Mehr Wald geht durch Coro­na verloren


Wald und Corona: Entwaldung im Luftbild
Es wird viel mehr abgeholzt © Staffan Widstrand / WWF

UPDATE

Die glo­ba­len Zah­len der Wald­ver­lus­te wur­den im Mai 2020 von der Uni­ver­si­ty of Mary­land anhand von vor­läu­fi­gen Alert-Daten zur Ver­fü­gung gestellt. Inzwi­schen hat die Uni­ver­si­tät die Daten auf­grund der Daten­un­si­cher­heit wie­der zurückgezogen.

 

Coro­na macht uns Angst, die Pan­de­mie bedroht das Leben von vie­len Men­schen. Dar­über hin­aus hat sie hat aber auch ver­hee­ren­de Aus­wir­kun­gen auf den Natur­schutz: Pro­jek­te lie­gen brach und die Wil­de­rei nimmt zu. Und wie unse­re aktu­el­le Stu­die jetzt auch zeigt: Die Ent­wal­dung nimmt im Shut­down 2020 enorm zu — fast überall.

Wald­ver­lust via Satel­li­ten­da­ten verfolgen

Wir haben uns die Satel­li­ten­da­ten von 18 Län­dern in Afri­ka, Asi­en und Süd­ame­ri­ka ange­schaut. Dabei haben wir die Wald­be­de­ckung im März 2020 mit den Wer­ten der Jah­re 2017 bis 2019 ver­gli­chen. Bekom­men haben wir die Bil­der von der Daten­bank Glo­bal Land Ana­ly­sis and Dis­co­very (GLAD) der Uni­ver­si­ty of Mary­land. Über Satel­li­ten­bil­der von Land­sat wird die Baum­kro­nen­be­de­ckung wöchent­lich und in einer etwa 30 mal 30 Meter gro­ßen Auf­lö­sung ermittelt.

Es wird deut­lich mehr Wald abgeholzt

Unse­re Befun­de sind ein­deu­tig: 645.000 Hekt­ar Tro­pen­wald wur­den im März 2020 zer­stört. Das ist mehr als die sie­ben­fa­che Flä­che von Ber­lin. Die Ent­wal­dung ist um 150 Pro­zent höher als der März-Durch­schnitt der Jah­re 2017 bis 2019. Fast immer sind die Ver­lus­te mensch­ge­macht, da selbst Feu­er fast immer auf mensch­li­ches Han­deln zurück­zu­füh­ren sind.

Fünf der sechs unter­such­ten Län­der (Demo­kra­ti­sche Repu­blik Kon­go, Kame­run, Kenia, Tan­sa­nia, Zen­tral­afri­ka­ni­sche Repu­blik) ver­lo­ren im März 2020 im Ver­gleich zu den März-Wer­ten von 2017 bis 2019 am meis­ten Wald. In die­sen fünf Län­dern lie­gen die Ver­lus­te 2020 über allen seit 2017 ermit­tel­ten Monats­wer­ten.

Wald Corona Grafik Asien

Noch schlim­mer ist es in Asi­en. In Indo­ne­si­en, Kam­bo­dscha, Myan­mar, Malay­sia und Thai­land ist der Wald­ver­lust im März 2020 deut­lich höher als in den Jah­ren 2018 und 2019. Sofern Daten vor­han­den sind (Indo­ne­si­en, Malay­sia), gilt dies auch für das Jahr 2017. Im Ver­gleich zum Durch­schnitt der drei März-Mona­te 2017–2019 stieg der Wald­ver­lust im März 2020 in Malay­sia um fast 70 Pro­zent an. In Indo­ne­si­en und Myan­mar sind es 130 Pro­zent, in Kam­bo­dscha 190 Pro­zent. Mehr als ver­vier­facht haben sich die Ver­lus­te in Thai­land. In Chi­na hin­ge­gen lag der Wert zwi­schen dem sehr hohen Wert von 2018 und dem rela­tiv nied­ri­gen Wert im Jahr 2019.

 

Wald Corona Grafik Südamerika

Gro­ße Wald­ver­lus­te in Südamerika

In Süd­ame­ri­ka sind die Ver­lus­te mit einem Plus von rund 167 Pro­zent am höchs­ten. In Bra­si­li­en lag die Wald­zer­stö­rung mit 70.000 Hekt­ar im März 2019 bereits auf einem hohen Niveau. Im März 2020 ist sie noch­mals deut­lich ange­stie­gen (+55 Pro­zent). Eine beson­ders star­ke Ver­än­de­rung beob­ach­ten wir in Argen­ti­ni­en. Dort stieg der Ver­lust von März 2019 zu März 2020 um 322 Pro­zent, vor allem beim Savan­nen­wald der Cha­co-Regi­on.

Ver­lust staat­li­cher Kon­trol­le durch Corona?

Die­se zuneh­men­den Ver­lus­te sind kein Zufall. Nach Ein­schät­zung unse­rer WWF-Kol­le­gen vor Ort ist der Wald durch die poli­ti­schen Maß­nah­men gegen die Epi­de­mie noch stär­ker bedroht als zuvor. Die staat­li­che Kon­trol­le ist min­des­tens teil­wei­se stark ein­ge­schränkt. Der­zeit sind weni­ger Poli­zei, Ran­ger und ande­re staat­li­che Kon­trol­leu­re im Wald unter­wegs. Auch vie­le Natur­schüt­zer sit­zen im Home­of­fice fest. Vor allem die Gebie­te der indi­ge­nen Bevöl­ke­rung sind bedroht. Schutz­ge­bie­te wer­den nicht respek­tiert. Ille­ga­le Abhol­zung und Land­raub wie etwa für Gold­mi­nen sind für Täter gera­de jetzt ein­fach viel leichter.

Ursa­che Armut

Dazu kommt, dass das Armuts­ri­si­ko durch Coro­na deut­lich ansteigt. In Tan­sa­nia ist zum Bei­spiel der lega­le Holz­han­del durch den Shut­down zum Erlie­gen gekom­men. Vie­le Gemein­den sind in gro­ßen finan­zi­el­len Schwie­rig­kei­ten. Das Risi­ko für Wald­ver­lust und Ver­lust der Qua­li­tät des Wal­des steigt dadurch natür­lich. In Süd­ost­asi­en sind zudem die Ein­kom­men durch Tou­ris­mus weg­ge­bro­chen. Die Märk­te für Wald­pro­duk­te wie Honig, Nüs­se oder Bee­ren sind geschlos­sen. Vie­le Men­schen sind in der Kri­se aus den Städ­ten in ihre Hei­mat­dör­fer zurück­ge­kehrt und nut­zen jetzt den Wald zuneh­mend als Holz- und Ein­kom­mens­res­sour­ce. Ein­fach gesagt: In der Not brau­chen die Men­schen kurz­fris­tig Mit­tel. Und grei­fen beim Wald zu.

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Um die Wäl­der welt­weit zu erhal­ten, for­dern wir deshalb:

Die Poli­tik in Deutsch­land muss sich für Sofort­maß­nah­men zu einem raschen Ent­wal­dungs­stopp einsetzen.

  1. Der ille­ga­le Holz­han­del nimmt welt­weit Platz 3 der orga­ni­sier­ten Kri­mi­na­li­tät ein und muss bes­ser bekämpft wer­den. Alle Holz­pro­duk­te müs­sen in Euro­pa aus lega­len Quel­len kom­men. Die Kon­trol­len müs­sen deut­lich ver­bes­sert, die Stra­fen bei Ver­stö­ßen dras­tisch erhöht werden.
  2. Die öffent­li­che Beschaf­fung muss ent­wal­dungs­frei, umwelt­ge­rech­te Beschaf­fung Pflicht sein.
  3. Kon­junk­tur­hil­fen, deren Aus­wir­kun­gen die Umwelt gefähr­den, müs­sen aus­ge­schlos­sen sein.
  4. Ein Sechs­tel unse­rer Lebens­mit­tel­im­por­te trägt direk­te Ent­wal­dung auf unse­re Märk­te und Tel­ler. Deutsch­land muss in der EU star­ke Geset­ze zur Ent­wal­dungs­frei­heit befür­wor­ten und die­se kon­se­quent umset­zen. Damit wür­de die EU Ver­ant­wor­tung für den glo­ba­len Wald­er­halt über­neh­men und somit zum euro­päi­schen „Green Deal“ bei­tra­gen, der bis 2050 ein kli­ma­neu­tra­les Euro­pa schaf­fen soll.
  5. Die Ent­wal­dung muss gestoppt und Wäl­der müs­sen neu auf­ge­baut wer­den. Durch den Stopp der Ent­wal­dung wird die Gefahr wei­te­rer schlim­mer Pan­de­mien deut­lich reduziert.
Coro­na-Not­spen­de: Hil­fe­ru­fe aus der gan­zen Welt

 

Coro­na hat welt­weit schon zu so viel Leid und zu ent­setz­li­chen Ver­lus­ten geführt. Wir müs­sen uns alle dafür ein­set­zen, dass die Wäl­der, die wir für unse­re Gesund­heit, für das Kli­ma und die Viel­falt auf unse­rem Pla­ne­ten brau­chen, jetzt nicht noch stär­ker abge­holzt wer­den. Der wei­te­re Ver­lust von Wald führt uns in eine noch schlim­me­re Katastrophe.

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4 Kommentare

  1. Karin Döring-Krause
    21. Mai 2020
    Antworten

    Bei allem soll­te wesent­lich deut­li­cher her­vor­ge­ho­ben wer­den, daß den Tie­ren in der Erde, auf der Erde, in der Luft ihr Lebens­raum für immer genom­men wird. Und es soll­te eben­falls dar­auf hin­ge­wie­sen wer­den, daß JEDER mit allen Natur­ma­te­ria­li­en respekt­voll, acht­sam, wert­erhal­tend umge­hen soll­te. Es ist die­ser ver­ant­wor­tungs­lo­se Kon­sum­zwang der eben­falls viel Unheil anrich­tet. Letzt­end­lich ist die größ­te Pan­de­mie der Mensch, der Un-Mensch

  2. Janne Luna
    21. Mai 2020
    Antworten

    Der Fre­vel an der Natur, wie er in Ama­zo­ni­en getrie­ben wird, und dazu die Gleich­gül­tig­keit der bra­si­lia­ni­schen Regie­rung, bricht mir das Herz. Wer
    den Urwald, a flo­res­ta ama­zó­ni­ca, erlebt hat, der ver­steht mei­ne Reaktion.
    Bol­so­n­a­ro, der die Schän­dung der Natur tole­riert, ja sogar vor­an­treibt, muß
    von der Welt­ge­mein­schaft unmiß­ver­ständ­lich und unter Auf­er­le­gung einer
    Frist auf­ge­for­dert wer­den, den Raub­bau in Ama­zo­ni­en und die damit verbun-
    dene Ver­drän­gung der dort ansä­ßi­gen Indio­stäm­me mit sofor­ti­ger Wirkung
    zu ver­bie­ten. Die­ser Mensch, der vor der Schöp­fung nicht den gerings­ten Re-
    spekt hat, muß in die Enge getrie­ben werden.

  3. Rulf Steinmetz
    2. Juni 2020
    Antworten

    Dan­ke für die­sen Bei­trag. Ich kann aus eige­ner Rei­se­er­fah­rung (1989/2014/2016/2018/2020) in Indo­ne­si­en bestä­ti­gen, dass die dor­ti­gen Ver­hält­nis­se in Bezug auf Abhol­zung mei­ne schlimms­ten Erwar­tun­gen weit über­trof­fen haben. Wald­brän­de, ille­gal log­ging, Koh­le­ta­ge­bau, Gold­ta­ge­bau konn­te in vie­len Regio­nen (Java, Borneo/ Sulawesi/ West Papua/Nusa Ten­ga­ra) beob­ach­tet wer­den. Gepaart mit kor­rup­ten Beam­ten und einer mafiö­sen Wald­ma­nage­ment­struk­tur ist dem Abhol­zen Tür und Tor geöff­net. Neue Flä­chen für Palm­öl wer­den rück­sichts­los auch inner­halb von offi­zi­el­len Schutz­ge­bie­ten und Natio­nal­parks abge­holzt. Feh­len­de Kon­trol­len sowie die abso­lu­te Armut treibt die Men­schen zu die­ser Zer­stö­rung, ver­die­nen tun dar­an die wenigs­ten. Nach­hal­tig­keit ist meis­tens ein Fremd­wort, aber es wer­den immer mehr Ein­hei­mi­sche aktiv und ver­net­zen sich zu Grup­pen, um Infor­ma­tio­nen und Erfah­run­gen aus­zu­tau­schen. Lei­der ist ein finanz­star­ker Kon­zern mit bewaff­ne­ter Secu­ri­ty immer bes­ser auf­ge­stellt, um sein schmut­zi­ges Hand­werk zu betreiben.

  4. Ulrich Engelke
    8. Juni 2020
    Antworten

    Sehr geehr­te Frau Winter,

    hin­sicht­lich Kli­ma ist nicht nur die CO2-Emis­si­on aus der Ent­wal­dung (und der sons­ti­gen Ver­ödung) bedeut­sam, son­dern auch die Ver­rin­ge­rung der Ver­duns­tung, die als “Eva­po-Tran­spi­ra­ti­on” vom IPCC in der Wär­me­bi­lanz der Erde auf­ge­führt wird. Mei­ne nume­ri­sche Abschät­zung hat erge­ben, dass umge­kehrt zu den gän­gi­gen Mei­nun­gen (soge­nann­te Was­ser­dampf­ver­stär­kung), eine sin­ken­de Luft­feuch­tig­keit (bspw. durch Ent­wal­dung etc.) die Atmo­sphä­re aufheizt.

    Dazu habe ich etwas (auch nume­risch) aus­ge­ar­bei­tet. Bei Inter­es­se bit­te ich um die Zusen­dung einer Mail-Adresse.

    Mit freund­li­chem Gruß
    Ulrich Engel­ke, Dipl.-Ing. Umwelttechnik

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