In Sam­bia Bedro­hung, hier akzep­tiert: Lebensmittel-Verluste


Ähren auf einem Feld in Sambia: Herben Nachernteverlusten in Sambia steht Lebensmittelverschwendung in Deutschland gegenüber
Ernteverlusten in Sambia steht Verschwendung in Deutschland gegenüber. © M. Meissner, WWF

Es ist Mit­tag und ein rie­si­ger Man­go­baum schützt uns vor der Son­ne. Gemein­sam mit Kol­le­gen sit­ze ich im Kreis und unter­hal­te mich mit gut 30 Bau­ern im Silo­wa­na-Kom­plex in Süd­westsam­bia. Zum ers­ten Mal besu­che ich ein afri­ka­ni­sches Land süd­lich des Äquators.
Im süd­west­lichs­ten Zip­fel Sam­bi­as, an der Gren­ze zu Ango­la und Nami­bia, bin ich meh­re­re Stun­den auf von chi­ne­si­schen Fir­men gebau­ten Stra­ßen gefah­ren. Vor­bei an klei­nen Mais­fel­dern, aus denen ver­kohl­te Baum­stümp­fe her­vor­ra­gen, ging die Fahrt. Nur weni­ge Kilo­me­ter Rich­tung Wes­ten liegt der Sio­ma Ngwe­zi Natio­nal­park und auf der ande­ren Sei­te – oft in Sicht­wei­te – liegt der Sam­be­si. Und nun sit­ze ich unter einem Man­go­baum und höre zu.

Gespräche unterm Mangobaum
Unterm Man­go­baum © M. Meiss­ner, WWF

Die Fami­li­en, nicht sel­ten mit acht Kin­dern, ernäh­ren sich von klei­nen Fel­dern, die sie dem Wald abge­run­gen haben. Meist nicht grö­ßer als ein bis zwei Hekt­ar. Nach nur weni­gen Jah­ren sind die Böden aus­ge­laugt, so dass dann neue Wald­stü­cke gero­det wer­den, um dort Mais anzu­bau­en. Die offe­nen Savan­nen­wäl­der wer­den dadurch immer klei­ner. Schlecht fürs Kli­ma, die Men­schen selbst und Wild­tie­re wie Ele­fan­ten. Die brau­chen näm­lich die­se Wäl­der, um zum Was­ser des Sam­be­si zu gelan­gen. Ele­fan­ten­land. Tja — und umso mehr Wald gero­det wird, des­to öfter sto­ßen Mensch und Tie­re zusammen.

Die Ern­te reicht nicht

Die Bau­ern pflan­zen haupt­säch­lich Mais an. Zwar mitt­ler­wei­le wie­der mit Metho­den, die die Böden frucht­bar erhal­ten und mit wenig bis gar kei­nem Dün­ger. Aber die Erträ­ge sind nur in wirk­lich guten Jah­ren so, dass sie aus­rei­chen, um die Fami­lie zu ver­sor­gen und durch klei­ne Ver­käu­fe noch ein zusätz­li­ches Ein­kom­men zu generieren.
In der dies­jäh­ri­gen Regen­zeit sind die Regen­fäl­le jedoch gering: Selbst ich als Euro­pä­er kann leicht erken­nen, dass es nicht mal rei­chen wird, die Fami­lie irgend­wie mit aus­rei­chend Essen zu versorgen.

Unter dem Man­go­baum sit­zend wird uns klar: Die­se Men­schen wer­den in die­sem Jahr auf Hil­fe von außen ange­wie­sen sein. Ansons­ten wer­den sie hungern.

Himmelweiter Unterschied: Feld, Baum, Himmel in Sambia
Sam­bia © M. Meiss­ner, WWF

Sam­bia und Deutsch­land: Ein him­mel­wei­ter Unterschied

Mit­te 2014 hat­ten wir beim WWF Deutsch­land zusam­men mit den Kol­le­gen vom WWF Sam­bia die Pla­nung für das Pro­jekt mit Klein­bau­ern­fa­mi­li­en in Süd­westsam­bia begon­nen. Wir dis­ku­tier­ten The­men wie Boden­frucht­bar­keit, Saat­gut und den Ver­lust von Ern­te — den soge­nann­ten Nachernteverlust.
Zeit­gleich unter­hiel­ten wir uns in Ber­lin, wie wir Deutsch­lands rie­si­ge Men­gen weg­ge­schmis­se­ne Lebens­mit­tel in der Öffent­lich­keit the­ma­ti­sie­ren und poli­ti­sche Pro­zes­se vor­an­trei­ben können.

Hun­gern und Über­fluss — Die Extrem­po­le zwi­schen Indus­trie­län­dern und dem Süden

Wie absurd kommt es mir vor, den Fami­li­en in Sam­bia zu erläu­tern, dass wir in Deutsch­land das Essen ein­fach weg­schmei­ßen. Essen das wir in tol­len Gunst­ge­bie­ten ern­ten kön­nen — also bei tol­len Böden und gemä­ßig­tem Kli­ma. Von den impor­tier­ten Lebens­mit­teln oder Vieh­fut­ter (das zu Fleisch und Milch „ver­wan­delt“ wird) ganz zu schwei­gen. Wobei in Deutsch­land nur gut fünf Pro­zent der Lebens­mit­tel direkt nach der Ern­te — als soge­nann­te Nach­ern­te­ver­lus­te — ver­lo­ren gehen.

Nach­ern­te­ver­lus­te lie­gen bei einem Drit­tel der Ernte

Zurück nach Sam­bia. Dort ist es gra­vie­rend anders: Die Men­schen ver­lie­ren in guten Jah­ren gro­ße Tei­le ihres Mais oder der ande­ren geern­te­ten Nutz­pflan­zen durch schlech­te Lager­be­din­gun­gen. Noch kann ich nicht exakt sagen, wie hoch die­se Ver­lus­te sind, weil in die­sen Regio­nen schlicht kei­ne offi­zi­el­len Sta­tis­ti­ken erho­ben wer­den. Welt­weit gehen Sta­tis­ti­ken von etwa 30 Pro­zent Ver­lus­ten bei Getrei­de in Län­dern süd­lich der Saha­ra – also auch Sam­bia – aus. Die Bau­ern bestä­ti­gen im Gespräch in etwa die Zahlen.

Silo aus Ästen
Silo in Sam­bia © M. Meiss­ner, WWF

Meist sind es Nager, Insek­ten und deren Lar­ven oder auch Schim­mel­pil­ze, die die Nah­rungs­mit­tel unge­nieß­bar machen. Beim Rund­gang durch das Dorf wird deut­lich, war­um das so ist. Mais liegt offen auf dem Boden zum Trock­nen. Die Spei­cher sind aus gefloch­te­nen Ästen gebaut, so dass Tie­re leich­ten Zugang haben. Um Schäd­lin­ge fern­zu­hal­ten, nut­zen die Bau­ern meis­tens Asche, die mit dem Mais ver­mischt wird.
Ich bin gespannt, wel­che Lösun­gen unse­re sam­bi­schen Kol­le­gen in den nächs­ten zwei Jah­ren mit den Dorf­be­woh­nern ent­wi­ckeln, um die Ver­lus­te zu reduzieren.

Greif­ba­re Folgen

Wäh­rend wir nach dem Besuch wie­der stun­den­lang im Auto durch die Gegend geschüt­telt wer­den, wird klar, wie greif­bar hier die Fol­gen von Lebens­mit­tel­ver­lus­ten wer­den. Die Fami­li­en haben in schlech­ten Jah­ren schlicht zu wenig zu essen, bezie­hungs­wei­se zu wenig Über­schüs­se und damit Ein­nah­men. Gleich­zei­tig ver­ur­sa­chen die Ver­lus­te den Druck, mehr zu arbei­ten. Schließ­lich muss man ein Drit­tel mehr Land bewirt­schaf­ten, um die Ver­lus­te wett­zu­ma­chen. Neben der Mehr­ar­beit steigt der Druck auf das Land.

Ich hat­te nicht den Mut, den Dorf­be­woh­nern zu erzäh­len, dass in Deutsch­land genau­so viel Essen ver­dirbt — aber nicht weil die Auf­be­wah­rungs­mög­lich­kei­ten feh­len! Son­dern weil wir zu viel ein­kau­fen und die Super­märk­te immer alles vor­rä­tig haben, auch wenn der Laden in 30 Minu­ten schließt.

Unter­schreibt unse­re Peti­ti­on gegen die Lebensmittelverschwendung:

 

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