Drei For­de­run­gen um die Lebens­mit­tel-Ver­schwen­dung zu stoppen


Wie kann man die Lebensmittelverschwendung in Deutschland beenden? Das sind unsere drei Hauptforderungen an die Politik.
Wie kann man die Lebensmittelverschwendung in Deutschland beenden? Das sind unsere drei Hauptforderungen an die Politik. © iStock / Getty Images

Jedes Jahr wer­den in Deutsch­land über 18 Mil­lio­nen Ton­nen Lebens­mit­tel weg­ge­wor­fen, obwohl sie genieß­bar sind. Eine unvor­stell­ba­re Zahl, die wir uns auf Dau­er nicht mehr leis­ten kön­nen. Denn die­se Ver­schwen­dung ist nicht nur ein mora­li­sches Desas­ter, son­dern auch ein tief­grei­fen­des Umwelt­pro­blem. Wir ver­brau­chen enorm vie­le natür­li­che Res­sour­cen, die wir eigent­lich gar nicht benö­ti­gen um satt zu werden.

Eigent­lich will auch jeder die Lebens­mit­tel­ver­schwen­dung stop­pen. Zumin­dest bekommt man den Ein­druck, wenn man im poli­ti­schen Ber­lin durch die Gän­ge läuft. Das Wie ist immer die Fra­ge, die es zu beant­wor­ten gilt. Wel­che Schrit­te müs­sen unter­nom­men wer­den? Fehlt nicht eigent­lich die Daten­grund­la­ge, um kon­kre­te Schrit­te auch in der Wirt­schaft vor­an­zu­trei­ben? Wir haben in den ver­gan­ge­nen Mona­ten neue Daten auf den Tisch gelegt und mit vie­len Poli­ti­kern und Exper­ten dis­ku­tiert. Dar­aus haben sich drei Haupt­for­de­run­gen ergeben:

1. Ein­rich­tung einer res­sort­über­grei­fen­den Koor­di­nie­rungs­stel­le, um die Ver­lus­te stra­te­gisch in der Wirt­schaft und bei den Kon­su­men­ten zu reduzieren.

Wo entsteht in Deutschland Lebensmittelverschwendung? Und wo kann sie vermieden werden? © WWF / Anita Drbohlav
Wo ent­steht in Deutsch­land Lebens­mit­tel­ver­schwen­dung? Und wo kann sie ver­mie­den wer­den? Kli­cken für Groß­an­sicht.
© WWF / Ani­ta Drbohlav

Bis­her wird in Deutsch­land in ers­ter Linie ver­sucht, das Ver­hal­ten der Kon­su­men­ten zu ver­än­dern — also den Anteil der Lebens­mit­tel zu ver­rin­gern, den wir alle zu Hau­se und durch unser Ein­kaufs­ver­hal­ten ver­schwen­den. Viel zu wenig wur­de dabei beach­tet, wel­che Rol­le dabei z.B. der Ein­zel­han­del trägt. Auch nicht, inwie­weit ein ver­än­der­tes Ange­bot im Han­del uns Kon­su­men­ten hel­fen könn­te, Abfäl­le zu ver­mei­den. Bei­spie­le aus Groß­bri­tan­ni­en zei­gen, dass ande­re Ver­pa­ckun­gen und Ver­kaufs­stra­te­gien im Lebens­mit­tel­ein­zel­han­del gro­ßen Ein­fluss auf die tat­säch­li­che Ver­schwen­dung haben.

Zudem soll­te nicht nur der Kun­de in den Blick genom­men wer­den. Rund 60 Pro­zent der Ver­lus­te gehen auf das Kon­to von Lebens­mit­tel­händ­lern, der wei­ter­ver­ar­bei­ten­den Indus­trie und der Gas­tro­no­mie. Genau hier braucht es eine Koor­di­nie­rungs­stel­le, die gemein­sam mit Unter­neh­men, Wis­sen­schaft und den Ver­brau­chern her­aus­fin­det, war­um die Ver­lus­te anfal­len und wie man sie ver­mei­den könn­te. Denn in der Pra­xis ist eine Groß­kü­che nicht mit einem Super­markt oder einem Her­stel­ler für Fer­tig­piz­za vergleichbar.

2. Ein kla­res poli­ti­sches Signal des zustän­di­gen Bun­des­mi­nis­ters Chris­ti­an Schmidt, dass die Wirt­schaft einen signi­fi­kan­ten Bei­trag leis­ten muss, um die Lebens­mit­tel­ver­lus­te Deutsch­lands bis 2030 zu halbieren.

Gro­ße The­men brau­chen kla­re Wor­te. Hät­te es nicht ein kla­res Bekennt­nis der Regie­rung zur Ener­gie­wen­de gege­ben, hät­ten sich die Unter­neh­men nicht bereit erklärt, über das Wie einer Ener­gie­wen­de zu spre­chen. Und genau das brau­chen wir jetzt auch. Der­zeit liegt das The­ma beim Land­wirt­schafts­mi­nis­te­ri­um, also in der Ver­ant­wor­tung von Bun­des­mi­nis­ter Schmidt. Um eine Wen­de bei den Lebens­mit­tel­ver­lus­ten zu errei­chen und die Unter­neh­men nicht nur an den Tisch zu holen, son­dern idea­ler­wei­se mit ihnen ambi­tio­nier­te Ziel­ver­ein­ba­run­gen zu tref­fen, muss der Minis­ter ein kla­res poli­ti­sches Signal sen­den, dass er die Ver­lus­te auch mit der Wirt­schaft redu­zie­ren will.

3. Eine Erhö­hung des Bud­gets des Bun­des­land­wirt­schafts­mi­nis­te­ri­ums, um eine ver­nünf­ti­ge Arbeit aller Betei­lig­ten zu ermöglichen.

Ohne Moos nichts los. Bis­her wird die Initia­ti­ve Zu gut für die Ton­ne des Bun­des­mi­nis­te­ri­ums für Land­wirt­schaft und Ernäh­rung (BMEL) mit einer Mil­li­on Euro im Jahr unter­stützt. Die­se Initia­ti­ve ist jedoch nur auf Kon­su­men­ten bezo­gen und letzt­lich darf das BMEL das Geld auch nur dafür aus­ge­ben, weil dies so im Bun­des­haus­halt (Kapi­tel 1002, Titel 68404) fest­ge­schrie­ben ist. Um jedoch Dia­lo­ge mit ver­schie­de­nen Bran­chen, For­schun­gen, Bera­tun­gen, Kon­fe­ren­zen und Tests durch­zu­füh­ren, ist ein ent­schei­dend höhe­rer Betrag not­wen­dig, als das was  momen­tan für Zu gut für die Ton­ne vor­ge­se­hen ist.

Ziel: Mehr Nach­hal­tig­keit, weni­ger Lebensmittelverschwendung

Die­se drei poli­ti­schen Haupt­for­de­run­gen sol­len letzt­lich dazu füh­ren, dass end­lich ein lösungs­ori­en­tier­ter Dia­lo­ge orga­ni­siert wird, damit in Deutsch­land in den nächs­ten zwei Jah­ren kla­re Zie­le defi­niert wer­den und die Redu­zie­rung der Ver­schwen­dung mess­bar gemacht wird. Denn schließ­lich wird sich auch Deutsch­land am 25. Sep­tem­ber 2015 auf der UNO-Voll­ver­samm­lung zu den glo­ba­len Nach­hal­tig­keits­zie­len (SDG) ver­pflich­ten. Eines davon besteht dar­in, die Lebens­mit­tel­ver­lus­te bis 2030 zu halbieren.

Um das zu errei­chen, haben wir Stu­di­en ver­öf­fent­licht, vie­le Gesprä­che mit Unter­neh­men und Poli­ti­kern geführt und unse­re For­de­run­gen for­mu­liert. Und wir haben eine Peti­ti­on gestar­tet. Denn nur mit der Unter­stüt­zung der Öffent­lich­keit – also mit euch – kön­nen wir zei­gen, wie wich­tig das The­ma ist und wie drin­gend die Poli­tik han­deln muss. Die Peti­ti­on wer­den wir am Mitt­woch (23.09.2015) an den Bun­des­tag und an Bun­des­mi­nis­ter Schmidt über­ge­ben. Dafür brau­chen wir jede Stim­me! Bit­te unter­schreibt jetzt unse­re Petition!

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2 Kommentare

  1. Gorek
    19. September 2015
    Antworten

    Bud­get Erhö­hung, Kom­mis­sio­nen bilden.……Das ‚fin­de ich, sind die fal­schen Ansät­ze. Das Bei­spiel der Abschaf­fung der Euro-Gur­ken, Halba­keits­da­tum abschaf­fen u.a. sind doch mal gute Ansät­ze. Wenn die Bau­ern nicht so viel weg­schmei­ßen müss­ten und damit Geld ver­die­nen könnten,sähe es schon bes­ser aus. Also wozu noch mehr Geld aus­ge­ben für ne Kam­pa­gne? Typisch , nur nicht mal hand­fes­tes Han­deln. ES wer­den zuviel Euro aus­ge­ge­ben für die fal­schen Din­ge ‚beliebt sind Gut­ach­ten und Umfragen.

    • 21. September 2015
      Antworten

      Klar ist Han­deln ange­sagt, nur muss das koor­di­niert pas­sie­ren. Nor­men und Halt­bar­keits­da­ten spie­len eine Rol­le, sind jedoch nicht allein Aus­lö­ser der Mise­re. Es wäre natür­lich klas­se, wenn sich die Wirt­schaft, die Poli­tik und die Ver­brau­cher sich — auch ohne zusätz­li­che Kos­ten — auf Stra­te­gien eini­gen. Da ist sicher­lich auch vie­les mög­lich, aber die 50 % weni­ger ver­schwen­de­te Lebens­mit­tel bis 2030 wer­den wir damit nicht schaf­fen. Es geht aber nicht um Mil­li­ar­den, son­dern gezielt ein­ge­setz­te Mit­tel. Nur zum Ver­gleich die bri­ti­sche Orga­ni­sa­ti­on wur­de mit rund 50 Mio € (jähr­lich) aus­ge­stat­tet, von denen gut ein Vier­tel für die Redu­zie­rung der Lebens­mit­tel­ver­schwen­dung in UK reser­viert war. Resul­ta­te sind Redu­zie­rung von über 20 % im pri­va­ten Bereich. Oder anders aus­gre­drückt: für jedes ein­ge­set­zen Pfund wer­den nun in Groß­bri­tan­ni­en 20 Pfund eingespart.

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