Kli­ma­kri­se im Wahl­kampf: Jetzt mal ehrlich!

Klartext: Die Autorin mit Robert Habeck © WWF

Soll­te sich hier jemand fin­den, der zu wirk­lich allen Bun­des­tags­wahl-Talks ein­ge­schal­tet hat: Kom­pli­ment. Denn es waren vie­le. One-on-ones, Tri­el­le, gro­ße Run­den: Es kann sich nun wirk­lich nie­mand bekla­gen, dass die Kandidat:innen für die Bun­des­tags­wahl nicht aus­rei­chend auf den Prüf­stand kamen. Oder doch?

In man­cher Hin­sicht schon. Denn beim The­ma Kli­ma­kri­se – eines der drän­gends­ten The­men unse­rer Zeit – gin­gen die Debat­ten oft am eigent­li­chen Punkt vor­bei. Und der ist, das möch­ten wir nach den vie­len Debat­ten kurz vor der Wahl am 26.9. nun ein für alle Mal deut­lich sagen: Die Kli­ma­kri­se kos­tet unfass­bar viel Geld. Sie sorgt für immense sozia­le Schief­la­gen. Sie beraubt uns unse­rer Frei­heit. Das gilt umso mehr für unse­re Kin­der und Enkel.

Kli­ma­schutz dage­gen ist die preis­wer­te­re Lösung. Die sozia­le Lösung. Die frei­heit­li­che Lösung.

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In den Gesprä­chen schien hin­ge­gen oft­mals der Kli­ma­schutz das Pro­blem zu sein, das Kos­ten ver­ur­sacht. Die Kli­ma­kri­se und ihre Fol­gen wur­den dahin­ter aus­ge­blen­det. Was für eine ver­kehr­te Welt. Wie hei­kel, kurz vor so einer wich­ti­gen Wahl.

Ja, der Umbau kos­tet Geld

Die Wahr­heit ist – und es bringt nichts, drum her­um zu reden oder gar etwas ver­schlei­ern zu wol­len, die Bürger:innen kom­men schon mit der Wahr­heit zurecht – nein, sie haben sogar ein Recht dar­auf: Der Umbau hin zu einer kli­ma­freund­li­chen Wirt­schaft wird Geld kos­ten. Er wird man­che Jobs über­flüs­sig machen. Er wird auch ord­nungs­recht­li­che Maß­nah­men benö­ti­gen (Ach­tung, Verbote!).

Der Nicht-Umbau kos­tet uns fast alles

Aber: Der Nicht-Umbau – und er ist gleich­be­deu­tend damit, die Kli­ma­kri­se wei­ter anzu­hei­zen – wird uns fast alles kos­ten. Da reden wir nicht mehr nur über Mil­li­ar­den Euro und Jobs. Son­dern auch über unse­re Gesund­heit. Über unser Leben, das unse­rer Kin­der. Bei der Flut­ka­ta­stro­phe die­sen Som­mer haben mehr als 180 Men­schen ihr Leben ver­lo­ren. Hit­ze und Dür­ren belas­ten unser Wohl­erge­hen, die Lebens­mit­tel- und Was­ser­ver­sor­gung. Die Über­le­bens­fä­hig­keit von Landwirt:innen.

Der Umbau eröff­net Chancen

Mit ihm geben wir Geld nicht für die Scha­dens­be­gren­zung aus, wie nach dem Hoch­was­ser. Wir bau­en Zukunfts­märk­te. För­dern Inno­va­tio­nen und sozia­le Gerech­tig­keit. Und sichern Frei­hei­ten für unse­re Kinder.

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Ein­mal auf die Zah­len geschaut: Für den kli­ma­freund­li­chen Umbau unse­rer Wirt­schaft ver­an­schlagt das Bera­tungs­un­ter­neh­men McK­in­sey Inves­ti­tio­nen in Höhe von 240 Mil­li­ar­den Euro bis 2045. Dann ist der Umbau qua­si fertig.

Dage­gen gerech­net: Eine Ton­ne CO2 ver­ur­sacht laut Umwelt­bun­des­amt Umwelt­schä­den in Höhe von 195 Euro. Und das ist eine kon­ser­va­ti­ve Annah­me. Groß­bri­tan­ni­en geht seit kur­zem von Kos­ten in Höhe von 300 Euro pro Ton­ne CO2 aus, wenn es Pro­jek­te bewer­ten und Ent­schei­dun­gen tref­fen muss. Deutsch­land hat 2020 739 Mil­lio­nen Ton­nen CO2-Äqui­va­len­te aus­ge­sto­ßen. Macht für das Jahr rund 222 Mil­li­ar­den Euro und ein paar Zerquetschte.

Ja, auf den ers­ten Blick ein paar Mil­li­ar­den weni­ger. Aber fol­gen­des gilt es zu beachten.

  1. 2020 lagen die Emis­sio­nen auf­grund der Pan­de­mie nied­ri­ger als erwar­tet, 2021 sind die Zah­len schon wie­der rasant angestiegen.
  2. Die Fol­gen der Kli­ma­kri­se ver­schlim­mern sich, wenn nicht aus­rei­chend dage­gen unter­nom­men wird. Dann gibt es Extrem­wet­ter­er­eig­nis­se wie das „Jahr­hun­dert­hoch­was­ser“ mit Schä­den von rund 5,5 Mil­li­ar­den Euro allein für ver­si­cher­tes Eigen­tum längst nicht mehr nur ein­mal im Jahrhundert.
  3. Gar nicht ein­ge­rech­net, weil extrem schwie­rig: Kipp­punk­te. Was pas­siert, wenn zu viel Glet­scher­eis schmilzt und Dyna­mi­ken in Gang kom­men, die nicht mehr auf­zu­hal­ten sind?

Die­se Kos­ten fal­len außer­dem auf ewig an. Das macht die Rech­nung doch ein­fach. Neh­men wir jetzt Geld in die Hand, um eine lebens­wer­te Zukunft zu schaf­fen? Oder geben wir das Geld nur reak­tiv aus, um die Schä­den der Kli­ma­kri­se zu bezahlen?

Glei­ches gilt für die Frei­heits­de­bat­te. Wel­che Frei­heit bean­spru­che ich, wenn ich mit mei­nem SUV mit 200 km/h über die Auto­bah­nen rase, wenn mei­ne Kin­der dafür in ihren Mög­lich­kei­ten extrem ein­ge­schränkt sein wer­den – wo sie woh­nen kön­nen, mit wel­chen Krank­hei­ten sie leben müs­sen? Was mute ich ihnen damit zu?

Deutsch­lands Rol­le in der Welt wur­de GAR NICHT  thematisiert.

Was für eine Leer­stel­le auch in Bezug auf die Kli­ma­kri­se. Deren glo­ba­le und außen­po­li­ti­sche Dimen­si­on kam eben­so wenig vor in den Debat­ten wie die abso­lut zen­tra­le Rol­le der EU für kli­ma­po­li­ti­schen Fort­schritt. Und die in der Ver­gan­gen­heit oft man­gel­haft wahr­ge­nom­me­ne deut­sche Ver­ant­wor­tung dafür.

Was über­haupt fehlt in der deut­schen Debat­te und der euro­päi­schen: ein ehr­li­cher und empowern­der Blick auf den rei­chen Erfah­rungs­schatz mit wirt­schaft­li­cher, gesell­schaft­li­cher und poli­ti­scher Trans­for­ma­ti­on, den der Osten die­ses Lan­des und des gan­zen Kon­ti­nents zu bie­ten hat. Dar­aus lohnt es sich zu lernen.

Bit­te ehrlich!

Wel­che Par­tei will was?

Es wäre wün­schens­wert gewe­sen, wenn die­se Debat­ten im Wahl­kampf ehr­li­cher geführt wor­den wären. Apro­pos ehr­lich: Wir vom WWF haben die Wahl­pro­gram­me der demo­kra­ti­schen Par­tei­en im Bun­des­tag übri­gens ein­mal genau unter die Lupe genom­men – für die Ent­schei­dung am Sonn­tag noch eine klei­ne Hil­fe: unser WWF Wahlcheck.

Und wer noch mehr Hil­fe bei der Ent­schei­dung braucht und noch nicht genug von den TV-Debat­ten hat, dem legen wir die WWF­t­hinks sehr ans Herz.

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Leiterin Klimaschutz und Energiepolitik beim WWF Deutschland und damit beschäftigte mit alle (oder doch zumindest vielen) Fragen rund um Klima und Energie. Und obwohl ich seit Jahren nicht mehr aktiv dazu arbeite, hängt mein Herz an einer neuen Mobilitätswelt. Es braucht nicht mehr als täglich mit dem Fahrrad zur Arbeit zu fahren um daran erinnert zu werden, wieviel Arbeit das noch ist.

Kommentare (2)

  • Sehr geehrte Frau Viviane Raddatz,

    In meinem Anliegen geht es nicht um Fahrräder, sondern um die Reduzieren von LKW-transporten. Obwohl ich meine Idee mit Videos in diesen Kommentaren schon öfters vorgestellt habe, wurden sie noch nie gesendet. Woran liegt das? Muss man
    Politiker, Wissenschaftler oder Professor sein damit man bei ihnen Gehör findet. Als ehemaliger Transportunternehmer ( Mann aus der Praxis ) weiss ich, wovon ich spreche und wie man täglich einige hundert LKW-Fahrten einsparen kann. Das wäre dann ein richtige wirkungsvoller Beitrag zur Verkehrswende mit enormen Einsparungen von Klimagasen. Zumal die Sache mit wenig Kosten verbunden wäre.

    Mit freundlichem Gruß
    Ewald Wagner

    Erfinder des ZEL-Systems. Mit einem EU-Patent abgesichert.

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