In weiten Teilen Nord- und Ostdeutschlands geht die Panik um bei den Landwirten. Eine ungeahnte Mäuseplage ist ausgebrochen. Mäuse haben mancherorts die Hälfte der Getreide-Ernte aufgefressen. Was kann man tun? Die Landwirte streuen Gift , das auch Hamster und andere Säuger trifft. Das gehört dringend verboten. Schuld ist vor allem die völlig verfehlte Agrarpolitik.
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Bestimmt habt Ihr schon mal im Garten oder draußen auf dem Feld eine Maus gesehen. Und wer erinnert sich nicht aus seiner Kindheit an den Mäuserich Frederick? Während die anderen Mäuse fleißig Kornvorräte für den kalten und kargen Winter eintragen, sammelt Frederick in Gedanken die Sonnenstrahlen, um seinen Freunden in der grauen Jahreszeit davon zu erzählen. Und diese Erzählungen tragen sie durch die dunklen Tage.
Warme Winter, viele Mäuse
Die Wirklichkeit ist leider weniger romantisch. Wenn die Winter mild sind – und das werden sie wegen der Erderhitzung immer öfter – überleben immer mehr Mäuse. Der Monitoringbericht der Bundesregierung stellt fest, dass die Anzahl heißer Tage seit 1951 um 170 Prozent zu‑, die Anzahl der Eistage um 40 Prozent abgenommen hat. Schön für die Mäuse. Schlecht für die Bauern. Und für uns, die Konsumenten. Weil an gutem Futter auf den gepflegten Feldern meist kein Mangel ist, vermehren sich die Mäuse schnell.
Schlechte Agrar-Politik befeuert die Mäuseplage
Alle paar Jahre kommt es so zu einer „Mäuseplage“, wie in diesem Jahr. Was ist zu tun? In einer Landschaft mit vielen Hecken und Feldgehölzen, mit Waldinseln und anderen „Strukturen“ würden sich auch die Feinde der Mäuse wohlfühlen: Mäusebussarde, Eulen, Füchse usw. Mäuse gelten bei vielen kleineren fleischfressenden Tieren als leicht zu fangende und nahrhafte Speise. Doch diese natürlichen Feinde sind auch immer seltener geworden. So sind Massenvermehrungen von „Schädlingen“ auch die Folge einer völlig verfehlten Agrarpolitik. Wir brauchen dringend Agrarprogramme, die gezielt Strukturen und Biotop-Verbindungselemente in der ausgeräumten Agrarlandschaft fördern!
Gift gegen die Mäuseplage wird erlaubt — das ist gefährlich!
Reflexartig rufen die Bauernverbände nach der Giftkeule. Mittel, die längst verboten sind, sollen als Notfallmittel zugelassen werden. Und meistens knickt das zuständige Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit schnell ein – so auch in diesem Jahr. Das kann man einfach so auf dem Acker verstreuen oder gezielt in die Mäusebauten einbringen. Bei der Methode der offenen Ausbringung besteht die Gefahr, dass die Köder mit dem Gift Chlorphacinon auch von anderen Tieren aufgenommen werden. Dies ist angesichts des herbstlichen Vogelzugs bei Großvögeln wie Kranichen, Gänsen oder Schwarzmilanen besonders risikoreich. Indirekt kann es über die Nahrungskette zu tödlichen „Zwangsbehandlungen“ kommen. Auch die Gefahr für Greifvögel ist nicht zu unterschätzen, da auch vergiftete Mäuse zum Nahrungsspektrum zahlreicher Greife wie Mäusebussard und Rotmilan gehören. Durch den unsachgemäßen Umgang mit Nagergiften, so genannten Rodentiziden, in der Landwirtschaft können Wildvögel qualvoll verenden. Chlorphacinon hemmt die Blutgerinnung.
Todesurteil für Feldhamster
Doch auch weitere, sehr seltene Arten sind stark betroffen. Mäuse und der in der ganzen EU extrem seltene Feldhamster teilen sich denselben Lebensraum – Ackerflächen. Und so werden sie vom ausgebrachten Nagergift ebenfalls getötet. Das Mindeste wäre, wenigstens dort keine Gifte zu streuen, wo man Hamster vermutet. Doch nicht einmal dazu konnten sich die zuständigen Stellen durchringen. Es soll jetzt genügen, wenn in Hamstergebieten die letzten passt Jahre keine mehr gesehen wurden, dann darf man den eventuell Verbliebenen mit Gifte den Garaus machen, denn sie sind ja sowieso schon fort. Eine perfide Logik.
Jetzt die Petition gegen die Entwaldung unterschreiben! Danke!
Was Ihr tun könnt?
Protestieren: bei Frau Klöckner und den Landwirtschaftsministern der betroffenen Länder. Kauft nur Bio, da wird garantiert kein Gift verwendet. Und unterstützt uns weiter dabei, eine andere, naturfreundliche Agrarpolitik in der EU herbeizuführen. Da haben wir noch ganz schön dicke Bretter zu bohren.
Umwelt, Klimaschutz und Tierschutz müssen uns wichtig sein.
Der Feldhamster gehört zu den besonders geschützten Tierarten. Deshalb frage ich mich, wieso der WWF nicht Beschwerde bei der EU-Kommission gegen den Mäusegifteinsatz einreicht. Das sollte doch die logische Konsequenz aus dem Bericht sein. Nur über die Gefährdung des Hamsters durch das Mäusegift zu berichten, wird nicht einen von ihnen vor dem qualvollen Vergiftungstod bewahren.
Sehr geehrter Herr Wotke,
fachlich gesehen ist der Artikel eine Katastrophe.
Zunächst dürfen Rodentizide (Mäusegift) nicht gestreut werden, sie werden sachgerecht in die Löcher gelegt. Des Weiteren ist der Wirkstoff Chlorphacinon seit Jahren nicht mehr zugelassen und damit auch nicht mehr käuflich zu erwerben. Allein der Wirkstoff Zinkphosphid ist zugelassen. Auch in Gebieten die eine kleinstrukturierte Landwirtschaft oder Kulturlandschaft aufweist, gibt es Probleme mit Feldmäusen.
Warum versehen Sie den Artikel mit so vielen Unwahrheiten? Vom WWF hätte ich mir eine fachliche Recherche gewünscht aber auch hier wird nur noch Stimmung mit falschen Behauptungen gemacht.
Sehr geehrter Herr Rathgeber,
vielen Dank für Ihren Beitrag. Es bestreitet niemand, dass in manchen Teilen Deutschlands, wie z.B. in Thüringen, Nager ein großes Problem darstellen und deshalb der Nagerbestand verringert werden muss. Auch ist uns bewusst, dass Landwirte in einer aktuellen Situation der Mäusplage in einem wirklichen Dilemma sind und nur wenige Möglichkeiten haben.
Jedoch: Der Europäische Feldhamster (Cricetus cricetus) wird von der Weltnaturschutzunion als stark vom Aussterben bedroht eingestuft. Vor einigen Jahrzehnten galt das Nagetier noch als Allerweltsart, doch sind die Hamster mittlerweile flächendeckend aus ihrem einstigen Verbreitungsgebiet verschwunden. In Deutschland haben Feldhamster in den letzten Jahren noch einmal ein Drittel ihres bereits zuvor deutlich geschrumpften Verbreitungsgebiets verloren. In Osteuropa verschwanden sie auf 75 Prozent der ursprünglichen Fläche. Wenn sich der Trend fortsetzt, könnten die Feldhamster in den nächsten 30 Jahren ganz aussterben.
Überall dort, wo Feldhamster vorkommen oder vorkamen, sollte deshalb auf den Einsatz von Gift unbedingt verzichtet werden. Unbestrittten ist, dass Feldhamster auch Gift aufnehmen, das fachgerecht in die Mäuselöcher eingebracht wurde. Die Verluste der Landwirte sollten dann natürlich auch durch Hilfsgelder ausgeglichen werden.
Bei den Giften gibt es — wie Sie zurecht schreiben — große Unterschiede. Gerinnungshemmer wie Chlorphacinon führen zu Sekundärvergiftungen von Fressfeinden. Dies ist bei Zinkphosphid, dem heutigen Mittel der Wahl, etwa beim Giftweizen Ratron, nicht der Fall. Hier ziehen sich die Mäuse in ihre Bauten zurück und verenden. Gefahren für den Hamster bestehen aus unserer Sicht weiter. Chlorphacinon ist, wie Sie richtig schreiben, eigentlich bereits seit 2010 in der EU verboten. Nach der DURCHFÜHRUNGSVERORDNUNG (EU) 2017/1377 DER KOMMISSION vom 25. Juli 2017 wurde die Nutzung von Chlorphacinon als Rodentizid für die Produktart 14 jedoch bis zum 30.06.2024 verlängert. Notfallzulassungen wurden immer wieder erteilt.
Als Alternative zum Gift ist das Grubbern in vielen Gegenden ein probates Mittel. Durch das oberflächliche Umarbeiten des Erdreichs werden die Mäusebauten zerstört, die deutlich tiefer liegenden Hamsterbaue hingegen geschont.
Auch in reichstrukturierten Landschaften kann es natürlich zu Mäuseplagen kommen, da die Fressfeinde einer schnellen Vermerhung der Nager nur schwer hinterher kommen. Unbestritten jedoch ist, dass in der ausgeräumten Agrarlandschaft die natürlichen Feinde der Nager selten sind. Wo sollen Mäusebusarde sitzen, wo brüten? Wo Füchse sich verstecken, wo Eulen ruhen?
Für weitere Fragen kontaktieren Sie mich gerne direkt unter albert.wotke@wwf.de.
Mit den besten Grüßen
Albert Wotke
Leider kann ich das nicht kontrollieren, wer jetzt recht hat bei den Kommentaren. Vielleicht sollten das die Betreffenden miteinander klären. einfach nur Beschuldigungen aussprechen, hilft da nicht weiter.
Ich bin immer noch der Meinung jedes Tier hat das Recht auf der Erde herum zu wandern selbst eine Maus oder Ratte.Ständig sind die Tiere im Weg 🤨🤔die Mensche sind das Problem auf der ganzen Welt. Laufen darum als würde ihnen alles gehören.!!!!
Ganz recht, der Mensch hat riesige Flächen erobert, in denen er die Artenvielfalt krass reduziert hat. Wir müssen lernen, wie wir langfristig umweltverträglich unsere Lebensmittel anbauen und überhaupt leben. Nun allerdings ist die Mäuseplage bspw. ein Phänomen, das auch vorm Bioland nicht Halt macht und in diesem Jahr erhebliche Schäden verursacht. Ein Gift könnte man wohl tatsächlich gezielt einbringen. Allerdings bleibt bei Chemie im Boden immer ein Restrisiko. Welches Gift eingesetzt werden kann und überhaupt ist, wie bereits in den Kommentaren zu lesen, regional sehr unterschiedlich geregelt.
Mechanische Lösungen sollten besser sein. Die Umsetzung der vorgeschlagenen Methode stelle ich mir hier sehr schwierig vor. Jedes Mäuseloch grubbern? Das scheint sehr mühsam. Eine Alternative sind u.a. wohl offene Fallen, die auch den inzwischen bedrohten Fressfeinden wieder etwas entgegenkommen. Es gibt auch andere Ansätze. Dies ist wie man so schön sagt “ein weites Feld”. 🙂
Vielen Dank für diesen Beitrag zum Thema Mäuseplage. Ich habe einen Mäusebefall bei mir zu Hause. Ich finde es auch sehr kritisch wenn dann andere Tiere an dem Gift sterben.