Kli­ma­schutz: Vier Bei­trä­ge zur nach­hal­ti­gen Landwirtschaft


Die Landwirtschaft muss ihren Beitrag für den Klimaschutz leisten. © David Lawson / WWF
Die Landwirtschaft muss ihren Beitrag für den Klimaschutz leisten. © David Lawson / WWF

Was Effi­zi­enz und Pro­duk­ti­vi­tät betrifft, kann die deut­sche Land­wirt­schaft sich wirk­lich sehen las­sen. In kaum einem Land wer­den sol­che Getrei­de-Hekt­ar­er­trä­ge erzielt. Und auch auf die Land­flä­che bezo­gen, wird nir­gends so viel Fleisch in hoher Qua­li­tät für den eige­nen Kon­sum und den Export erzielt wie bei uns. Selbst um das Wohl der Tie­re sorgt man sich – ein Tier­wohl­la­bel jagt das nächste.

So ist zumin­dest die ober­fläch­li­che Betrach­tung – aber lei­der liegt die Tücke im Detail. 

Was den Kli­ma-Fuß­ab­druck betrifft, leis­ten wir uns ein land­wirt­schaft­li­ches Pro­duk­ti­ons­sys­tem, das, je nach­dem wel­che Treib­haus­gas­emis­sio­nen ein­be­rech­net wer­den, rund sie­ben bis 14 Pro­zent zu den Treib­haus­ga­sen ganz Deutsch­lands beiträgt. 

Treib­haus­ga­se: Zu gerin­ge Reduk­ti­ons­zie­le bis 2030

Da Deutsch­land zu den glo­ba­len Top-Ten-Treib­haus­gas­emit­ten­ten der Welt gehört, ver­ber­gen sich hin­ter die­sen Zah­len beacht­li­che Men­gen. Die 66 Mio. Ton­nen Koh­len­stoff­di­oxid-Äqui­va­len­te direk­ter Emis­sio­nen aus der Land­wirt­schaft ent­spre­chen bei­spiels­wei­se den gesam­ten Treib­haus­gas­emis­sio­nen von Irland. 

Die Land­wirt­schaft ist der Sek­tor, für den sich die Bun­des­re­gie­rung die gerings­ten 2030-Reduk­ti­ons­zie­le aller Sek­to­ren gesetzt hat. Ledig­lich eine Reduk­ti­on von maxi­mal 34 Pro­zent (gegen­über den Emis­sio­nen von 1990) sind ange­peilt. Alle ande­ren Sek­to­ren lie­gen über 40 Pro­zent. Denn  ins­ge­samt muss die Bun­des­re­gie­rung die im Pari­ser Kli­ma­ab­kom­men gesetz­ten Reduk­ti­ons­zie­le von 55 Pro­zent erreichen. 

Kli­ma­schutz: Land­wirt­schaft muss Bei­trag leisten

Dass die Land­wirt­schaft hier geschont wird, liegt wohl dar­an, dass Nah­rungs­mit­tel­pro­duk­ti­on nicht über­ge­bühr­lich belas­tet  wer­den soll. Nach dem Mot­to: „Aufs Auto­fah­ren kann ver­zich­tet wer­den. Aber Essen muss nun ein­mal jeder. “ 

Das mag ver­ständ­lich klin­gen, ist aber gelin­de gesagt ambi­ti­ons­los. Auch wird ver­ges­sen, dass die Land­wirt­schaft einen ent­schei­den­den Vor­teil hat, den vie­le ande­re Sek­to­ren nicht haben. Sie kann aktiv zum Kli­ma­schutz bei­tra­gen, indem Koh­len­di­oxid aus der Luft fest­ge­legt wird.

1. Koh­len­di­oxid-Emis­sio­nen stop­pen, Moor­bö­den schützen

Ent­wäs­ser­te und in land­wirt­schaft­li­cher Nut­zung befind­li­che Moor­bö­den sind ech­te CO2 Schleu­dern! Der über Jahr­tau­sen­de auf­ge­bau­te Torf wird rasant abge­baut. Obwohl sie nur rund acht Pro­zent der land­wirt­schaft­li­chen Flä­che aus­ma­chen, emit­tie­ren sie zwi­schen 30 und 40 Mio. Ton­nen Koh­len­di­oxid jedes Jahr. Der effek­tivs­te und ver­gleichs­wei­se ein­fachs­te Kli­ma­schutz ist es, die­se Emis­sio­nen zu stop­pen. Das geht (lei­der) nur über eine gänz­li­che Wie­der­vernäs­sung und somit Änderung/Einschränkung der land­wirt­schaft­li­chen Nutzung.

2. Methan: Fleisch­kon­sum sen­ken, Nutz­tier­zah­len reduzieren

Die Rinderzucht ist auch für Methan verantwortlich, einem extrem wirksamen Klimagas. © iStock Getty Images
Die Rin­der­zucht ist auch für Methan ver­ant­wort­lich, einem extrem wirk­sa­men Kli­ma­gas. © iStock Get­ty Images

Neben die­sem „ech­ten“ CO2 aus ehe­ma­li­gen Moor­bö­den ist Methan (CH4) ein eben­so gro­ßer Kli­ma­kil­ler in Deutsch­land. Methan ent­steht bei der Ver­dau­ung von Wie­der­käu­ern und dem Manage­ment von Wirt­schafts­dün­ger (Gül­le und Fest­mist). Gleich­zei­tig wirkt Methan etwa 25 mal kli­ma­schäd­li­cher als CO2. Wir leis­ten uns jähr­lich 33 Mio. CO2 Äqui­va­len­te in Form von Methan­emis­si­on aus der Land­wirt­schaft. Weni­ger ist momen­tan zügig und mit ein­fa­chen Mit­teln nur mög­lich, in dem wir Nutz­tier­zah­len reduzieren. 

Das heißt: Weni­ger Fleisch kon­su­mie­ren! Zu einer Hal­bie­rung unse­res momen­ta­nen Fleisch­kon­sums raten auch Ärz­te. Zudem ist zu dis­ku­tie­ren, wie viel Fleisch Deutsch­land für den rei­nen Export pro­du­zie­ren möch­te bzw. was unse­rer Umwelt zuge­mu­tet wer­den kann. Weni­ger Tie­re hie­ße hier auch weni­ger Import von nicht-nach­hal­tig pro­du­zier­tem Soja aus Süd­ame­ri­ka und dem zusätz­li­chen CO2-Fuß­ab­druck (und die bren­nen­den Wäl­der), den wir dort hinterlassen.

3. Über­dün­gung stop­pen: Nitrat und Lach­gas senken

Bei der Überdüngung mit Gülle entsteht unter anderem Lachgas. © iStock Getty Images
Bei der Über­dün­gung mit Gül­le ent­steht unter ande­rem Lach­gas. © iStock / Get­ty Images

Gül­le und Fest­mist ent­hal­ten unter ande­rem Stick­stoff. Gera­de des­halb wer­den sie als Wirt­schafts­dün­ger auf den Acker aus­ge­bracht. Das ist grund­sätz­lich gut, denn so wird dem Boden wie­der zuge­führt, was über die Pflan­zen und Ern­te vor­her ent­zo­gen wur­de. Aus dem Ruder läuft es, wenn zu vie­le Gül­le pro­du­ziert wird. Das ist eine direk­te Fol­ge der Tier­zah­len. Aus dem Stick­stoff wird unter ande­rem das Kli­ma­gas Lach­gas (N2O) und Nitrat (NO3), das ins Grund­was­ser sickern kann. Auch syn­the­tisch her­ge­stell­ter mine­ra­li­scher Stick­stoff­dün­ger ver­ur­sacht die­se „Ver­lus­te“. Das Treib­haus­po­ten­ti­al von Lach­gas ist fast 300-fach höher als CO2. Bereits klei­ne Men­gen haben also gro­ße Wir­kung. Wei­te­re 30 Mio. CO2-Äqui­va­len­te leis­ten wir uns in Form von Lach­gas in unse­rer inten­si­vier­ten Landwirtschaft.

Redu­zie­ren wir die Stick­stoff­men­gen, die wir in Form von Dün­ger aus­brin­gen, so redu­zie­ren sich auch – fast auto­ma­tisch – die­se Emis­sio­nen. Aber kön­nen wir uns das erlau­ben, ohne Flä­chen­er­trä­ge (und damit auch Gesamt­erträ­ge) zu schmä­lern und die Qua­li­tät unse­rer Anbau­früch­te zu gefähr­den? Die Ant­wort lau­tet: Das Pro­blem ist ein­fach lös­bar! Zum einen leis­ten wir uns momen­tan beacht­li­che Stick­stoff­über­schüs­se. Es wird sys­te­ma­tisch in Kauf genom­men, dass gro­ße Men­gen an Stick­stoff gar nicht von den Pflan­zen auf­ge­nom­men wer­den. Zum ande­ren las­sen sich über effi­zi­en­te­re Sor­ten und smar­te­re Anbau­sys­te­me (und Frucht­fol­gen) sol­che Ein­spa­run­gen ohne Ziel­kon­flik­te rea­li­sie­ren. Hier ist also “viel Luft nach oben”, im wahrs­ten Sin­ne des Wortes.

4. Humus: Gesun­de Böden för­dern Klimaschutz

Gesunde Böden speichern CO2, das aus der Luft über die Pflanzen aufgenommen wurde. Kohlenstoff. © iStock / Getty Images
Gesun­de Böden spei­chern CO2, das aus der Luft über die Pflan­zen auf­ge­nom­men wur­de. Koh­len­stoff. © iStock / Get­ty Images

Humus, d.h. die orga­ni­sche Sub­stanz im Boden, ent­hält viel Koh­len­stoff, der als CO2 von Pflan­zen aus der Luft auf­ge­nom­men wur­de. Unse­re land­wirt­schaft­li­chen Böden haben im Lau­fe von Jahr­hun­der­ten Humus ver­lo­ren. Man geht davon aus, dass Böden auch heu­te noch Koh­len­stoff in Form von CO2 ver­lie­ren. Aber mit geeig­ne­tem acker­bau­li­chem Manage­ment wäre es mög­lich, den Humus­ge­halt wie­der­auf­zu­bau­en. Die­se Koh­len­stoff­sen­ke “Boden” wäre für min­des­tens die nächs­ten 20 Jah­re eine Mög­lich­keit, jähr­lich rund 15 Mio. Ton­nen CO2 ein­zu­spa­ren. Fast neben­bei wür­den wir auch die Boden­frucht­bar­keit erhö­hen. Unse­re Land­wirt­schaft wäre so kli­ma­re­si­li­en­ter auf­ge­stellt. Denn humo­se Böden spei­chern mehr Was­ser und Nährstoffe.

Kli­ma­schutz: Deut­sche Land­wirt­schaft kein Exportschlager

Die­se vier Tipps fol­gen klas­si­schen Ansät­zen; ande­re Inno­va­tio­nen (Digi­ta­li­sie­rung, Fort­schrit­te in der Pflan­zen­züch­tung, effi­zi­en­te­re Kreis­lauf­wirt­schaft, etc.) sind hier noch gar nicht ange­dacht, und böten wei­te­re Ein­spar­po­ten­tia­le, wenn sinn­voll geför­dert und gesteuert.

Aber eins soll­te klar sein: Ohne die­se Trans­for­ma­ti­on der deut­schen Land­wirt­schaft ist sie lei­der momen­tan kein wirk­li­cher „Export­schla­ger“. Der Kli­ma­fuß­ab­druck unse­rer Land­wirt­schaft ist ein­fach zu hoch! 

Grü­ne Revo­lu­ti­on in Afrika?

Eine grü­ne Revo­lu­ti­on für Afri­ka, nach dem Vor­bild der land­wirt­schaft­li­chen Inten­si­vie­rung in Asi­en in den 1970ern (soll hei­ßen, in Grund­zü­gen der Land­wirt­schaft wie ich sie oben skiz­ziert habe), und so wie sie noch immer von eini­gen Akteu­ren in der Ent­wick­lungs­zu­sam­men­ar­beit mit Nach­druck gefor­dert und geför­dert wird, wür­de nicht nur bedeu­ten, dass afri­ka­ni­sche Län­der die glei­chen Feh­ler machen wie wir – wir hät­ten also offen­sicht­lich nichts gelernt. Dar­über hin­aus wür­den wir auch die Erd­er­hit­zung zusätz­lich befeu­ern. Das darf nicht unser Ziel sein! 

Rech­nen Sie es sich selbst aus: wenn 16,7 Mio. Hekt­ar unter Land­wirt­schaft in Deutsch­land 66 Mio. Ton­nen CO2 emit­tie­ren (≈ 4 t CO2 pro Hekt­ar), wie vie­le Ton­nen wären dies bei einer ana­log inten­si­vier­ten Land­wirt­schaft in Afri­ka süd­lich der Saha­ra auf 1025 Mio. Hekt­ar land­wirt­schaft­li­cher Fläche?

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3 Kommentare

  1. Tobias Müller
    7. Mai 2020
    Antworten

    Vie­len Dank für den Bei­trag zum Kli­ma­schutz in der Land­wirt­schaft. Mein Onkel führt ein Land­wirt­schafts­un­ter­neh­men und es wird viel unter­nom­men, um die Pro­zes­se umwelt­freund­li­cher zu gestal­ten. Gut zu wis­sen, das Über­dün­gung dazu füh­ren kann, dass Nitrat und Lach­gas ins Grund­was­ser gelan­gen kön­nen, da die gro­ßen Men­gen nicht von den Pflan­zen auf­ge­nom­men wer­den können.

  2. Franz Miller
    1. Juli 2020
    Antworten

    Gut zu wis­sen, dass die deut­sche Land­wirt­schaft sich wirk­lich sehen kann, wenn es um Pro­duk­ti­vi­tät und Effi­zi­enz geht. Ich dach­te nicht, dass in kaum einem Land sol­che Getrei­de-Hekt­ar­er­trä­ge erzielt wer­den. Da ist es ja kein Wun­der, dass der Land­wirt­schafts­han­del boomt.

  3. Lena Moosfeld
    31. August 2020
    Antworten

    Dan­ke, dass Sie neben den Moor­bö­den auch auf die Nutz­tier­hal­tung ein­ge­hen. Um die Kli­ma­zie­le ein­zu­hal­ten, muss an allen Schrau­ben gedreht wer­den. Torf­ab­bau muss sinn­voll geplant sein und die Anzahl der Nutz­tie­re redu­ziert wer­den. Das Treib­haus­po­ten­ti­al von Lach­gas war mir vor­her in dem Aus­maß gar nichts bekannt.

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