Den Input gibt es jetzt schon länger: Der Sustainable-Finance-Beirat aus Vertreter:innen von Wirtschaft, Wissenschaft, Finanzsystem und Zivilgesellschaft wurde von der Bundesregierung 2019 eingesetzt. Er legte Anfang 2021 31 Empfehlungen vor. Konkrete Politik entstand daraus bisher nicht in dem Maß, wie durch den Beirat empfohlen.
Deswegen legen wir jetzt nach. Zusammen mit Bürgerbewegung Finanzwende haben wir durch die Kanzlei BBH ein Rechtsgutachten zu wichtigen Handlungsfeldern erarbeiten lassen. Es gibt der aktuellen, aber noch viel mehr der zukünftigen Bundesregierung klare und rechtlich eingeordnete Umsetzungsoptionen an die Hand. Auf 62 Seiten wird sehr deutlich, wo welche nächsten Schritte anstehen.
Von Empfehlungen zu Gesetzen: So geht es
So gelingt die Übersetzung der Beiratsempfehlungen in konkrete und rechtliche abgestützte Anpassung der Regulierung. Die Sustainable-Finance-Strategie der Bundesregierung bleibt Umsetzungsvorschläge in vielen Fällen schuldig. Es fehlt an dem erforderlichen Detailgrad, um die Erwartung gerade auch der Akteure in den Märkten glaubwürdig zu steuern. Ohne Umsetzung der Absichten in klar kommunizierte Pläne wird Deutschland dem selbst-gesteckten Ziel, führender Standort für Sustainable Finance zu werden, noch immer nicht näherkommen, etwa im Vergleich zu Frankreich und den Niederlanden.
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Daten sind Grundlage dafür, damit Kapital systematisch und zielgerichtet in nachhaltige Transformation fließt. Dafür braucht es eine Verbesserung der Transparenz- und Offenlegungspflichten in der Unternehmensberichterstattung. Das Gutachten zeigt, wie die Politik die Regelungen im Handelsgesetzbuch “minimal-invasiv” so anpassen kann, dass Klima- und Nachhaltigkeitsrisiken und ‑auswirkungen wirtschaftlicher Tätigkeiten bei Investitionen berücksichtigt werden können. Nachhaltigkeitsberichterstattung muss gesetzlich verbindlich für alle relevanten Unternehmen werden — und damit letztlich zu einem festen Teil der Finanzberichterstattung.
Akteure auf dem Finanzmarkt brauchen Informationen
Wie wichtig entscheidungsrelevante Informationen sind, zeigt deutlich der Gebäudebereich. Der Sektor ist in Deutschland, direkt und indirekt, für etwa 30–40 Prozent der Treibhausgasemissionen verantwortlich — und damit enorm wichtig für das Einhalten der Klimabeiträge Deutschlands. Er ist so wichtig, weil er uns alle betrifft, so umfänglich und kleinteilig ist, und weil nur wenige Maßnahmen in Gebäuden wirklich sinnvoll durchgeführt werden sollten. Um die Anforderungen des Pariser Abkommens zu erfüllen muss also auch der Gebäudestand klimaneutral werden.
Banken, Investoren und der öffentlichen Hand fehlen für die eigenen Gebäude allerdings fast überall zentrale Informationen über den tatsächlichen Zustand großer Teile des Gebäudebestands. Und damit grundlegende Elemente zur robusten Einschätzung von Risiken, beispielsweise in Immobilienkreditportfolios. Es liegen auch praktisch keine Kenntnis zu Investitions- oder Finanzierungsbedarfen vor, die in Angebote, Programme oder umsetzbare Lösungen überführt werden kann.
Eine zukunftsfähige Klima-Finanzpolitik muss Energie- und Klimakriterien systematisch für Entscheidungen verfügbar machen. Und diese dann in die Kapitalvergabeentscheidungen integrieren. Dafür brauchen wir im Gebäudebereich ein zentrales Energiedatenregister. Alle klima- und energierelevante Gebäudedaten werden darin erfasst und verfügbar gemacht. So können Einflüsse auf die Wertentwicklung und Sanierungsanforderungen angesichts der zunehmenden Risiken durch die Klimakrise einschätzbar werden – und Angebote zur Verbesserung der Gebäude erarbeitet, angeboten und abgerufen werden.
Staat muss Vorbild sein
Etwa über Sparkassen und Landesbanken ist die öffentliche Hand selbst als Finanzmarktakteur tätig. Seiner Vorbildfunktion für ambitionierte Klima-Finanzpolitik kommt der Staat gerade in diesem Feld der aktiven Ausübung zu oft nicht nach. Sparkassen sind öffentlich-rechtliche Institute und müssen sich per einem von 16 länderspezifischen Sparkassengesetzen am Gemeinwohl orientieren. Die Ziele des Pariser Klimaabkommens und den UN-Zielen zur nachhaltigen Entwicklung (SDG) haben die Sparkassen noch nicht zur Richtschnur ihrer Tätigkeit gemacht. Und das auch, weil die eindeutige Definition in den Sparkassengesetzen bislang nicht geleistet wurde. Im Gutachten sind deswegen zentrale Ausgangspunkte formuliert, um etwa über das Beispiel des Sparkassengesetzes in Baden-Württemberg das 1,5‑Grad-Limit in die Geschäftstätigkeit zu integrieren.
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Auch die bundeseigenen Anlagen in Sondervermögen der öffentlichen Hand, etwa für die Pensionen der Staatsangestellten, müssen angemessener und kohärent in Einklang mit den Klima- und Nachhaltigkeitszielen angelegt werden. Am Beispiel eines Sondervermögens der Altersversorgung zeigt das Gutachten, wie diese Sondervermögen am 1,5‑Grad-Limit ausgerichtet aktiv gesteuert werden können.
Eine Umsetzungsplattform, die durch Zielsetzungen und Selbstverpflichtungen die Transformation der realen Welt in der Kapitalanlage unterstützt, ist die UN-Net Zero Asset Owner Alliance (UN AOA). Mit dem Beitritt der Sondervermögen würde die öffentliche Hand ein wichtiges Signal setzen. Die rechtliche Einschätzung hierzu findet sich im Gutachten. Fünf deutsche institutionelle Investoren sind bereits Mitglied der UN AOA. Darunter ist der Fonds zur Finanzierung der kerntechnischen Entsorgung KENFO — als öffentlicher Akteur und möglichem Vorbild.
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