Alle Jah­re wie­der: Unser Hun­ger auf Scho­ko­la­de zer­stört den Regenwald

Diese süßen Männer tragen zur Entwaldung und Klimakrise bei © imago / photothek

Es ist wie­der soweit. Weih­nach­ten steht vor der Tür und die Rega­le der Super­märk­te sind vol­ler köst­li­cher Lecke­rei­en. Scho­ko­weih­nachts­män­ner, Advents­ka­len­der und Leb­ku­chen. Wir sind gewohnt, dass die Lieb­lings­sü­ßig­keit der Deut­schen, näm­lich die Scho­ko­la­de, im Über­fluss vor­han­den ist. Doch lei­der bleibt unser Scho­ko­kon­sum nicht ohne Fol­gen. Und ich rede nicht vom dicken Bauch.

Kakao und die Zer­stö­rung des Regenwaldes

Unse­re Lust auf Süß ist anders­wo ver­ant­wort­lich für men­schen­un­wür­di­gen Arbeits­be­din­gun­gen — und für die Zer­stö­rung von wert­vol­lem Wald. Denn der Kakao­baum ist äußerst anspruchs­voll und wächst und gedeiht am bes­ten in den Tro­pen bei gleich­blei­ben­den Tem­pe­ra­tu­ren, hoher Luft­feuch­tig­keit und gleich­mä­ßig ver­teil­ten Regen­fäl­len. Und daher kon­kur­riert der Kakao mit tro­pi­schen Regen­wäl­dern. Für Kakao wur­den zwi­schen 1988 und 2008 glo­bal zwi­schen zwei und drei Mil­lio­nen Hekt­ar Wald vernichtet.

Schuld dar­an ist ein Teu­fels­kreis. Oft sind Plan­ta­gen bereits sehr alt und die Erträ­ge viel gerin­ger als das eigent­li­che Poten­ti­al. Zudem wird der Groß­teil als Mono­kul­tur ange­baut, das heißt, auf einer Flä­che ste­hen aus­schließ­lich Kakao­bäu­me. Zudem haben die Bäue­rin­nen und Bau­ern oft kei­ne gesi­cher­ten Land­rech­te, wes­halb es sich nicht lohnt in einen nach­hal­ti­ge­ren Anbau zu inves­tie­ren. Wenn die Bäu­me kaum noch Früch­te tra­gen, zie­hen die Bau­ern wei­ter und erschlie­ßen sich durch Brand­ro­dun­gen neue Flä­chen. Daher wird immer mehr Wald für den Kakao­an­bau zerstört.

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Gera­de in den west­afri­ka­ni­schen Haupt­an­bau­län­dern Elfen­bein­küs­te und Gha­na sind bereits gro­ße Tei­le der ursprüng­li­chen Wäl­der ver­lo­ren. In der Elfen­bein­küs­te wur­den bereits 80 Pro­zent der ursprüng­lich bewal­de­ten Flä­che zer­stört. Bei der der­zei­ti­gen Ent­wal­dungs­ra­te wird bis 2034 die gesam­te Wald­flä­che ver­lo­ren sein. Das glei­che gilt für das Nach­bar­land Ghana.

Schät­zun­gen zufol­ge kom­men bis zu 40 Pro­zent Kakao­ern­te der Elfen­bein­küs­te von ille­gal gero­de­ten Flä­chen. Also aus Natur­schutz­ge­bie­ten. Die Elfen­bein­küs­te galt einst als eines der arten­reichs­ten Regio­nen der Welt. Namens­ge­bend waren die vie­len Ele­fan­ten. Doch seit 1994 ist der Ele­fan­ten­be­stand um 86 Pro­zent zurück­ge­gan­gen. Zunächst durch Wil­de­rei für das kost­ba­re Elfen­bein, doch auch wegen der feh­len­den Lebens­räu­me, die durch den Kakao­an­bau schwinden.

Kakao­ver­ar­bei­tung © ima­go stock&people

Die eigent­li­chen Hei­mat des Kakao liegt in Süd­ame­ri­ka. Auch dort wird immer mehr Pri­mär­wald für den Kakao­an­bau zer­stört. In Ecua­dor, mitt­ler­wei­le Num­mer Drei der welt­wei­te Kakao­pro­duk­ti­on, sind zwölf Pro­zent der Ent­wal­dung zwi­schen 2008 und 2015 auf den Kakao­an­bau zurückzuführen.

Pro­ble­ma­tisch an der gan­zen Sache ist auch, dass die Scho­ko­la­den­her­stel­ler auf­grund der kom­ple­xen Lie­fer­ket­ten oft gar nicht wis­sen, woher ihr Kakao stammt. So kön­nen sie nicht sicher­stel­len, dass der Kakao nicht von ille­gal ent­wal­de­ten Flä­chen kommt.

Glo­ba­le Ent­wal­dung heizt den Kli­ma­wan­del an

Neben dem Ver­lust von wich­ti­gen Lebens­räu­men für Tie­re und Pflan­zen und dem damit ein­ge­hen­den Ver­lust der Arten­viel­falt hat die vor­an­schrei­ten­de Ent­wal­dung auch einen direk­ten Ein­fluss auf die Kli­ma­kri­se, denn die tro­pi­schen Regen­wäl­der spei­chern gro­ße Men­gen Koh­len­stoff­di­oxid, das bei der Zer­stö­rung der Wäl­der in die Atmo­sphä­re gelangt und den Kli­ma­wan­del anheizt. Dadurch wer­den glo­ba­le Was­ser­kreis­läu­fe durch­ein­an­der­ge­bracht. So hängt die Abhol­zung eng mit zuneh­men­den Dür­re­pe­ri­oden in angren­zen­den Gebie­ten zusammen.

Aus­wir­kun­gen auf den Kakaoanbau

Dies ist auch bereits in den Haupt­an­bau­ge­bie­ten von Kakao wie bei­spiels­wei­se in West­afri­ka zu spü­ren. Auch der Kakao­an­bau lei­det unter dem Kli­ma­wan­del und die Zukunft ist unge­wiss. Extrem­wett­ereig­nis­se wie län­ger anhal­ten­de Dür­re­pe­ri­oden, Stark­re­gen, Über­flu­tun­gen eben­so wie neu auf­tre­ten­de Pflan­zen­krank­hei­ten füh­ren zu gerin­ge­ren Erträ­gen und Qua­li­tä­ten oder sogar voll­stän­dig zer­stör­ten Ern­ten. Und dies befeu­ert den Teu­fels­kreis der Armut, in dem vie­le Kakao­bäue­rin­nen und ‑bau­ern leben, denn eine wich­ti­ge Ein­kom­mens­quel­le bricht weg. Seit Jah­ren wird pro­gnos­ti­ziert, dass die Pro­duk­ti­on von Kakao in Zukunft ein­bre­chen könn­te. Das For­schungs­zen­trum Inter­na­tio­nal Cen­ter for Tro­pi­cal Agri­cul­tu­re (CIAT) sagt vor­aus, dass 90 Pro­zent der Anbau­flä­chen in Gha­na und Côte d’Ivoire im Jahr 2050 für den Kakao­an­bau deut­lich weni­ger geeig­net sein wer­den. Dies kann zu Land­kon­flik­ten und wei­te­rer Abhol­zung von Regen­wäl­dern zur Erschlie­ßung neu­er Flä­chen führen.

Die Zukunft unse­rer liebs­ten Süßigkeit

Der Kakao­an­bau hat in vie­len Gebie­ten nur noch eine Zukunft, wenn recht­zei­tig die nöti­gen Maß­nah­men zur Anpas­sung an den Kli­ma­wan­del ergrif­fen wer­den. Die Aus­wir­kun­gen sind je nach Regi­on ganz unter­schied­lich, wie stei­gen­de Tem­pe­ra­tu­ren, län­ge­re Dür­re­pe­ri­oden und ver­än­der­te Regenfälle.

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Ent­schei­dend ist ein viel­fäl­ti­ges Anbau­sys­tem. Im Gegen­satz zu Kakao­an­bau in einer Mono­kul­tur, bei dem sich aus­schließ­lich Kakao­bäu­me auf einer Flä­che befin­den, bie­tet der Anbau von Kakao im natur­na­hen Agro­forst­sys­tem zahl­rei­che Vor­tei­le. Dabei han­delt sich um eine Kom­bi­na­ti­on zwi­schen Bäu­men, Sträu­chern und land­wirt­schaft­li­chen Ele­men­ten, die den Stock­werk­bau des Regen­wal­des imi­tiert. Die­se Form der nach­hal­ti­gen Bewirt­schaf­tung kann zur erhöh­ten Pro­duk­ti­vi­tät der Pflan­zen bei­tra­gen. Beson­ders wich­tig sind hohe Bäu­me, die den Kakao­bäu­men Schat­ten spen­den, denn die­se sind unger­ne der direk­ten Son­ne aus­ge­setzt. Die Bäu­me und Pflan­zen pro­fi­tie­ren von­ein­an­der und rei­chern den Boden mit Nähr­stof­fen an. Zudem wer­den weni­ger Pes­ti­zi­de benö­tigt und es kann wie­der bio­lo­gi­sche Viel­falt ent­ste­hen. Der­ar­ti­ge Sys­te­me sind wider­stands­fä­hi­ger gegen­über dem Kli­ma­wan­del. Aber auch durch wider­stands­fä­hi­ge­re Sor­ten und Bewäs­se­rungs­sys­te­me kön­nen die Anbau­sys­te­me an die kli­ma­ti­schen Ver­än­de­run­gen ange­passt werden.

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Auch für die Bäue­rin­nen und Bau­ern hat dies Vor­tei­le. In den viel­fäl­ti­gen Sys­te­men wächst der Kakao im Schat­ten von Bana­nen­bäu­men, Edel­höl­zern oder Pal­men. Auf dem Boden wer­den medi­zi­ni­sche Kräu­ter oder ande­res Obst und Gemü­se ange­baut. Dadurch sind die Bau­ern nicht nur von dem Kakao als ein­zi­ge Ern­te abhän­gig, son­dern kön­nen auch vie­le wei­te­re Pro­duk­te für den eige­nen Bedarf oder für loka­le und inter­na­tio­na­le Märk­te pro­du­zie­ren. So kön­nen sie ihr Ein­kom­men diversifizieren.

Kakao­plan­ta­ge © ima­go images/YAY Images

Genau dies set­zen wir auch in unse­rem neu­en Pro­jekt im Ama­zo­nas in Ecua­dor um. Wie genau das funk­tio­niert, seht ihr hier.

Die rich­ti­ge Scho­ko­la­de für Weihnachten

Trotz der mas­si­ven öko­lo­gi­schen und sozia­len Fol­gen, die der Kakao­an­bau welt­weit ver­ur­sacht, wäre es natür­lich sehr scha­de kom­plett auf unse­re gelieb­te Scho­ko­la­de zu ver­zich­ten. Das ist auch gar nicht not­wen­dig, denn es gibt auch vie­le tol­le Initia­ti­ven, die nach­hal­ti­gen Kakao ver­ar­bei­ten.

  • Am bes­ten ach­tet ihr auf öko­lo­gi­schen Anbau und fai­ren Han­del. Die rich­ti­ge Wahl ist zum Bei­spiel Scho­ko­la­de mit dem Natur­land Fair-Sie­gel, denn die­ses garan­tiert öko­lo­gi­schen Anbau, die Ein­hal­tung sozia­ler Stan­dards und stellt gleich­zei­tig sicher, dass kei­ne Wald­flä­chen für den Anbau gero­det wurden.
  • Ach­tet beim Kauf von Scho­ko­la­de auch auf Initia­ti­ven, bei denen die Wert­schöp­fung vor Ort statt­fin­det, das heißt, die Scho­ko­la­de wird in den Anbau­län­dern selbst her­ge­stellt, bei­spiels­wei­se Fai­raf­ric oder Pacari.

Dann spricht wenig gegen die gute Scho­ko­la­de. Außer viel­leicht die Geschich­te mit dem Bauch.

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Mein Ziel ist es, mit kleinen Schritten die Welt zu verändern. Ich habe Umweltwissenschaften und Ökolandbau studiert und arbeite beim WWF gemeinsam mit meinem Team tagtäglich im Bereich der nachhaltigen Landwirtschaft. Landwirtschaft ist ein Haupttreiber für die Zerstörung wichtiger Ökosysteme und hat Auswirkungen auf Böden, Gewässer, Klima und Artenvielfalt. Wir setzten uns weltweit für eine naturverträgliche Landwirtschaft im Einklang mit unseren bestehenden Ressourcen ein.
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