Massenaussterben, das hatten wir schon auf der Erde. Wir haben alle Bilder im Kopf vom Ende der Dinosaurier. Ein Asteroid rast auf die Erde zu, schlägt ein, schleudert Asche in die Luft, wirft das Klima über den Haufen. Es kommt zur totalen Umwälzung der Artenvielfalt unserer Erde, zu einem wahren Massenaussterben. Mehr als drei Viertel der Tiere und Pflanzen sterben aus.
Das größte Artensterben seit den Dinosauriern
Und heute? Wir erleben gerade das größte Artensterben seit dem Ende der Dinosaurier. Nur ist der Grund dieses Mal kein Asteroid, sondern wir Menschen. Eine Million Tier- und Pflanzenarten sind durch uns Menschen bedroht. Mindestens 680 Wirbeltier-Arten haben wir in den letzten 500 Jahren ins Aussterben getrieben. Viele weitere können in den nächsten Jahrzehnten ebenfalls verschwinden.
Drei Viertel der Lebensräume an Land und zwei Drittel in den Meeren sind durch den Menschen bereits massiv verändert worden. Städte haben sich seit 1992 in der Fläche verdoppelt. Die Plastikverschmutzung hat sich seit 1980 verzehnfacht. Dazu kommt der die Übernutzung der Natur durch uns Menschen, sei es durch Überfischung, Übersammlung oder Wilderei. Und natürlich die Mensch gemachte Klimakrise, die Tierlebensräume weltweit schrumpfen lässt, unter anderem die Verbreitungsgebiete von fast der Hälfte aller Landsäugetiere und einem Viertel der bedrohten Vogelarten.
Die fünf großen Artensterben
Wissenschaftler*innen sind sich uneins, wenn es um die Definition von Massenaussterben geht. Arten sterben schließlich immer aus. 99 Prozent der geschätzt vier Milliarden Arten, die es in den letzten 3,5 Milliarden Jahren auf der Erde gab, sind heute nicht mehr hier. Es kommen im Laufe der Evolution aber immer wieder neue Tier- und Pflanzenarten hinzu. Zum Beispiel wir moderne Menschen vor etwa 200.000 Jahren.

Es gab in der Erdgeschichte bereits fünf Mal Phasen, in denen viel mehr Arten ausgestorben als neu entstanden sind. Jeweils zwischen 75 und 96 Prozent aller lebenden Arten gingen verloren. Diese drastischen Einschnitte in die Biodiversität der Erde kamen allerdings meist über lange Zeiträume. Sie dauerten zwischen 160.000 und fast 30 Millionen Jahren. Nur das berühmte Ende der Dinosaurier könnte auch kürzer als ein Jahr gedauert haben.
Was Massenaussterben wissenschaftlich bedeutet
Entsprechend dieser vergangenen Artenkrisen sagen viele Wissenschaftler*innen also, ein Massenaussterben bedeutet, dass mindestens dreiviertel der Arten aussterben. Aktuell sind eine Million von geschätzt acht Millionen Arten bedroht, also ein Achtel. Wenn die Erderhitzung ungebremst fortschreitet, könnte dieser Anteil sich verdoppeln. Dann wäre also jede Vierte Art bedroht. Und wenn diese Tiere und Pflanzen dann wirklich alle aussterben, wäre “nur” jede vierte Art verloren. Wir bräuchten laut Definition noch einen drei Mal größeren Effekt, um in einem Massenaussterben zu sein. Daher sagen viele auch, dass wir auf dem Weg zu einem Massenaussterben sind. Aber eben noch nicht darin.
Aber diese wissenschaftliche Definition spielt eher keine Rollen. Arten sterben aktuell 100- bis 1000-mal schneller aus als ohne den Einfluss von uns Menschen. So hätten die in den letzten 100 Jahren ausgestorbenen Wirbeltierarten unter “normalen Umständen” 800 bis 10.000 Jahre gebraucht, um zu verschwinden. Und selbst wenn eine Art noch nicht ausgestorben ist, so besteht sie doch oft aus immer wenige Individuen. 30 Prozent der untersuchten Wirbeltierarten gehen in Anzahl und Verbreitungsgebiet zurück. Und die Bestände untersuchter Wirbeltierarten haben sich seit 1970 mehr als halbiert.
Wir brauchen den transformativen Wandel, um das Massenaussterben zu verhindern
Man kann und darf es nicht verharmlosen. Selbst wenn wir Menschen nur ein Drittel so schlimm sind wie ein einschlagender Asteroid, ist das am Ende nur unwesentlich weniger dramatisch für unsere Umwelt und für uns selbst. Für mich hat es aber auch etwas Positives, dass wir noch nicht mitten im Massenaussterben sind. Noch müssen wir nicht wie Bruce Willis in Armageddon selbstmörderisch auf den Asteroiden fliegen und ihn in die Luft jagen. Noch ist es nicht zu spät für uns, die Natur zu erhalten, wiederherzustellen und nachhaltig zu nutzen. Laut dem Weltbiodiversitätsrat IPBES brauchen wir dafür “transformativen Wandel” — die fundamentale, system-weite Neuorganisation unserer technologischen, wirtschaftlichen und sozialen Welt. Was sind unsere Ziele? Was unsere Werte? Und was können Lösungen sein? Dafür gehen aktuell Menschen weltweit auf die Straße. Bei Fridays for Future oder Extinction Rebellion. Sie machen deutlich wie wichtig diese Fragen sind.
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Die Ziele sind zumindest mir bei meiner Arbeit klar. Ich will Artenvielfalt, will einen lebendigen Planeten für mich und meine Kinder. Ich will nicht mit ihnen und ihren selbst gemalten Schildern auf der Demo zu stehen und mir Sorgen um die Zukunft zu machen. Aber dafür brauchen wir konkrete Lösungen. Gegen das Aussterben von Tigern und Elefanten haben wir Pläne und Strategien beim WWF. Aber wir alle können etwas tun gegen das große Artensterben. Sich informieren und darüber sprechen, in Freundeskreis und Familie, ist ein guter Anfang. Sich organisieren, demonstrieren ist ein guter nächster Schritt um deutlich zu machen, wie wichtig uns Klimakrise und Artensterben sind. Dass hier Regierungen in Deutschland und weltweit endlich entschlossen vorgehen müssen statt vertagen, verzagen und versagen.
Denn auf die großen Linien kommt es an, um wirklich weiter zu kommen beim Kampf gegen Klimakrise und Artensterben, für eine nachhaltige Entwicklung für Mensch und Umwelt. Sich selbst zu hinterfragen in den eigenen Entscheidungen und Handlungen ist da nur ein kleiner Schritt. Hilft aber natürlich auch weiter. Ob auf Reisen, beim Einkaufen oder Zuhause. Damit wir es schaffen, gemeinsam das Massenaussterben noch abzuwenden…
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