Nach dem Gipfel (Elmau), ist vor dem Gipfel (Paris). Und daher blicken wir in dieser Presseschau noch einmal zurück auf ein extra langes G7-Wochenende. Die gute Nachricht: Beim Treffen der Staats- und Regierungschefs der führenden Industrienationen ist tatsächlich etwas für das Weltklima rumgekommen. Nicht nur der WWF wertete es mit Blick auf den Klimagipfel 2015 in Paris als ein gutes Signal, dass der Begriff der “Dekarbonisierung” zentral in der G7-Abschlusserklärung verankert ist. Auch Hans Joachim Schellnhuber, Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, sprach im DLF von einem „großen Erfolg“ für die Bundesregierung.
Das Geschwätz von gestern
Doch die Welt dreht sich auch nach dem Gipfel weiter. Und das nicht immer unbedingt in die richtige Richtung: Nachdem Merkel in Elmau ein weltweit beachtetes Signal gesendet hat, schreckt sie zu Hause vor den notwendigen Taten zurück. Medienberichten zufolge ist Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel bereit, den geplanten Klimabeitrag für alte Kraftwerke den Interessen der Kohle-Lobby zu opfern. In einer gemeinsamen Erklärung kritisierten der WWF, Brot für die Welt, BUND, Misereor, Germanwatch und Greenpeace das Zurückrudern als „teure Luftbuchung“.
Rebranding der Klimakanzlerin
Wahre Worte dann auch auf der WWF-Night vergangenen Mittwoch in der Berliner Kalkscheune. Umweltministerin Hendricks hielt eine beeindruckend unterhaltsame und inhaltlich starke Rede. Sie bekannte sich dazu, dass die G7 schneller aus Kohle, Gas und Öl aussteigen müssen als andere Staaten. Christoph Heinrich, Vorstand Naturschutz beim WWF, forderte, dass Merkel, nachdem sie sich als „Klimakanzlerin rebrandet“ habe, nun auch liefern müsse (eine Auswahl der Tweets zum Abend hier).
Die Macht der Bilder (I)
Zurück nach Elmau: Mit aller Macht wurde dort die Macht inszeniert. Und das erinnerte bisweilen mehr an höfisches Ritual als an moderne Demokratie. Ich persönlich finde, der G7-Gipfel hat durchaus seine Berechtigung. Aber muss es unbedingt eine derart kostspielige Inszenierung vor Alpenkulisse sein – inklusive eines künstlichen Biergartens für den US-Präsidenten? Hätte es ein Treffen im Kanzleramt nicht auch getan? Wie “alternativlos” die Macht der Bilder sein kann, zeigt ziemlich beeindruckend der BILDBLOG.
Die Macht der Bilder (II)
Doch nicht nur die Regierenden, auch die NGOs wissen natürlich längst die Macht der Bilder und der Inszenierung zu nutzen. Wenn die ganze Welt nach Elmau blickt, dann muss die Zivilgesellschaft diese Chance wahrnehmen. Einen tollen Überblick zu den (mehr oder weniger) kreativen Medienstunts der NGOs lieferte KAMPAGNE20. Ebenso konnte sich die FAZ für den WWF-Adlerflug unter dem Motto „Nature is watching you“ begeistern. Sind ja auch tolle Aufnahmen! (Wer hat nochmal behauptet, dass Eigenlob stinken würde?!) Kritisch (und lesenswert) hat Michael Bauchmüller von der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG die Inszenierungen der Gipfel-Gegner unter die Lupe genommen.
Lass uns reden…
Kann Politik noch Krisen lösen? Um diese Frage drehte sich zum G7-Gipfel die Günther Jauch-Sendung am vergangenen Sonntag. Die Runde diskutierte erstaunlich offen, unaufgeregt und erkenntnisreich über Rituale, Inszenierungen und den Sand im politischen Getriebe. Wären Informationsgewinn und Unterhaltungswert der Talkshow immer so gut, würde ich das angekündigte Ende der Reihe fast bedauern. Ich persönlich glaube, eine gute Inszenierung kann im Idealfall auch helfen, Lösungen zu finde, denn letztlich sind Inszenierungen Teil der Kommunikation. Und über Probleme zu reden, Standpunkte deutlich zu machen (und auszutauschen) hilft bekanntlich, Auswege zu finden.
Klimawandel im Mülleimer
Natürlich zählen nicht nur Worte, sondern vor allem Taten. Da bringen auch die kleinen Schritte, die jeder persönlich machen kann, das große Ganze weiter. Dass der Klimawandel nicht nur die Politik beschäftigen sollte, sondern gar auf unserem Teller beginnt, hat der WWF im April mit der Studie „Das große Fressen“ gezeigt. Kommenden Donnerstag folgt dann mit der Veröffentlichung von „Das große Wegschmeissen“ die inhaltliche Fortsetzung. Es geht um Lebensmittelverschwendung in Deutschland und deren ökologische Folgen. Dazu aber dann nächste Woche mehr an dieser Stelle.
Kein Kommentar