Ruhrgebiet. Unter der Oberfläche graben sich Schächte Kilometer tief in die Erde. Spuren einer Industrie, die viel zum Wohlstand Deutschlands beigetragen hat. Aber bei der zu lange auch nur das Jetzt galt, nicht das Morgen. Dabei sind es die Folgen der Kohleverstromung, die uns an den Rand des Klimakollapses gebracht haben. Doch das Jetzt sieht heute ganz anders aus als damals. Wo früher Bergmänner ihre Tage unter Tage verbrachten, ist die Kohleindustrie heute moderneren Lifestyles gewichen. Das Ruhrgebiet – der Pott – basiert nicht länger auf dem Bergbau. Und in Teilen doch noch immer.

In Essen etwa. Auf dem Gelände der Zeche Zollverein, ist heute die RAG Stiftung. Sie setzt sich mit den Konsequenzen des jahrzehntelangen Bergbaus auseinander. Zum Beispiel mit einem aufwändigen Wassermanagement für die vielen Schächte, die das Ruhrgebiet Region unterhöhlen. Sie haben mancherorts dafür gesorgt haben, dass die Erde – mitsamt der Häuser auf ihr – einige Meter tiefer sank. „Ewigkeitsfolgen“, so der passende Name. Auch das Management der Beschäftigten im Bergbau ist ein Aufgabengebiet.
Dafür interessierten wir uns auf unserer Studienreise durch das neue, alte Ruhrgebiet ganz besonders. Wie ist die Gesellschaft, wie die Stadt nach der Kohle zu organisieren?
Reiseziel: Geld für den Wandel
Wir, dass heißt WWF Kollegen aus Deutschland, Bulgarien, Griechenland und Polen. Wir waren Mitte März mit Vertretern aus Politik, Gewerkschaften und Zivilgesellschaft im Ruhrgebiet unterwegs. Die Reise war Teil des Projekts „Sozialverträglicher Strukturwandel in Ost- und Südeuropa“. Das Ziel: Strukturwandelpläne für Kohleregionen in Bulgarien, Polen und Griechenland nach dem Kohleausstieg zu erarbeiten. Und bei der EU dafür zu sorgen, dass im nächsten EU-Haushalt Geld für den Wandel bereitgestellt wird.
Ohne Investitionen ist solch ein Wandel nach dem Kohleausstieg schwer zu schaffen. Das hat auch unser Besuch im Ruhrgebiet deutlich gemacht. Dort wurde für den jahrzehntelangen Weg aus dem Steinkohlebergbau viel Geld gezahlt. Zum Beispiel an die Menschen, die in der Kohle gearbeitet haben. Anpassungs- und Übergangsgelder federten die Härten des Wandel ab. Und es wurden neue Jobmöglichkeiten geschaffen. Heute gibt es im Ruhrgebiet mehr Stellen im Dienstleistungssektor als in der Kohle weggefallen sind.
Stadt ohne Kohle: Das Beispiel Duisburg

In Duisburg kann man sehen, was das für das Stadtbild bedeutet. Im Innenhafen haben sich dort in modernen Gebäuden Unternehmen niedergelassen. Ein allesüberragender Turm, der früher als Speicher diente, beherbergt nun das Landesarchiv Nordrhein-Westfalen. Und sobald das Wetter mitspielt, sitzen Duisburger wie Besucher in den vielen Cafés und Restaurants direkt am Wasser.
Das neue Duisburg: Alpenverein und Tauchen im Tank
Nur wenig weiter hat der Strukturwandel abenteuerlichere Angebote hervorgebracht. Ein ehemalige Industriegelände beheimatet heute als Landschaftspark Duisburg-Nord unter anderem einen Klettergarten des Deutschen Alpenvereins, einen Hochseilparcours und eines der größten Tauchbeckens Europas. Ein alter Gasometer wurde dafür mit vielen Millionen Litern Wassern geflutet. Neben künstlichen Riffen finden Taucher von alten Autos bis Flugzeugen dort nun allerlei versenktes Gut. Und sogar Naturführungen gibt es hier – wenngleich sich noch vergleichsweise wenig Grün über die alten Betonwände rankt. Doch langsam bilden Natur und turmhohe Industriebauten eine kontrastreiche Symbiose.
Aber Duisburg muss sich dringend noch weiter entwickeln. Die Stahlindustrie, die hier zuhause ist, hat einen immensen Anteil an Deutschlands CO2-Bilanz. Alleine die Stadt Duisburg stößt pro Jahr 32 Millionen Tonnen CO2 aus. Das ist nicht vereinbar mit Deutschlands Klimazielen und dem Pariser Klimaschutzabkommen. Es braucht deshalb nicht nur schnell eine endgültige Abkehr von der Kohle: Auch energieintensive Industrien müssen ihre Produktionsweise verändern, um klimapolitisch wie wirtschaftlich Schritt halten zu können.
Eine der wichtigsten Erkenntnisse der Studienreise: Je früher wir dem Wandel begegnen, desto besser lässt er sich gestalten.
Dafür ist auch wichtig, dass die Politik dem Auslaufmodell Kohle ein Enddatum setzt, um mit dem Strukturwandel wirklich beginnen zu können. Und es braucht einen Plan, was in der Region stattdessen entstehen soll.
Das Alte muss Raum machen für etwas Neues
Ob nun Forschung, Tourismus, Dienstleistung: Was am besten passt, kann von Region zu Region ganz unterschiedlich sein. Aber es lässt sich nicht früh genug damit anfangen, den Wandel zum Neuen in die Wege zu leiten. Das gilt für die Lausitz ebenso wie für Kohleregionen in Bulgarien, Griechenland und Polen. So gelingt der Wandel sozial, wirtschaftlich und ökologisch. Und wie wichtig dieser Dreiklang ist, darin waren wir uns alle nach der Studienreise im Ruhrgebiet einig.
Das wird noch ein richtig teurer Spaß. So wie es jetzt läuft wird es nicht auf Dauer funktionieren. Dazu gab es gerade eine Interessante Doku: https://www1.wdr.de/mediathek/video/sendungen/die-story/video-glueckauf-und-vorbei-das-ruhrgebiet-nach-der-kohle-100.html
Vielen Dank für Ihren Beitrag, er ist sehr informativ. Es ist für mich wirklich interessant, dass es einen Verein gibt, der sich mit den Ergebnissen so vieler Jahre Bergbau beschäftigt, besonders überraschend ist für mich ist das Versenken der Erde und damit die daraufstehende Häuser im Raum Essen.