So geht Zukunft: Wild­wei­den und Bio-Kantinen

Ohne Zäune: Landwirtschaft der Zukunft © Knepp-Wildland

Vor vie­len hun­dert Jah­ren durch­streif­te eine Megaf­au­na aus Hir­schen, Elchen, Wild­pfer­den, Wöl­fen, Wild­schwei­nen und vie­len wei­te­ren Arten Gras­land, Wäl­der und Hei­de im Süden Eng­lands. Nach Jahr­zehn­ten inten­si­ver Land­wirt­schaft darf ein Stück der alten Wild­heit nun zurück­keh­ren. Das lohnt sich – auch für die Lebensmittelproduktion!

Alte Wild­heit als neue Methode

Im Jahr 2000 ent­schloss sich Land­wirt Char­lie Bur­rell zu einem radi­ka­len Schritt, der sei­ne Nach­barn nicht gera­de in Begeis­te­rung ver­setz­te: Er ver­kauf­te sei­ne Milch­kü­he, sei­ne Trak­to­ren und Maschi­nen, riss alle Zäu­ne ab und ließ die Fel­der brach liegen.

So geht Zukunft

Wie wer­den wir leben? Woher kommt unser Essen, unse­re Ener­gie, unse­re Klei­dung? Wie bewe­gen wir uns fort und wie kann das alles umwelt­ver­träg­lich gesche­hen? Wir haben uns mit dem Insti­tut für öko­lo­gi­sche Wirt­schafts­for­schung (IÖW) auf die Suche nach Vor­bil­dern für ein zukunfts­fä­hi­ges, sozi­al-öko­lo­gi­sches Wirt­schaf­ten gemacht. Und dabei erstaun­li­che Ansät­ze gefun­den. So geht Zukunft. Wir stel­len eini­ge der Ansät­ze in locke­rer Serie vor. Hier: Ernäh­rung & Landwirtschaft

Seit Anfang des zwei­ten Welt­krie­ges war das Knepp Anwe­sen in West Sus­sex etwa 80 Kilo­me­ter süd­lich von Lon­don kon­ven­tio­nell bewirt­schaf­tet wor­den. Doch die Böden der Regi­on sind schlecht, der Acker­bau schwer und unrentabel.

Land­wirt­schaft mit Zukunft

150 Hir­sche setz­te Char­lie Bur­rell aus, säh­te ein­hei­mi­sche Grä­ser und Wild­blu­men und statt der Wei­den zäun­te er sei­ne Gebäu­de ein. Hof­er­be Bur­rel woll­te nicht mehr gegen die Natur arbei­ten, son­dern mit ihr. Wie­der­ver­wil­de­rung von Wei­de­flä­chen. Das hat­te er in Hol­land gese­hen und das woll­te er hier auch.

Bewei­dung auf wie­der­ver­wil­der­ten Flä­chen © Knepp-Wild­land

Dam­wild, Rot­wild, Lang­horn­rin­der, Exmoor-Ponys und Tam­worth-Schwei­ne: Wild­tie­re und wider­stands­fä­hi­ge alte Nutz­tier­ras­sen ahmen heu­te die ehe­ma­li­ge Megaf­au­na nach. Das natür­li­che Weide‑, Wühl- und Tram­pel­ver­hal­ten der Tie­re und die Ver­brei­tung von Samen und Nährstoffen durch ihren Mist erschafft neu­es, wil­des Leben. Ein selbst-regu­lie­ren­des Ökosystem.

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Es lohnt sich für Natur und Lebensmittelproduktion

Sel­te­ne Vogel­ar­ten keh­ren zurück, Pil­ze und Orchi­deen wei­sen auf gesun­de­te Böden und die Was­ser­qua­li­tät hat sich ver­bes­sert. „Plötzlich lie­fen wir knie­tief durch Horn­klee, Kuckucks-Licht­nel­ken, Flo­cken­blu­men und Grä­ser und wir­bel­ten Schwärme von Schmet­ter­lin­gen, Heu­schre­cken und Bie­nen auf. Das Land schien erleich­tert auf­zu­at­men“ Char­lie Bur­rell ver­gleicht die neue Wild­heit gar mit der Serengeti.

Bur­rells Betrieb pro­du­ziert jährlich 75 Ton­nen Bio-Wei­de­fleisch und ist pro­fi­ta­bler als zuvor. Die Bewirt­schaf­tung der Fläche beschränkt sich auf die Kon­trol­le von Tier­ge­sund­heit und Herdengröße. Kos­ten für Füt­te­rung und rou­ti­ne­mä­ßi­ge Medi­ka­men­te fal­len weg, die Gewinn­mar­gen sind hoch.

Best Prac­ti­ce: Ernäh­rung der Zukunft

Die wil­den Wei­den in West Sus­sex zei­gen, wie die kos­ten­güns­ti­ge Pro­duk­ti­on von Bio-Wei­de­fleisch mit der Ein­rich­tung von Natur­schutz­flä­chen ein­her­ge­hen kann. Es ist ein Leucht­turm­pro­jekt des Natur­schut­zes in Groß­bri­tan­ni­en und Euro­pa. Und eines der Bei­spie­le, wie sozia­le­res und öko­lo­gi­sche­res Wirt­schaf­ten gelingt. Ein wei­te­res Bei­spiel führt in die Groß­kü­chen Skan­di­na­vi­ens.

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Bio in die Kantine

Bio-Essen über die Kan­ti­nen groß machen © Kondor83 iStock/GettyImages

Bes­ser essen in Kin­der­gar­ten, Schu­le und Kran­ken­haus: Inner­halb weni­ger Jah­re hat Kopen­ha­gen es geschafft, einen Groß­teil sei­ner kom­mu­na­len Küchen auf bio­lo­gi­sche Ver­pfle­gung umzu­stel­len. Zu den glei­chen Kos­ten! Das geht, wenn man weni­ger tie­ri­sche Pro­duk­te ver­wen­det, sai­so­na­les Gemü­se frisch zube­rei­tet und Essens­res­te wiederverwertet.

Was ein­fach klingt, bedurf­te eini­ger Vor­be­rei­tung. Menü­plä­ne und Küchen­ab­läu­fe muss­ten umge­stellt, das Per­so­nal geschult wer­den. Teil­wei­se gehört heu­te außer­dem zum Lehr­plan, dass Schüler:innen ihre nach­hal­ti­gen Mit­tags­mahl­zei­ten unter Anlei­tung selbst zubereiten.

Is(s)t auch gesün­der: Das Kopen­ha­ge­ner Modell

Däni­sche Stu­di­en zei­gen, dass sich die Nährstoff-Zusammensetzung der Mahl­zei­ten in den öffentlichen Küchen ver­bes­sert hat. Das ist auf höhe­re Antei­le von Hül­sen­früch­ten, Obst und Gemüse sowie redu­zier­te Men­gen an Fleisch und Fleisch­pro­duk­ten zurück­zu­füh­ren. Öko­lo­gisch zahlt das Kopen­ha­ge­ner Modell auf Däne­marks Ziel ein, die bio­lo­gi­sche Land­wirt­schaft vor­an­zu­trei­ben und die Nach­fra­ge nach umwelt­ver­träg­lich pro­du­zier­ten Lebens­mit­teln stark zu steigern.

Unter dem Namen „Kan­ti­ne Zukunft Ber­lin“ wird das Kon­zept seit 2020 in Ber­lin erprobt. Man muss die Zukunft also gar nicht immer neu erfin­den, son­dern kann jetzt schon vie­ler­orts abgucken.

Mehr bemer­kens­wer­te Pro­jek­te nach­hal­ti­ge­rer und sozia­le­rer Wirt­schaft und Produktion

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und Im Studium der Biologie und Neurophysiologie und im Aufbaustudium Umweltschutztechnik suchte ich Antworten auf die Fragen „Wieso, weshalb, warum?“ und „Was kann ich tun?“. So ist das immer noch. Warum fliegt ein Vogel, wie taucht ein Fisch, was erzählt die Vegetation über die Landschaftsgeschichte und warum fällt es dem Menschen so schwer, sich anzupassen und positiv zu ändern? Reicht es, technisch effizienter zu arbeiten oder sind wir schlicht auf einem falschen Pfad? Welche Wege wären besser? Was ist zu tun, um unsere Lebensräume und unsere Mitwelt zu erhalten und was ist „nachhaltiges Wirtschaften“ und „Gutes Leben für alle“? All diesen Fragen gehe ich auf den Grund und entwickle mit Kolleg:innen und Partner:innen aus Wissenschaft, Zivilgesellschaft und Unternehmen Transformationspfade und suche nach guten Beispielen für eine Zukunft in positiver Resonanz mit Mitwelt und Mitmenschen. Erfahrungen gesammelt habe ich in einem eigenen Start-Up, in der Naturschutz-Verwaltung, mit der EU in Lettland direkt nach der politischen Öffnung und als WWF-Leiter Meere&Küsten, als Direktor des globalen WWF Fischereiprogrammes und jetzt als Leiter Innovation, Sciences &Technologies.

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