Der Adler hatte Jagdmunition mit der Nahrung aufgenommen – kein Einzelfall
Der Weihnachtschmaus war dem alten Seeadler gar nicht bekommen. Die Greifvögel fressen nicht nur Fische und Wasseervögel, wenn der Magen knurrt, sagen sie auch zu Aas nicht nein. Genau das wäre auch unserem Adler beinahe zum Verhängnis geworden. Er hatte sich an dem Gekröse von erlegtem Wild gütlich getan. Weil es in vielen Bundesländern noch immer erlaubt ist, mit bleihaltiger Munition zu jagen, schlug sich der Greifvogel den Bauch aber nicht nur mit Wildbret voll, sondern schluckte nebenbei winzige Bleisplitter. Das wäre fast seine Henkersmahlzeit geworden. Schon winzige Krümmel des Schwermetalls genügen, um schwere zentralnervöse Störungen auszulösen und Organe zu zerstören.
Allein in Mecklenburg-Vorpommern starben in den vergangen Jahren mehr als 90 Tiere einen qualvollen Gifttod.
Ein Facebook-Post verhinderte das Einschläfern
So wäre es auch unserem Seeadler ergangen. Aber der hatte Glück im Unglück. Spaziergänger fanden das todgeweihte Tier, hüllten es in eine Decke und brachten es in den Zoo Schwerin. Außerdem machten sie Fotos und posteten sie über Facebook. Genau dieser Post rettet dem Tier vermutlich das Leben, denn so bekam mein Kollege Thomas Neumann, der seit 50 Jahren für den Schutz von Adlern kämpft, Wind von der Geschichte. Er wurde von einem ehemaligem WWF-Zivildienstleistenden informiert und ging der Sache nach.
Die Kollegen von der WWF-Seeadlerstation in Mölln sahen sich das Tier genauer an und erkannten einen alten Bekannten. Der Seeadler war 1991 als Jungvogel in einem Horst bei Plön von Naturschützern beringt worden. Er war inzwischen in die Jahre gekommen, hätte aber durchaus noch fünf bis zehn Jahre vor sich haben können. Danach sah es allerdings zunächst nicht aus. Die Naturschützer standen vor der Entscheidung: Einschläfern oder noch einen Therapieversuch mit ungewissem Ausgang starten. Man entschied sich für letzteres und brachte den Adler in die Kleintierklinik der FU Berlin, die viel Erfahrung mit der Behandlung vergifteter Vögel hat. Dennoch waren die Überlebenschancen für den alten Vogel mäßig.
Doch der Adler biss sich dank der Spezialtherapie der Berliner Tierärzte durch. Nach der erfolgreichen Entgiftung kam er zur Kur in den Wildpark Eekholt nach Schleswig-Holstein, wo man ihn aufpäppelte und er erst einmal wieder fliegen lernen musste. Vier Wochen später war es so weit.
Unsere Forderung: Jagd mit bleihaltiger Munition verbieten!
An einem kalten Morgen Ende Februar ging es ab in die Freiheit – rechtzeitig zum Beginn der Brutzeit. Hier ist er vor giftiger Nahrung erst einmal sicher. Doch die toxische Gefahr besteht weiter. Schleswig Holstein hat als erstes Bundesland hat die Jagd mit bleihaltiger Munition inzwischen verboten. Wir fordern schon lange, dass die anderen Länder folgen müssen. Die Zeit ist überreif. Blei ist nicht nur bei Seeadlern eine der häufigsten Todesursachen. Das Schwermetall hat in der Umwelt nichts zu suchen. Nicht ohne Grund wird Schwangeren vom Verzehr von Wildgerichten abgeraten. Trotzdem tun sich Länder wie Mecklenburg-Vorpommern, wo inzwischen wieder 220 Seeadler brüten schwer mit einem Verbot. Auf den Landflächen ist auch hier Bleimunition tabu, aber der Großteil der Ländereien ist eben in privater Hand.
https://youtube.com/watch?v=YRtcVludvSM
Was Du tun kannst:
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