Ruhr­ge­biet: Zukunft nach der Kohle


Strukturwandel: Bunte Ventilatoren im Landschaftspark Duisburg
Duisburg: Kunst statt Kohle © Lea Vranicar / WWF

Ruhr­ge­biet. Unter der Ober­flä­che gra­ben sich Schäch­te Kilo­me­ter tief in die Erde. Spu­ren einer Indus­trie, die viel zum Wohl­stand Deutsch­lands bei­getra­gen hat. Aber bei der zu lan­ge auch nur das Jetzt galt, nicht das Mor­gen. Dabei sind es die Fol­gen der Koh­le­ver­stro­mung, die uns an den Rand des Kli­ma­kol­lap­ses gebracht haben. Doch das Jetzt sieht heu­te ganz anders aus als damals. Wo frü­her Berg­män­ner ihre Tage unter Tage ver­brach­ten, ist die Koh­le­indus­trie heu­te moder­ne­ren Life­styl­es gewi­chen. Das Ruhr­ge­biet – der Pott – basiert nicht län­ger auf dem Berg­bau. Und in Tei­len doch noch immer.

Kohleaausstieg: Halle der alten Zeche Zollverein
Essen, alte Zeche © Lea Vra­ni­car / WWF

In Essen etwa. Auf dem Gelän­de der Zeche Zoll­ver­ein, ist heu­te die RAG Stif­tung. Sie setzt sich mit den Kon­se­quen­zen des jahr­zehn­te­lan­gen Berg­baus aus­ein­an­der. Zum Bei­spiel mit einem auf­wän­di­gen Was­ser­ma­nage­ment für die vie­len Schäch­te, die das Ruhr­ge­biet Regi­on unter­höh­len. Sie haben man­cher­orts dafür gesorgt haben, dass die Erde – mit­samt der Häu­ser auf ihr – eini­ge Meter tie­fer sank. „Ewig­keits­fol­gen“, so der pas­sen­de Name. Auch das Manage­ment der Beschäf­tig­ten im Berg­bau ist ein Aufgabengebiet.

Dafür inter­es­sier­ten wir uns auf unse­rer Stu­di­en­rei­se durch das neue, alte Ruhr­ge­biet ganz beson­ders. Wie ist die Gesell­schaft, wie die Stadt nach der Koh­le zu organisieren?

Rei­se­ziel: Geld für den Wandel

Wir, dass heißt WWF Kol­le­gen aus Deutsch­land, Bul­ga­ri­en, Grie­chen­land und Polen. Wir waren Mit­te März mit Ver­tre­tern aus Poli­tik, Gewerk­schaf­ten und Zivil­ge­sell­schaft im Ruhr­ge­biet unter­wegs. Die Rei­se war Teil des Pro­jekts „Sozi­al­ver­träg­li­cher Struk­tur­wan­del in Ost- und Süd­eu­ro­pa“. Das Ziel: Struk­tur­wan­del­plä­ne für Koh­le­re­gio­nen in Bul­ga­ri­en, Polen und Grie­chen­land nach dem Koh­le­aus­stieg zu erar­bei­ten. Und bei der EU dafür zu sor­gen, dass im nächs­ten EU-Haus­halt Geld für den Wan­del bereit­ge­stellt wird.

Ohne Inves­ti­tio­nen ist solch ein Wan­del nach dem Koh­le­aus­stieg schwer zu schaf­fen. Das hat auch unser Besuch im Ruhr­ge­biet deut­lich gemacht. Dort wur­de für den jahr­zehn­te­lan­gen Weg aus dem Stein­koh­le­berg­bau viel Geld gezahlt. Zum Bei­spiel an die Men­schen, die in der Koh­le gear­bei­tet haben. Anpas­sungs- und Über­gangs­gel­der feder­ten die Här­ten des Wan­del ab. Und es wur­den neue Job­mög­lich­kei­ten geschaf­fen. Heu­te gibt es im Ruhr­ge­biet mehr Stel­len im Dienst­leis­tungs­sek­tor als in der Koh­le weg­ge­fal­len sind.

Stadt ohne Koh­le: Das Bei­spiel Duisburg

Strukturwandel Ruhrgebiet: Duisburg Innenhafen
Duis­burg Innen­ha­fen @ Lea Vra­ni­car / WWF

In Duis­burg kann man sehen, was das für das Stadt­bild bedeu­tet. Im Innen­ha­fen haben sich dort in moder­nen Gebäu­den Unter­neh­men nie­der­ge­las­sen. Ein alles­über­ra­gen­der Turm, der frü­her als Spei­cher dien­te, beher­bergt nun das Lan­des­ar­chiv Nord­rhein-West­fa­len. Und sobald das Wet­ter mit­spielt, sit­zen Duis­bur­ger wie Besu­cher in den vie­len Cafés und Restau­rants direkt am Wasser.

Das neue Duis­burg: Alpen­ver­ein und Tau­chen im Tank

Nur wenig wei­ter hat der Struk­tur­wan­del aben­teu­er­li­che­re Ange­bo­te her­vor­ge­bracht. Ein ehe­ma­li­ge Indus­trie­ge­län­de behei­ma­tet heu­te als Land­schafts­park Duis­burg-Nord unter ande­rem einen Klet­ter­gar­ten des Deut­schen Alpen­ver­eins, einen Hoch­seil­par­cours und eines der größ­ten Tauch­be­ckens Euro­pas. Ein alter Gaso­me­ter wur­de dafür mit vie­len Mil­lio­nen Litern Was­sern geflu­tet. Neben künst­li­chen Rif­fen fin­den Tau­cher von alten Autos bis Flug­zeu­gen dort nun aller­lei ver­senk­tes Gut. Und sogar Natur­füh­run­gen gibt es hier – wenn­gleich sich noch ver­gleichs­wei­se wenig Grün über die alten Beton­wän­de rankt. Doch lang­sam bil­den Natur und turm­ho­he Indus­trie­bau­ten eine kon­trast­rei­che Sym­bio­se.

Aber Duis­burg muss sich drin­gend noch wei­ter ent­wi­ckeln. Die Stahl­in­dus­trie, die hier zuhau­se ist, hat einen immensen Anteil an Deutsch­lands CO2-Bilanz. Allei­ne die Stadt Duis­burg stößt pro Jahr 32 Mil­lio­nen Ton­nen CO2 aus. Das ist nicht ver­ein­bar mit Deutsch­lands Kli­ma­zie­len und dem Pari­ser Kli­ma­schutz­ab­kom­men. Es braucht des­halb nicht nur schnell eine end­gül­ti­ge Abkehr von der Koh­le: Auch ener­gie­in­ten­si­ve Indus­trien müs­sen ihre Pro­duk­ti­ons­wei­se ver­än­dern, um kli­ma­po­li­tisch wie wirt­schaft­lich Schritt hal­ten zu können.

Eine der wich­tigs­ten Erkennt­nis­se der Stu­di­en­rei­se: Je frü­her wir dem Wan­del begeg­nen, des­to bes­ser lässt er sich gestalten.

Dafür ist auch wich­tig, dass die Poli­tik dem Aus­lauf­mo­dell Koh­le ein End­da­tum setzt, um mit dem Struk­tur­wan­del wirk­lich begin­nen zu kön­nen. Und es braucht einen Plan, was in der Regi­on statt­des­sen ent­ste­hen soll.

Das Alte muss Raum machen für etwas Neues

Ob nun For­schung, Tou­ris­mus, Dienst­leis­tung: Was am bes­ten passt, kann von Regi­on zu Regi­on ganz unter­schied­lich sein. Aber es lässt sich nicht früh genug damit anfan­gen, den Wan­del zum Neu­en in die Wege zu lei­ten. Das gilt für die Lau­sitz eben­so wie für Koh­le­re­gio­nen in Bul­ga­ri­en, Grie­chen­land und Polen. So gelingt der Wan­del sozi­al, wirt­schaft­lich und öko­lo­gisch. Und wie wich­tig die­ser Drei­klang ist, dar­in waren wir uns alle nach der Stu­di­en­rei­se im Ruhr­ge­biet einig.

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2 Kommentare

  1. 2. November 2018
    Antworten

    Das wird noch ein rich­tig teu­rer Spaß. So wie es jetzt läuft wird es nicht auf Dau­er funk­tio­nie­ren. Dazu gab es gera­de eine Inter­es­san­te Doku: https://www1.wdr.de/mediathek/video/sendungen/die-story/video-glueckauf-und-vorbei-das-ruhrgebiet-nach-der-kohle-100.html

  2. 13. Dezember 2019
    Antworten

    Vie­len Dank für Ihren Bei­trag, er ist sehr infor­ma­tiv. Es ist für mich wirk­lich inter­es­sant, dass es einen Ver­ein gibt, der sich mit den Ergeb­nis­sen so vie­ler Jah­re Berg­bau beschäf­tigt, beson­ders über­ra­schend ist für mich ist das Ver­sen­ken der Erde und damit die dar­auf­ste­hen­de Häu­ser im Raum Essen.

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