Gold­scha­kal in Deutschland

Zuwanderer: Der Goldschakal © Ola Jennersten-WWF-Schweden

Den ers­ten Beweis gab es vor mehr als 20 Jah­ren: Seit­dem huscht der Gold­scha­kal immer wie­der mal auf Auf­nah­men von Foto­fal­len. Bei Frei­sing wur­de 2017 ein Gold­scha­kal tot­ge­fah­ren. Inzwi­schen wur­den die Tie­re auch spo­ra­disch in Hes­sen, Nie­der­sach­sen, Schles­wig-Hol­stein, Bran­den­burg und Vor­pom­mern nachgewiesen.

Gold­scha­ka­le zie­hen aber nicht mehr nur ver­ein­zelt durch, inzwi­schen ver­meh­ren sie sich auch in Deutsch­land. In Baden-Würt­tem­berg ist gera­de erst­mals Nach­wuchs bei Gold­scha­ka­len in Deutsch­land nach­ge­wie­sen wor­den. Eine gene­ti­sche Unter­su­chung von Kot­pro­ben hat laut Anga­ben des Lan­des­um­welt­mi­nis­te­ri­ums von Novem­ber 2021 erge­ben, dass es eine Fami­li­en­grup­pe mit einem Vater und min­des­tens zwei Wel­pen gebe. Schon im Okto­ber hat­te eine Wild­ka­me­ra der Forst­li­chen Ver­suchs- und For­schungs­an­stalt im Schwarz­wald-Baar-Kreis einen Wel­pen aufgenommen.

Da die Tie­re im April und Mai vier bis fünf Wel­pen gebä­ren, gehe ich davon aus, dass es wei­te­re Tie­re gibt.

Was Gold­scha­ka­le von Wöl­fen unterscheidet

Die ver­ein­zel­ten Gold­scha­ka­le sind Boten einer enor­men Expan­si­on. Euro­pa­weit gibt es laut Welt­na­tur­schutz­uni­on (IUCN) inzwi­schen 117.000 Gold­scha­ka­le, sie­ben­mal mehr als die 17.000 Wöl­fe. Der Gold­scha­kal ist jetzt neben dem Wolf der zwei­te Ver­tre­ter der Gat­tung Canis in Euro­pa. Auf den ers­ten Blick könn­te man sie auch ver­wech­seln. Der Gold­scha­kal sieht mit sei­nem gelb­lich grau­en und dun­kel gescheck­ten Fell sowie sei­ner auf­fäl­lig wei­ßen Zeich­nung am Hals dem Wolf durch­aus ähn­lich. Gold­scha­ka­le sind aber deut­lich klei­ner, etwas grö­ßer als ein Fuchs.

War­um nicht auch mal Fisch? © Cris­ti­an Remus Papp/WWF RO.

Die ursprüng­li­che Hei­mat des Scha­kals reicht von Indi­en bis in die Tür­kei. Vom Bal­kan aus wei­tet er sein Sied­lungs­ge­biet nun bis nach Mit­tel­eu­ro­pa aus. Auf natür­li­che Wei­se. In allen Län­der sind sie stets von allein ein­ge­wan­dert — und nicht ange­sie­delt worden.

Wo Gold­scha­ka­le einwandern

Fach­leu­te rät­seln, wie sich ein mit­tel­gro­ßes Raub­tier wie der Scha­kal in Euro­pa fast unbe­merkt aus­brei­ten konn­te. Ich bin mir sicher, dass es mit sei­nem gro­ßen Ver­wand­ten zu erklä­ren ist. Wo Wöl­fe feh­len wan­dern Scha­ka­le ein. Gold­scha­ka­le mei­den Regio­nen, in denen der stär­ke­re Wolf sich bereits ange­sie­delt hat. Frag­los hat die jahrzehnte‑, oft jahr­hun­der­te­lan­ge Abwe­sen­heit des Wol­fes den Scha­ka­len gehol­fen ihre Lebens­räu­me zu vergrößern.

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Zugu­te kom­men den Gold­scha­ka­len aber sicher auch die wär­me­ren Tem­pe­ra­tu­ren durch den Kli­ma­wan­del. Schnee, Eis und Käl­te mei­den die Tie­re, wes­halb sie in den Alpen nicht zu fin­den sind. Gold­scha­ka­le bevor­zu­gen lich­te Wäl­der, Feucht­ge­bie­te und Gestrüpp. Dich­te Wäl­der mag er eben so wenig wie deckungs­lo­se Flächen.

Erfolg­rei­cher Zuwan­de­rer: Gold­scha­kal in Euro­pa © Ola Jen­ners­ten / WWF-Schweden

Was Scha­ka­le fressen

Scha­ka­le sind anpas­sungs­fä­hi­ge Oppor­tu­nis­ten und kom­men mit dem Nach­barn Mensch gut aus. Ihr Tisch ist reich gedeckt: Sie fres­sen Frö­sche, Eidech­sen, klei­ne Säu­ge­tie­re wie etwa Mäu­se, boden­brü­ten­de Vögel, Aas und auch Insek­ten. Auch Pflan­zen ste­hen sai­son­ab­hän­gig auf dem Spei­se­plan. In man­chen Gegen­den zeig­ten Unter­su­chun­gen von Magen­in­hal­ten gar bis zu 90 Pro­zent vege­ta­ri­sche Kost. Grö­ße­re Beu­te­tie­re wer­den zusam­men mit dem Part­ner oder im Rudel gejagt. In sel­te­nen Aus­nah­men trau­en sie sich auch an Scha­fe her­an. Im März 2017 wur­den in Schles­wig-Hol­stein drei Scha­fe von einem Scha­kal ver­letzt. In die­sem Fall konn­te der Hal­ter der Scha­fe wie auch bei einem Wolfs­riss Ent­schä­di­gung beantragen.

Was die Ein­wan­de­rung der Scha­ka­le bedeutet

Die öko­lo­gi­schen Fol­gen der enor­men Expan­si­on der Scha­ka­le sind noch schwer zu beur­tei­len. Ver­schie­ben sie lokal die Räu­ber-Beu­te-Ver­hält­nis­se? Bis­her sind in Deutsch­land ja ledig­lich ein­zel­ne Tie­re auf­ge­taucht. Schlüs­se über sei­nen Ein­fluss auf hei­mi­sche Tier­ar­ten kön­nen wir nicht zie­hen. Wo er sich bis­her ange­sie­delt hat, nimmt der Gold­scha­kal eine ähn­li­che öko­lo­gi­sche Rol­le ein wie der Fuchs. Rot­fuchs und Gold­scha­kal ste­hen damit aber nicht auto­ma­tisch in direk­ter Kon­kur­renz. In eini­gen Regio­nen ließ sich ein leich­ter Rück­gang der Fuchs­po­pu­la­ti­on fest­stel­len, im Kern­ver­brei­tungs­ge­biet Bul­ga­ri­en ist das aber nicht der Fall.

Aber ob es dazu kommt und sich der Scha­kal auch in Deutsch­land fest ansie­delt und Rudel bil­det, kann noch nie­mand sagen. Viel dage­gen spricht nicht – außer der zuneh­men­den Prä­senz des Wolfs.

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Wildnis und Wildtiere – bei mir dreht sich alles um diese beiden Themen: ob in der Freizeit in Wald und Wiese, im Urlaub in Dschungel und Savanne oder im Arbeitsalltag durch Management und Meetings. Nach meinem Studium mit Spezialisierung in Wildtier- und Schutzgebietsmanagement (M.Sc.) und einem Praxisjahr in Afrika und Kanada, darf ich mich nun beim WWF als Referentin für den Schutz von Wildnis und Wildtieren einsetzen.

Kommentare (4)

  • Wir sind zu viele Menschen auf der Welt. Stoppt die Vermehrung , damit Natur und Tiere auch existieren können.

  • Toller Beitrag! Es ist faszinierend wie in der Natur immerwieder Defizite und Ungleichgewichte, die wir erzeugen, ausgeglichen werden.
    Es ist so wichtig, die Bewusstheit über und das Wunder der (noch) vorhandenen Heilungskräfte der Natur bei uns allen zu stärken und mehr Menschen, egal in welcher Position, zu vermitteln.
    Danke an Euch WWF-Pioniere.

  • Hallo Nina Gandl,
    der Beitrag über den Goldschakal ist schon sehr interessant aber es wird wohl eher bei Einzelbeobachtungen von Goldschakalen bleiben hier in Deutschland. Teilweise sind es sogar Zoo- und Wildgehege-Flüchtlinge, die hier in Deutschland immer wieder vereinzelt auftauchen. Ob sich mittel- oder langfristig eine Goldschakal-Population etablieren wird in Deutschland wird wohl stark davon abhängig sein, wie gross die Einflüsse die Wolfspopulation auf Goldschakale haben wird. Siehe Beispiele von Grauwölfen in Amerika auf die Coyotenpopultation, die teilweise mehr als 50% eingebrochen sind nachdem der Grauwolf in diese Revieren etabliert hat.

  • Hallo Frau Gandl,

    am 3. Mai habe ich gegen 19:30 Uhr einen Goldschakal in meinem Garten am südlichen Stadtrand von Potsdam gesehen. Das Tier querte das Grundstück im Trab, stoppte kurz vor dem Zaum zum Nachbargrundstück, sprang aus dem Stand sehr elegant über den ca. 1,50 m hohen Zaun und war verschwunden. Das Tier war eindeutig als Schakal zu bestimmen. Für Rückfragen stehe ich gerne zur Verfügung, eine Meldung an die untere Naturschutzbehörde habe ich bereits gemacht.
    Mit bestem Gruß
    Wolfgang Crom

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