Die Hudson Bay in Kanada ist einer der wenigen Orte, an dem man noch Eisbären in freier Wildbahn beobachten kann. Doch dieser Winter könnte für viele Eisbären lebensbedrohlich werden.
Im November war es 30°C wärmer als sonst
Ich arbeite schon seit vielen Jahren in der Western Hudson Bay. Ich liebe die Arbeit in der Kälte, wenn der eisige Wind mir um die Ohren pfeift und das ganze Gesicht prickelt. Doch was ich bei meinem letzten Besuch im November erlebte, war selbst für mich neu: Es war viel, viel wärmer als sonst. Genauer gesagt: Statt den im November üblichen ‑25°C zeigte das Thermometer 5°C.
Meine dicke Polarjacke brauchte ich nicht – ich konnte den ganzen Tag in einem einfachen Longsleeve und einer Weste verbringen. Klingt angenehm? Tja, für die Eisbären ist das aber eine lebensbedrohliche Katastrophe!

Auch für Alleskönner wird es gefährlich
Der Eisbär ist hart im Nehmen und kann bei extremen Temperaturunterschieden überleben. Im Sommer hat es in Kanada teilweise 20°C. Im Winter fallen die Temperaturen auf bis zu ‑50°C. An sich wäre ein warmer November also kein Problem. Aber: Durch die warmen Temperaturen gefriert das Meer nicht und in der gesamten Hudson Bay gab es bis Ende November kein bisschen Meereis. Darauf sind die Eisbären aber nach ihrer sommerlichen Fastenzeit angewiesen. Sie müssen raus auf’s Meereis, um dort Robben zu jagen. Gefriert das Meer erst spät im Jahr, so sind die Eisbären so ausgehungert, dass sie den Winter nicht überleben.
Geht es jetzt nur noch bergab für die Eisbären?
Ich mag es mir gar nicht vorstellen, doch es kann gut sein, dass es mit der Eisbärpopulation in der Hudson Bay jetzt rapide bergab geht. Momentan gibt es hier noch etwa 1030 Eisbären. Wissenschaftler sagen, dass jeder zweite Eisbär, der über 210 Tage auf dem Land ohne Eis lebt, stirbt. Unsere Daten aus der Hudson Bay belegen, dass die Eisbären immer weniger Junge kriegen und dass ihr Körpergewicht der Bären von Jahr zu Jahr abnimmt. Wir müssen mit vereinten Kräften daran arbeiten, dass die Population in der Western Hudson Bay stabil bleibt.

Was können wir tun?
Durch den schwindenden Lebensraum und die mangelnden Futterquellen nähern sich Eisbären immer wieder Dörfern und versuchen, menschliche Nahrung zu finden. Dies ist für Mensch und Eisbär hochgefährlich. Deshalb finanzieren wir in der Hudson Bay Eisbär-Patrouillen und arbeiten am Konflikt-Management. Außerdem beraten wir die Kommunen in Landnutzungsfragen, denn auch durch die Förderung von Erdöl und Erdgas sind Eisbären bedroht. Um die Tiere schützen zu können, müssen wir viel über sie wissen. Deshalb unterstützen wir die jährlichen Bestandserhebungen, um die Folgen des Klimawandels zu dokumentieren. Bei unserer Arbeit sind wir auf Spenden angewiesen. Bitte helft uns, die Eisbären in der Hudson Bay zu schützen!

Sollen wir jetzt Kühlschränke in die Arktis senden ?
Hallo Frau Klenzendorf
Würde es eventuell helfen wenn man große Holzfloße baut quasi als Eis- Ersatz?
Hallo Herr Temeschinko,
Sie sind mit Ihrer Idee nicht allein. Etliche Leute haben vorgeschlagen, dass schwimmende Plattformen in der Arktis Eisbären vielleicht helfen könnten. Klingt erst einmal nach einem guten Vorschlag in einer schmelzenden Arktis, doch das Hauptproblem für Eisbären ist nicht ein Platz zum Ausruhen zu finden, sondern einen funktionierenden Lebensraum zu haben, in dem es ausreichend Nahrung gibt. Plattformen würde nicht dazu dienen, dein Eisbären die Robbenjagd zu ermöglichen. Das Packeis muss man sich nämlich wie einen tropischen Regenwald vorstellen, der auf dem Kopf steht. Die Unterseite des Eises ist der Lebensraum von vielen Organismen wie Algen und Fischen, die wiederum die Nahrungsquelle der Robben sind. Das Eis lässt Sonnenlicht durch und bieten in den vielen kleinen Blasen unter dem Eis Lebensraum für die Algen.
Außerdem bietet das Packeis in den Rift-Zonen Höhlen für Winterlager und genug Lebensraum, einen Paarungsgefährten zu finden. Die Region, in denen Bären jetzt keinen Lebensraum mehr haben, weil das Eis im Sommer schon geschmolzen ist, ist zweimal so groß wie Alaska.
Die Situation des abnehmenden Meereises in der Arktis ist sehr ernst, aber nicht hoffnungslos. Unsere Untersuchungen zeigen, dass wir noch Zeit haben, um Eisbären und das arktische Ökosystem zu retten. Aber wir müssen nun handeln und unsere CO2-Emissionen stark verringern. Noch haben wir eine Chance.
Herzliche Grüße!