie besitzen.

MEIN WELT­WALD-Maga­zin 03: Borea­le Wäl­der https://wwf.de/aktuell/weltwald/mein-weltwald

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