Tie­re: Über­le­ben im Winter

Siebenschläfer schläft © imago / Leemage / Horizon / Novack

Win­ter bedeu­tet für Tie­re Schnee, Nah­rungs­man­gel, kur­ze Tage, kal­te Näch­te. Um das zu über­le­ben braucht es Stra­te­gien von Fell bis Fett und Frostschutzmittel. 

Alle Tie­re haben ein ähn­li­ches Pro­blem: Sie brau­chen mehr Ener­gie gegen die Käl­te – und sie fin­den aber weni­ger ener­gie­rei­ches Fut­ter. Um die­sem Dilem­ma zu ent­ge­hen braucht es Stra­te­gien. Wir stel­len hier eini­ge vor.

Ab in Haus

Wir Men­schen machen es uns im war­men Haus gemüt­lich, wenn es irgend­wie geht. Insek­ten machen es so ähn­lich. Man sieht sie nicht momen­tan, aber sie sind da: Die aller­meis­ten ver­fal­len in eine Käl­te­star­re und über­ste­hen so den Win­ter. Sie ver­ste­cken sich im Holz, in Laub­hau­fen, Mäu­se­lö­chern oder suchen gezielt klei­ne Rit­zen in unse­ren Häu­sern. Ein­zeln oder auch in Mas­sen wie etwa der Asia­ti­sche Mari­en­kä­fer in unse­ren Fens­ter­rah­men. Bis es wie­der wär­mer wird.

Asia­ti­sche Mari­en­kä­fer auf der Suche nach einem Win­ter­quar­tier © Ian_Redding / iStock / Get­ty Images

Bei den Wes­pen ster­ben im Herbst alle Tie­re. Mit Aus­nah­me der jun­gen Köni­gin­nen, die im Früh­ling wie­der einen neu­en Staat gründen.

Die Lar­ven der Wild­bie­nen über­win­tern in der Erde oder in Tot­holz in hoh­len Pflan­zen­stän­geln. Des­halb bit­te im Gar­ten abge­stor­be­ne Blu­men etc ger­ne ste­hen las­sen, die Wild­bie­nen freu­en sich! 

Tür zu!

Wenn man schon ein Haus hat macht man es auch win­ter­fest. Wie die Wein­berg­schne­cken. Auf den Ein­gang zum Schne­cken­haus kommt ein Kalk­ver­schluss, das soge­nann­te Epi­phrag­ma. Tür zu, Stoff­wech­sel auf ein Mini­mum her­un­ter, und auf die wär­men­de Früh­lings­son­ne warten.

Ener­gie­spa­ren auf allen Wegen

Bei ihren Wan­de­run­gen neh­men Tie­re bei Schnee ger­ne auch die leich­te­re Rou­te. Also auf Wald­we­gen oder an Stra­ßen ent­lang. Das ist zwar gefähr­li­cher, aber eben ein­fa­cher, als durch den tie­fen Schnee zu stap­fen. Neben­ef­fekt für den Natur­freun­de: Die Chan­ce im Wald Tie­re zu sehen ist im Win­ter höher als in den wär­me­ren Jahreszeiten.

ABONNIERE UNSEREN NEWSLETTER

Kuscheln hilft

Das schöns­te am Win­ter: Kuscheln. Das fin­den nicht nur Men­schen, für vie­le Tie­re ist das Über­le­bens­stra­te­gie. Wild­schwei­ne rot­ten sich eng zusam­men, ger­ne in einem gepols­ter­ten Kes­sel aus tro­cke­nem Gras oder Reisig.

Auch man­che Vögel bil­den Schlaf­ge­mein­schaf­ten gegen die Käl­te. Vor allem klei­ne Vögel wie Gar­ten­baum­läu­fer, Zaun­kö­ni­ge und Win­ter­gold­hähn­chen rücken zusam­men, um sich gegen­sei­tig zu wär­men. Nur fair: Regel­mä­ßig wer­den die Plät­ze in der war­men Mit­te getauscht. Das ist bit­ter not­wen­dig, aber nicht aus­rei­chend: In einer ein­zi­gen Win­ter­nacht kann ein klei­ner Vogel bis zu zehn Pro­zent sei­nes Kör­per­ge­wichts ver­lie­ren kann. Vögel brau­chen daher drin­gend ener­gie­rei­ches Futter.

Zit­tern für die Königin

Auch Bie­nen nut­zen die Kuschel-Stra­te­gie: Im Win­ter rücken die Bie­nen ganz eng zusam­men. Sie bil­den mit ihren Kör­pern eine Art Kugel, die soge­nann­te Win­ter­trau­be. Am äuße­ren Rand erzeu­gen die Bie­nen Wär­me durch Vibrie­ren. Vor­bild­li­ches Team­work: Die Bie­nen außen wer­den immer wie­der von den auf­ge­wärm­ten Bie­nen abge­löst. In der Mit­te sitzt die Köni­gin bei lau­schi­gen 25 Grad in der Wärme.

Bie­nen kön­nen sogar aktiv hei­zen: Fällt die Tem­pe­ra­tur im Bie­nen­stock unter 10 Grad Cel­si­us, zit­tern sie solan­ge mit den Flü­geln, bis die Tem­pe­ra­tur wie­der steigt. Das ist wich­tig, weil sonst der ener­gie­spen­den­de Honig für die Ener­gie zu hart wird. Die Bie­nen kön­nen ihren Stock so kurz­zei­tig auf bis zu 30 Grad Innen­tem­pe­ra­tur aufheizen!

Bit­te nicht wecken!

Nicht wecken! © iStock / get­ty images

Tie­re wie Igel, Fle­der­maus oder Sie­ben­schlä­fer machen Win­ter­schlaf. Dafür suchen sie sich ein Unter­schlupf wie eine Höh­le, ein Bau oder ein Haus. Die Kör­per­tem­pe­ra­tur sinkt, die Atmung ver­lang­samt sich, damit der Köper mög­lichst wenig Ener­gie benö­tigt. Igel atmen zum Bei­spiel statt 50 Mal pro Minu­te nur noch ein bis zwei­mal. Das Herz schlägt statt 200 gera­de noch fünf Mal pro Minu­te. So ver­brin­gen die Tie­re teil­wei­se Mona­te, ohne zu fres­sen oder zu trinken.

Wich­tig: Die Tie­re dür­fen aber auf kei­nen Fall gestört wer­den – das kann töd­lich sein. Auf­wa­chen kos­tet näm­lich ein Men­ge Ener­gie. Und die ist knapp.

Schla­fen nur, wenn es nötig ist © Pix­a­bay / hbie­ser / CC0

Ruhet sanft — oder halt auch nicht

Säu­ge­tie­re wie Bär, Dachs oder Eich­hörn­chen machen kei­nen Win­ter­schlaf. Sie hal­ten Win­ter­ru­he. Das heißt: Sie schla­fen nur zur käl­tes­ten Zeit. Atmung und Kör­per­tem­pe­ra­tur sin­ken dabei nicht so stark wie beim Win­ter­schlaf. Und wenn es ein eher war­mer Win­ter ist, ruhen die Tie­re manch­mal über­haupt nicht.

Flie­gen oder bleiben?

Wenn ich ein Vög­lein wäre und auch zwei Flü­gel hätt‘, flö­ge ich wahr­schein­lich im Win­ter auch ins War­me. Schwal­ben, Kra­ni­che oder Nach­ti­gal­len, Mil­lio­nen Zug­vö­gel sind zwei­mal pro Jahr auf dem Weg in ihr Som­mer- oder Win­ter­quar­tier. Und für sehr, sehr vie­le ist es ein Zug ohne Wie­der­kehr. Immer noch wer­den Mil­lio­nen von ihnen gefan­gen und geges­sen. Viel­leicht ist doch bes­ser hier­zu­blei­ben: Arten wie Sta­re, Feld­ler­chen und Mönchs­gras­mü­cken blei­ben im Win­ter zuneh­mend bei uns. Die wär­mer wer­den­den Win­ter bie­ten ihnen offen­sicht­lich höhe­re Über­le­bens­chan­cen als der ener­gie­rau­ben­de und gefähr­li­che Flug.

Haa­re wach­sen lassen

Käl­te­pro­fis wie Eis­bä­ren und Pin­gui­ne über­ste­hen bis zu minus 70 Grad, weil sie qua­si Ther­moun­ter­wä­sche haben. Also ihren zen­ti­me­ter­di­cken Speck­man­tel und ein per­fekt abge­stimm­tes Fell und Gefie­der. Auch fast alle ein­hei­mi­schen Säu­ge­tie­re wie Rehe, Hir­sche oder Wöl­fe, schwö­ren im Win­ter auf ein wär­me­res Fell. Unter­wol­le und Deck­haa­re bil­den einen dich­ten, wär­men­den Pelz. Dem Luchs nützt das zusätz­li­che Fell auch, weil damit er grö­ße­re Pfo­ten hat. So kann er sich wie auf Schnee­schu­hen bes­ser fort­be­we­gen — und ein­fa­cher jagen.

Fol­ge uns in Social Media

Ganz in weiß

Warm blei­ben ist nicht alles, auch im Win­ter schla­fen Fress­fein­de nicht. Eini­ge Tie­re wech­seln daher auf die Win­ter­tarn­far­be weiß. Der alpi­ne Schnee­ha­se hat im Som­mer ein brau­nes Fell, im Win­ter jedoch ein wei­ßes. Das­sel­be gilt für die Federn des Alpen­schnee­huhns. Auch das Reh färbt sich um, wenn auch nicht auf weiß, son­dern vom typi­schen Rot­braun zum unschein­ba­ren Graubraun.

Frost­schutz­mit­tel

Hart dank Frost­schutz: Zitro­nen­fal­ter im Win­ter © ima­go / blick­win­kel / G.Stahlbauer

Es gibt in der Natur zahl­rei­che Tie­re, die sich an extre­me Käl­te ange­passt haben. Schutz bie­ten ihnen bio­lo­gi­sche Frost­schutz­mit­tel. Wie zum Bei­spiel der erstaun­lich win­ter­har­te Zitro­nen­fal­ter. Zu Beginn der kal­ten Tage lässt er prak­tisch alles Was­ser ab, das er nicht braucht. Die wirk­lich abso­lut not­wen­di­gen Kör­per­flüs­sig­kei­ten wer­den durch ein­ge­la­ger­ten Zucker­al­ko­hol Gly­ze­rin geschützt. So kann der Schmet­ter­ling Tem­pe­ra­tu­ren von bis zu minus 20 Grad Cel­si­us über­ste­hen. Das ist aber noch gar nichts im Ver­gleich zum Ark­ti­schen Lauf­kä­fer. Der macht sein eige­nes Frost­schutz­mit­tel aus Fett — und ist damit sogar bis zu sagen­haf­ten ‑75° Cel­si­us vor Frost­schä­den geschützt.

Ein­frie­ren und auftauen

Die­ser Wald­frosch ver­bringt wah­re Wun­der © ima­go images / AlphaBaby

Eini­ge Arten kön­nen selbst ein Gefrie­ren pro­blem­los über­le­ben. Wie etwa der nord­ame­ri­ka­ni­sche Wald­frosch, der aus gutem Grund auch Eis­frosch heißt. Bei har­scher Käl­te gefriert ein Teil sei­ner Kör­per­flüs­sig­keit und er wird hart wie Stein. Atem, Herz­schlag und Hirn­tä­tig­keit set­zen voll­stän­dig aus. Der Trick: extrem hohe Glu­ko­se-Ein­la­ge­rung beschützt die Zel­len. Es sind leben­de Tote, bis die Früh­lings­son­ne sie wie­der davon hüp­fen lässt.

Fische: über­le­ben ganz unten

Fische kön­nen das nicht. Wird das Was­ser, in dem sie leben, zu Eis zer­schnei­den die Eis­kris­tal­le gna­den­los ihre Zell­mem­bra­nen. Das war es dann. Zum Glück frie­ren aber nur fla­che Tüm­pel unter einem Meter Tie­fe bis zum Boden zu. Bei unse­ren Seen ist Eis­schicht hin­ge­gen höchs­tens eini­ge Dezi­me­ter dick. Dar­un­ter steigt die Tem­pe­ra­tur Rich­tung Boden, bis sie vier Grad Cel­si­us erreicht. Hier kön­nen Fische, Schne­cken, Muscheln und Insek­ten­lar­ven über­le­ben. Wenn auch nur im Ener­gie­spar­mo­dus. Fische bewe­gen sich kaum und atmen nur sehr sel­ten. Denn Sau­er­stoff und Nähr­stof­fe sind knapp, bei lan­ge anhal­ten­den Käl­te­pe­ri­oden mit­un­ter lebens­be­droh­lich gering.

Eiser­ne Jaku­ten­pfer­de: die Ernäh­rung macht‘s

Hart dank rich­ti­ger Ernäh­rung: Jaku­ten­pfer­de © Imago/Nature Pic­tu­re Library/Vladimir Medvedev

Jaku­ten­pfer­de über­le­ben in einer der rau­es­ten Kli­ma­zo­nen. Trotz Tem­pe­ra­tu­ren von minus 70 Grad wer­den sie in Nord­si­bi­ri­en im Frei­en gehal­ten. Sie haben sich durch ein extrem dich­tes und bis zu acht Zen­ti­me­ter lan­ges Win­ter­fell ange­passt. Und einen opti­mal abge­stimm­ten Stoff­wech­sel: Im Herbst sam­meln sie gro­ße Fett­re­ser­ven an, im Win­ter wird der Stoff­wech­sel deut­lich redu­ziert. Eine Stu­die der Uni­ver­si­tät Sibi­ri­en zeigt, dass das von ganz bestimm­ten Fut­ter­pflan­zen abhängt. Die rich­ti­ge Mischung aus Tre­s­pen und Hafer sind dem­nach ent­schei­dend für die ein­zig­ar­ti­ge Win­ter­här­te der Jakutenpferde.

Krie­gen Enten kei­ne kal­ten Füße?

Doch, krie­gen sie. Aber es scha­det ihnen nicht. Der Trick: Die Käl­te gelangt nicht in ihren Rumpf und zu den käl­te­emp­find­li­chen Orga­nen, denn Enten und ande­re Vögel haben in ihren Bei­nen ein­ge­bau­te Wär­me­tau­scher. Das geht so: War­mes Blut fließt durch die Arte­ri­en in die Bei­ne. Das kal­te Blut aus den Füs­sen fließt in par­al­lel ver­floch­ten mit den Arte­ri­en ver­floch­te­nen Venen zurück Rich­tung Herz. Durch die­sen Wär­me­aus­tausch wird das zurück­strö­men­de venö­se Blut wie­der erwärmt. Damit kann die Blut­tem­pe­ra­tur bei Enten von rund 40 Grad im Kör­per bis auf 1 Grad in den Füs­sen sinken!

Fol­ge uns in Social Media:
Journalist und jetzt Redakteur beim Panda - weil unverändert überzeugt, dass wir Menschen es besser hinkriegen können. Noch immer optimistisch mit guten Vorsätzen.

Kommentare (1)

  • Faszinierende Überlebensstrategien der Tiere im Winter! Es ist augenöffnend, etwas über die gemeinsamen Schlafgewohnheiten der Vögel und ihren Bedarf an energiereicher Nahrung zu erfahren. Die Widerstandsfähigkeit der Natur ist immer wieder verblüffend

Auch interessant
[Sassy_Social_Share]