Scho­ko­la­de und Umwelt: die dunk­le Seite

Ohne Artenvielfalt kein Kakao - und keine Schokolade © Luis Barreto / WWF-UK

Etwa 8,6 Kilo Scho­ko­la­de essen wir Deut­schen durch­schnitt­lich im Jahr. Nur die Schwei­zer naschen noch mehr. Wir lie­ben sie eben – zu jeder Jah­res- und Tages­zeit, als Weih­nachts­mann oder Oster­ha­se, als küh­les Eis oder heiß und flüssig.

Was wir im Super­markt vor dem Regal vor den gefühlt tau­sen­den ver­schie­de­nen Sor­ten leicht ver­ges­sen kön­nen: Scho­ko­la­de ist ein Luxus­gut. Und Scho­ko­la­de ist ein ech­tes Pro­blem für die Umwelt:  Die Pro­duk­ti­on unse­res liebs­ten Nasch­werks ver­braucht gro­ße Men­gen an Was­ser und Flächen.

Der Kakao­baum

Bis zur fer­ti­gen Scho­ko­la­de ist es ein lan­ger Weg. Um das bes­ser nach­zu­voll­zie­hen, fängt man am bes­ten ganz von vor­ne an. Bei der Pflan­ze, ohne die es nicht geht – beim Kakaobaum.

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Der Groß­teil des Kakaos wird von Kleinbäuer:innen ange­baut. Und die brau­chen Geduld: Erst nach etwa vier Jah­ren trägt der Kakao­baum ers­te Blü­ten. Die­se müs­sen bestäubt wer­den, damit der Baum spä­ter Früch­te trägt – sind aber so schmal, dass die meis­ten bestäu­ben­den Insek­ten gar nicht an sie her­an­kom­men. Des­we­gen haben wir unse­re Scho­ko­la­de nicht etwa Bie­nen oder Wes­pen zu ver­dan­ken. Klit­ze­klei­ne Mücken der Fami­li­en Cera­to­po­go­ni­dae und Ceci­do­my­iidae sind die ein­zi­gen bekann­ten Bestäu­ber. Sie ermög­li­chen es dem Kakao­baum Früch­te zu pro­du­zie­ren – und da soll noch­mal jemand sagen, Mücken sei­en nutz­los! Zusätz­lich müs­sen vie­le Bäuer:innen jedoch auch selbst noch Hand anle­gen und die Pflan­zen bestäu­ben, da die Bestäu­bung der Mücken meist nicht ausreicht.

Wenn all das funk­tio­niert hat und end­lich Scho­ten am Kakao­baum gewach­sen sind, kön­nen die Früch­te geern­tet und ihre Samen fer­men­tiert, getrock­net, gerös­tet und gemah­len werden.

Was­ser Marsch – eine durs­ti­ge Pflanze

Für eine Tafel Scho­ko­la­de benö­tigt man in der Her­stel­lung etwa 90 auf die­se Wei­se gewon­ne­ne Kakao­boh­nen. Doch das ist lei­der nicht alles. Denn damit die Samen erst­mal wach­sen, wer­den gro­ße Men­gen an Was­ser benö­tigt. Scho­ko­la­de gehört zu den Pro­duk­ten mit dem größ­ten Was­ser-Fuß­ab­druck überhaupt.

Braucht viel, viel Was­ser: der Kakao­baum © Jef­frey A. Say­er / WWF

Der Kakao­baum ist näm­lich eine sehr anspruchs­vol­le Pflan­ze. Er wächst nur in sehr weni­gen, äqua­tor­na­hen Län­dern und wird vor allem in der Elfen­bein­küs­te, aber auch in Gha­na oder Indo­ne­si­en ange­baut. Die Tem­pe­ra­tur soll­te nicht unter 16 Grad fal­len und der Boden nähr­stoff­reich sein. Idea­ler­wei­se wird der Kakao­baum des­we­gen gemein­sam mit ande­ren Pflan­zen ange­baut, im Schat­ten von Bana­nen­stau­den oder Pal­men. In so einem natur­na­hen Agro­forst­sys­tem, also der per­fek­ten Mischung aus Land­wirt­schaft und Dschun­gel, pro­fi­tie­ren die Pflan­zen gegen­sei­tig von­ein­an­der.

Tat­säch­lich wach­sen jedoch vie­le Kakao­pflan­zen in der pral­len Son­ne — und benö­ti­gen daher inten­si­ve Bewäs­se­rung. Für die Her­stel­lung von 100 Gramm Scho­ko­la­de braucht man durch­schnitt­lich 1700 Liter Was­ser. Elf Bade­wan­nen vol­ler Was­ser. Damit macht der Was­ser-Fuß­ab­druck des Kakaos allein 16 Pro­zent des gesam­ten Was­ser-Fuß­ab­drucks von nach Deutsch­land impor­tier­ten Land­wirt­schafts­pro­duk­ten aus. Für die Anbau­län­der des Kakaos ein gro­ßes Problem.

Flä­chen­ver­brauch und CO2-Pro­duk­ti­on

Neben dem hohen Was­ser­ver­brauch benö­tigt der Kakao­an­bau gro­ße land­wirt­schaft­li­che Flä­chen. Für Kakao, Kaf­fee und Tee für den deut­schen Markt wer­den welt­weit über eine Mil­li­on Hekt­ar Flä­che benö­tigt, Ten­denz stei­gend. Damit ist der Anbau von Kakao (gemein­sam mit dem von ande­ren Lebens­mit­teln wie Soja, Kaf­fee oder Palm­öl) einer der Haupt­trei­ber von Ent­wal­dung. Denn nicht sel­ten muss (Ur)wald für die land­wirt­schaft­li­che Nut­zung wei­chen. Wäl­der wer­den gero­det und in Plan­ta­gen umge­wan­delt, was wie­der­um eine rie­si­ge Bedro­hung für die bio­lo­gi­sche Viel­falt dar­stellt. Bei­spiels­wei­se in der Elfen­bein­küs­te wur­den in eini­gen Regio­nen 90 Pro­zent der Wäl­der abge­holzt und durch Kakao­plan­ta­gen ersetzt.

Außer­dem ent­ste­hen ent­lang der gesam­ten Wert­schöp­fungs­ket­te der Scho­ko­la­de, vom Kakao­sa­men in der Erde bis zur Voll­milch-Tafel im Super­markt, Treib­haus­gas­emis­sio­nen: durch die land­wirt­schaft­li­che Pro­duk­ti­on, die Ver­ar­bei­tung der Boh­nen, die Ver­pa­ckung und Lage­rung, den Trans­port und den Han­del. Allein für die Her­stel­lung der rei­nen Kakao­mas­se wer­den pro Kilo 2,8 kg COpro­du­ziert. Zum Ver­gleich: Bei Kar­tof­feln sind es bei­spiels­wei­se nur 0,5 kg CO2 und auch bei Kaf­fee nur 0,6 kg CO2.

Der Kli­ma­wan­del: Das Ende der Schokolade?

Und schließ­lich gibt es da ja noch ein ande­res ent­schei­den­des The­ma: die Erd­er­hit­zung. Seit Jah­ren war­nen Forscher:innen bereits, dass die Pro­duk­ti­on von Kakao in Zukunft ein­bre­chen könn­te. Der Kli­ma­wan­del macht land­wirt­schaft­li­che Flä­chen teil­wei­se unbrauch­bar. Kli­ma­ex­tre­me wie Dür­ren, Stark­re­gen und Über­flu­tun­gen ver­nich­ten Ern­ten. Neue Pflan­zen­krank­hei­ten tre­ten auf. Zudem scha­det der glo­ba­le Tem­pe­ra­tur­an­stieg dem Gleich­ge­wicht der emp­find­li­chen Kakao­pflan­ze. Bereits 2015 kam es zu gro­ßen Ein­brü­chen der Kakao­pro­duk­ti­on. Das For­schungs­zen­trum Inter­na­tio­nal Cen­ter for Tro­pi­cal Agri­cul­tu­re (CIAT) pro­gnos­ti­ziert bereits, dass die­se Aus­fäl­le zuneh­men wer­den. Die Wissenschaftler:innen berech­ne­ten, dass 90 Pro­zent der Anbau­flä­chen in Gha­na und der Elfen­bein­küs­te – zwei der Haupt­pro­du­zen­ten von Kakao – 2050 nicht mehr für den Kakao­an­bau geeig­net sein werden.

Rich­ti­ger Ansatz: Scho­ko­la­de aus dem Dschungel

Ein Schritt in die rich­ti­ge Rich­tung ist der ver­mehr­te Anbau von Kakao in natur­na­hen Agro­forst­sys­te­men. Das posi­ti­ve Zusam­men­spiel von Land­wirt­schaft und Wald kann zu einer nach­hal­ti­gen Bewirt­schaf­tung und erhöh­ter Pro­duk­ti­vi­tät der Pflan­zen bei­tra­gen. Zudem wer­den weni­ger Pes­ti­zi­de benö­tigt und es kann wie­der bio­lo­gi­sche Viel­falt entstehen.

Fer­men­tier­te Kako­sa­men © Luis Bar­re­to / WWF-UK

Für eine erfolg­rei­che Agro­forst­wirt­schaft braucht es aber auch noch ver­mehrt Schu­lun­gen der Landwirt:innen – und natür­lich eine fai­re Bezah­lung. Und das ist ohne­hin ein ele­men­ta­res The­ma für sich: Die sozia­len Aspek­te hin­ter der Scho­ko­la­de wür­den pro­blem­los noch drei wei­te­re Blog­ar­ti­kel fül­len. Dabei geht es zum Bei­spiel um unzu­mut­ba­re Arbeits­be­din­gun­gen, huma­ni­tä­re und poli­ti­sche Span­nun­gen in den Kakao­län­dern, Kin­der­ar­beit oder die Fra­ge: War­um wer­den die Roh­stof­fe rund um den Äqua­tor abge­baut, aber nur Kon­zer­ne aus dem glo­ba­len Nor­den ver­die­nen am Schokoladengeschäft?

Es ist also alles gar nicht so ein­fach. Aber was bedeu­tet das für uns und unse­re süße Lieblingsspeise?

Kei­ne Scho­ko­la­de – auch kei­ne Lösung

Falls ihr jetzt Lust auf Scho­ko­la­de bekom­men habt, kei­ne Sor­ge. Wir wol­len euch nicht kom­plett von der Scho­ko­la­de weg­brin­gen. Aller­dings möch­ten wir euch anläss­lich des Tages der Scho­ko­la­de dazu auf­ru­fen, euch bewusst zu machen was ihr da esst.

Schon der hohe Res­sour­cen­auf­wand zeigt: Scho­ko­la­de ist etwas ganz Beson­de­res. Man soll­te sie schät­zen und in Maßen genie­ßen. Beim Ein­kauf bit­te nach­hal­tig pro­du­zier­te Scho­ko­la­de kau­fen, das heißt: zer­ti­fi­zier­te Pro­duk­te aus bio­lo­gi­schem Anbau und fai­rem Handel.

Außer­dem gilt auch für Scho­ko­la­de, was bei allen ande­ren Lebens­mit­teln gilt: nichts ver­schwen­den. Schon gar nicht bei so etwas Lecke­rem. Aber ab und zu ein wenig Scho­ko­la­de? Dar­auf wol­len und müs­sen wir nicht ver­zich­ten. Aber für die Umwelt (und die Hüf­te): Bit­te bewusst genießen.

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Vertritt die Generation Y als Werkstudentin im Team Klimaschutz und Energiepolitik. Arbeitet und lebt in Hamburg, ist aber immer wieder gerne auf Stippvisite in der Hauptstadt. Ansonsten ab und zu auf Demos für einen grünen Wandel unterwegs, Ultimate Frisbee-spielend im Park oder anbadend im See.

Kommentare (1)

  • Liebe WWFler,

    bei der Abstimmung fehlt die Möglichkeit, das anzukreuzen, was ihr ratet:
    In Maßen genießen und beim Einkauf nachhaltig produzierte Schokolade kaufen aus biologischem Anbau und fairem Handel.
    Genau so halte ich es nämlich.

    Liebe Grüße,
    Karola.

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