Cul­tu­red Meat — Fleisch ohne Tie­re zu töten?

Ist Fleisch aus dem Labor eine Alternative? © iStock / Getty Images

Was für eine Nach­richt: Nur noch weni­ge Jah­re, dann soll Kunst­fleisch auf dem Markt sein. Zu erschwing­li­chen Prei­sen. Nicht mehr wie letz­tes Jahr, als es an der Uni­ver­si­tät Wagen­in­gen einen Kunst­fleisch­bur­ger für sat­te 250.000 Euro gab. Und ja, das Fleisch aus dem Labor soll wie rich­ti­ges Fleisch schme­cken, da es ja auch aus ech­ten Fleisch­zel­len gezüch­tet wor­den ist. Die ers­ten Wer­be­vi­de­os gibt es bereits.

Kunst­fleisch ohne öko­lo­gi­sche Probleme?

Das Fleisch aus dem Labor ver­spricht deut­lich weni­ger öko­lo­gi­sche Pro­ble­me. Dann gilt nicht mehr der alte Bau­ern-Spruch „Das Auge des Herrn mäs­tet das Vieh“. Nicht mehr Geschick und Erfah­rung des Land­wir­tes sor­gen für eine erfolg­rei­che Mast des Tie­res, son­dern die Nähr­kul­tu­ren des Labo­ran­ten sor­gen dann für Fleisch auf dem Teller.

Es stel­len sich eine Fül­le von Fra­gen: Sind damit neben den öko­lo­gi­schen auch die ethi­schen Pro­ble­me von Fleisch­kon­sum pas­sé? Gehört Anbau von Gen-Soja in Mono­kul­tu­ren in Ame­ri­ka (samt der Abhol­zun­gen) der Ver­gan­gen­heit an? Sind Pro­ble­me wie die Stick­stoff­über­schüs­se in Öko­sys­te­men, hygie­ni­sche The­men wie Sal­mo­nel­len, mul­ti­re­sis­ten­te Kei­me, ESBL gelöst? Gibt es kei­ne Fleisch­fa­bri­ken der indus­tri­el­len Land­wirt­schaft mehr?

Die Visi­on des Geschäfts­füh­rers der Wurst­fa­bri­kan­ten Rügen­wal­der, wonach „Fleisch die neue Ziga­ret­te“ sei — ist sie nur noch für klas­si­sches Fleisch aus getö­te­tem Tier gül­tig? Aber natür­lich vor allem auch:

Wol­len wir das „sau­be­re“ Fleisch aus dem Labor?

Die Vor­tei­le des Kunst­fleischs für Öko­lo­gie und Tier­wohl wären unbe­strit­ten. Doch bevor wir uns auf den Kunst­fleisch­bur­ger freu­en, lohnt es sich auf die Rol­le zu schau­en, die Schwein, Rind und Geflü­gel kul­tu­rell für uns gespielt haben. Nutz­tie­re haben den Men­schen über einen Zeit­raum von über 15.000 Jah­ren beglei­tet. Sie haben frag­los zur gesell­schaft­li­chen Ent­wick­lung wesent­lich bei­getra­gen. Durch sie wur­de die kon­stan­te, gesi­cher­te Ver­sor­gung mit tie­ri­schem Eiweiß als Basis für kom­ple­xe­re, sess­haf­te Gesell­schaf­ten geschaf­fen, da die Abhän­gig­keit vom Jagd­wild nicht mehr bestand. Doch auch heu­te brau­chen wir sie noch. Nicht nur zum Essen.

Wir brau­chen Nutztiere!

Eine Kreis­lauf­wirt­schaft — wie sie im öko­lo­gi­schen Land­bau ange­strebt wird — funk­tio­niert mit dem Tier auf dem Hof beson­ders gut. Ein Bio-Anbau­ver­band wie Deme­ter schreibt sogar das Hal­ten von Rin­dern als uner­läss­li­chen Teil des Betriebs­or­ga­nis­mus vor.

Außer­dem sind fast 70 Pro­zent der welt­weit nutz­ba­ren land­wirt­schaft­li­chen Flä­chen Gras­län­der, die fast aus­schließ­lich mit Rin­dern, Scha­fen, Kame­len oder Zie­gen bewirt­schaf­tet wer­den kön­nen. Bei guter Wei­de­pra­xis kön­nen auf die­sen Flä­chen wert­vol­le Lebens­mit­tel erzeugt, Arten­viel­falt und Boden­frucht­bar­keit erhal­ten oder erhöht wer­den und Koh­len­stoff gespei­chert wer­den. Ver­bes­ser­tes Wei­de­ma­nage­ment hat das Poten­zi­al mehr Koh­len­stoff zu spei­chern als jede ande­re land­wirt­schaft­li­che Praxis.

Wenn Fleisch: Bit­te mit Maß essen!

Viel­leicht wird Fleisch, wel­ches „drau­ßen“ auf der Wei­de und im Stall erzeugt wur­de, ja wie­der zu dem was es vor über 100 Jah­ren mal war. Eine Beson­der­heit, die wert­ge­schätzt wur­de, die es nur sonn­tags gab. Nach den Gesund­heits­emp­feh­lun­gen der Deut­schen Gesell­schaft für Ernäh­rung gilt: 300 Gramm pro Woche Fleisch rei­chen – und dann wären wir beim Fleisch­ver­zehr ein­mal die Woche, den wir auch aus öko­lo­gi­schen Aspek­ten noch für ver­träg­lich halten.

Wer braucht schon Kunst­fleisch – es ist alles öko­lo­gisch ver­träg­lich da. Wir müs­sen eben nur noch bei Bio-Fleisch und Wild zugrei­fen, wenn wir noch Fleisch essen wol­len. Ein­mal die Woche.

Referent für Agrarrohstoffe und Tierhaltung beim WWF Deutschland. Landwirtschaft prägt mein Leben. Mich fasziniert dabei, dass es die weltweit einzige Wirtschaftsweise ist, die dank der Photosynthese in der Lage ist mehr zu erzeugen, als sie verbraucht. Und das mit der Natur und nicht gegen sie - das ist wahre Nachhaltigkeit! Ich bin Landwirt, Entwicklungshelfer, landwirtschaftlicher Berater, Einkäufer für Bio-Ölsaaten gewesen und jetzt Projektleiter für nachhaltigere Nutztierfütterung. -Markus hat den WWF inzwischen verlassen-

Kommentare (12)

  • Ein eigenartiger Artikel.

    Zum Einen ist das Argument, dass wir schon immer Tiere gehalten haben und sie deshalb weiter halten sollten, ein naturalistischer Fehlschluss und damit nicht gültig.

    Zum Anderen frage ich mich, warum Kunstfleisch der Nutztierhaltung widersprechen sollte. Wenn Rinder notwendig sind, um Grasland zu bewirtschaften, können sie diesen Zweck auch weiterhin erfüllen, ohne danach getötet zu werden. Sie sind noch immer Nutztiere, auch wenn ihr "einziger" Nutzen die Unterstützung bei der Weidewirtschaft wäre - was sie nicht ist, denn Kunstfleisch hat zum Beispiel nichts mit der Milchproduktion zu tun. Kühe würden weiterhin gehalten werden, man würde sie nur nicht mehr notwendigerweise töten. Darin sehe ich keinen Nachteil.

  • Natürlich sollte Fleisch nur ein Genußmittel sein. Aber wenn durch das Kunstfleisch die Massentierhaltung ersetzt wird, finde ich das ethisch gesehen viel besser. Trotzdem könnte es weiterhin Nutztiere geben und das besondere Fleisch von lebenden Tieren. Aber es wird immer Menschen geben, die nicht auf das Bio Siegel achten und für diese wäre das Kunstfleisch eine gute Alternative zur Massentierhaltung.

  • Haben Sie schon einmal verstärkt daran gedacht, dass Tiere Lebewesen sind, die leben wollen, so wie wir auch?!
    Warum diese töten, wenn es doch Alternativen gibt? Ist das wirklich nötig?
    Ich sage :Nein!!
    Nicht vergessen: Es gibt auch Bio-Vegane Landwirtschaft.

    Wahrscheinlich brauchen wir Laborfleisch dann doch.
    Nämlich für Menschen, die meinen partout nicht auf Fleisch verzichten zu können. Ferner wird auch viel Wurst gegessen, was oft nicht mit eingerechnet wird.

    Es gibt große und wichtige Ernährungsgesellschaften anderer Länder, deren Ernährungsempfehlungen nicht auf tierische Produkte abzielen.
    Über den Tellerrand schauen lohnt sich hier!

  • Es ist wohl ein Hohn die sogenannten Nutztiere zur Landwirtschaftspflege als notwendig zu erachten, wenn doch das zu Tode gequälte Tier ausschließlich in Massentierhaltungs-Anstalten gehalten wird. Sowohl konventionelle oder biologische als auch "artgerechte" Nutztierhaltung endet immer mit dem frühzeitigem Tod.

  • ich finde es etisch gut mit den flech aus dem labor . es kan drotzdem die bauernhof tire geben , nur das sie halt mit uns wie geschwister zusammen leben könne ohne die tiere zu töten , das währe ein traum .

  • Wir können uns des Eindruckes nicht erwähren, dass trotz dieser Super-Alternative zur millionenfachen Tiertötung immer wieder irgendwelche Gründe gesucht werden, dieses auch weiter fortzusetzen. Leider scheint der WWF wohl auch eher der Fleischindustrie zugetan.
    Was spricht dagegen, nur noch auf das Laborfleisch zuzugreifen ?
    Ist doch eine richtig tolle Sache.

    • Liebe FamilieR,
      Entschuldigung für die späte Rückmeldung: Ich war im Osterurlaub.
      Wir haben bezüglich des Fleischkonsums eine sehr deutliche Meinung - deutlich weniger Fleisch, aber besseres Fleisch.
      300 Gramm pro Woche reichen - und diese Menge wenn möglich Bio- oder Wildfleisch!
      (Mehr Informationen dazu gibt es in unserem Einkaufsratgeber: http://www.wwf.de/einkaufsratgeber-fleisch)
      Da kann man dem WWF, denke ich, keine Nähe zur Fleischindustrie unterstellen.
      Viele Grüße, Markus Wolter

  • Was für ein schwachsinniger unlogischer Artikel......
    Kunstfleisch könnte den Welthunger stoppen, wäre billiger zu bekommen, das Klima würde sich bessern wegen Reduzierung der Treibgase da weniger Landwirtschaft betrieben werden muss, die Veganer wären zufrieden da keine Tiere getötet werden müssen. Es ist nicht gen-verändert. Es enthält keine Antibiotika die den Tieren wegen Krankheit gegeben werden müssen, usw.....

    Mit fallen unzählige weitere Vorteile ein, ich sehe da keine Nachteile.
    Ich würde es sofort essen!

    Was gibt's denn da bitte noch rumzunörgeln??????

  • »Wer in diesen Abgrund von Qual, welche die Menschen über die Tiere bringen, hineingeblickt hat, der sieht kein Licht mehr; es liegt wie ein Schatten über allem, und er kann sich nicht mehr unbefangen freuen.«
    Das hat schon vor vielen Jahren Albert Schweitzer gesagt... Aber jetzt ist endlich ein Siberstreif am Horizont zu sehen. Und Sie möchten wirklich an der Tierquälerei festhalten - wider besseres Wissen? Ich hoffe, das ist nicht die offizielle Linie des WWF!

  • Zum einen ist nicht gesagt, dass Fleisch aus dem Labor nicht mit Keimen bzw. folglich mit Antibiotika oder anderen Arzneimitteln belastet ist. Wenn man sich die Geschichte der Labore ansieht, dort gibt es immer wieder Verunreinigungen, Missstände, Fehler im Umgang mit Proben, Material, Geräten. Folglich ist es nicht logisch anzunehmen, dass Kunstfleisch automatisch unbelastet ist.

    Dass Kunstfleisch darüber hinaus auch nicht gentechnisch verändert ist, ist ebenfalls ein Trugschluss. Kunstfleisch muss, dem Namen nach ja bereits gentechnisch verändert sein, da Fleisch immer von irgendeinem Tier stammen muss - gentechnisch werden tierische Stammzellen auf künstlichem Nährboden gezüchtet und zu Gewebe kultiviert. Dass das nichts mit Gentechnik zu tun hat, ist also leider ein Trugschluss. Und wenn einige Konzerne und anschließend Bauern die Perversion besitzen, an Tieren und deren Erbgut herumzupfuschen, warum sollte die Hemmschwelle bei künstlich gezüchteten Fleischteilen höher sein?!

    Eine weitere Frage ist, woraus die Nährstoffe in den Petri-Schalen in den Laboren bestehen. Die Proteine, Kohlenhydrate und Fette müssen auch irgendwo herkommen. Derzeit stammen sie oftmals aus tierischen Abfällen, die für den menschlichen Verzehr nicht geeignet sind - zukünftig? Vielleicht aus Soja- oder Zuckerrohrplantagen aus dem Amazonasgebiet...
    Und ob das Laborfleisch am Ende wirklich billiger ist als natürliches Fleisch, bleibt abzuwarten.

    Dass einige Nutztierarten zur Landschaftspflege eingesetzt werden, ist richtig und auch sinnvoll. Kühe oder Schafe produzieren CO2 und Methan beim Abgrasen von Hügeln, Hängen und Photovoltaikanlagen. Rasenmäher würden dies auch, allerdings mit fossilen Brennstoffen oder bestenfalls Ökostrom - wie aber werden die Geräte produziert? Unter CO2 Ausstoß. Was ist wohl die nachhaltigere Variante?
    Über die Lebensleistung von Tieren in der heutigen Landwirtschaft ist sicherlich zu diskutieren. Wenn Kühe mit 4 Jahren geschlachtet werden, weil ihre Milchproduktion sinkt und unrentabel wird, ist das völlig inakzeptabel. Wenn in drei Jahren (das erste Lebensjahr gibt eine Kuh keine Milch, diese kommt irgendwann mit der ersten Trächtigkeit) so viel Milch im Euter einer Kuh produziert werden soll, wie andere Kühe in 20 Jahren nicht geben, ist das Verhältnis komplett zerstört.
    Aber anzunehmen, dass jedes Tier automatisch einer Massentierhaltung entstammt, weil man Tiere als notwendige, sinnvolle Helfer in der Landschaftspflege erachtet, wird dem Ganzen nicht gerecht. Um den derzeitigen Konsum decken zu können, müssen leider Fleischfabriken entstehen - hier sollte jeder nochmal in sich gehen und die eigenen Konsumgewohnheiten überdenken.
    Dass Tiere, selbst wenn sie ausschließlich in der Landschaftspflege eingesetzt und 20 Jahre alt geworden sein sollten, am Ende immer noch getötet werden, hat den praktischen, finanziellen, vielleicht sogar sinnvollen Hintergrund, dass man ihr Fleisch dann verkaufen und verzehren kann, was bei einem auf natürliche Weise verendeten Tier nicht möglich wäre. Ob es nötig ist, dass der Mensch Fleisch ist, ist heute sicherlich nicht mehr der Fall. Dass es sinnvoll sein kann, jedoch durchaus.

    Darüber hinaus sind die meisten Tiere auf Bauernhöfen - wenn man sie so nennen will - nur zu dem Zweck geboren, sich zu vermehren oder möglichst schnell Muskelmasse aufzubauen. Diese Tiere bzw. Tierarten in die freie Wildbahn entlassen zu wollen, weil deren Haltung unethisch ist, ist ebenso unethisch - dort zu überleben wäre sie nicht imstande.

    Mir geht es nicht darum, den Fleischkonsum zu verteidigen - ich bin nur der Meinung, dass jeder sic zunächst über das eigene Konsumverhalten bewusst sein sollte, bevor er irgendwelche Lebensweisen verteufelt. Seit einiger Zeit ernähre ich mich vegan, also weiß ich auch, worum es geht.
    Die auf Nutztierhaltung basierte Landwirtschaft von Grund auf abzulehnen ist allerdings problematisch, da viele Landwirte schlicht nicht mehr die Erfahrung und das Wissen haben, ihren Hof ohne Kunstdünger zu bewirtschaften. Denn dieser ist die Alternative zu tierischem Dünger - oder augeklügelten Fruchtfolgen. Darüber hinaus kann Dung aber auch auf Feldern ausgebracht werden, die natürlicherweise einen schlechteren Nährstoffgehalt hätten.

    Am Ende steht für mich auch die Frage, ob und wie welche Art Leben auch immer künstlich oder vorzeitig beendet werden sollte. Wer seinen Hund oder seine Katze einschläfern lässt, der unterscheidet sich inwiefern von einem Fleischkonsumenten? Und ich stelle auch mal die aktive Sterbehilfe beim Menschen in den Raum, auch wenn diese Diskussion wohl weit weg vom Thema geht. Aber wenn sich der eine oder andere über das Töten im allgemeinen beschwert, so fallen diese Bereiche dort mit hinein.

  • "Ob es nötig ist, dass der Mensch Fleisch ist, ist heute sicherlich nicht mehr der Fall."
    In diesen Zusammenhängen wird nie an die Menschen gedacht, die unter einer Kohlehydrate-Unverträglichkeit leiden, wie z.B. Diabetiker, Eskimos oder viele derjenigen zu Dicken, die nicht einfach "zu viel essen".
    Diese Menschen können ihre Ernährung nicht auf Zerealien und Hülsenfrüchte umstellen.

    Die CO 2-Abbindung durch Grasland wird gewiss nicht höher sein als die durch Wälder. Außerdem würde das Gras vermutlich als Rohstoff der Kunstfleischerzeugung gebraucht werden.

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