Elfen­bein-Pro­zess in Cott­bus: Jetzt wird es spannend!

Am Flughafen Berlin-Schönefeld wurden 2017 ganze 600 Kilo Elfenbein aufgegriffen. © Robert Günter / WWF Deutschland

Im Mai 2016 wur­den wir alle von einem scho­ckie­ren­den Fund über­rascht: Am Flug­ha­fen Schö­ne­feld waren Zoll­fahn­der beim Durch­leuch­ten von Pake­ten stut­zig gewor­den, die ver­meint­lich Kamin­uh­ren ent­hal­ten soll­ten, aber im Rönt­gen­bild nur schwarz erschie­nen. Bei der Öff­nung stell­te sich her­aus, dass die­se elf Kis­ten 625 Kilo­gramm Ele­fan­ten-Elfen­bein ent­hiel­ten. Das war eine in Deutsch­land bis dahin kaum vor­stell­ba­re Men­ge an Stoß­zäh­nen die­ser bedroh­ten Säu­ge­tie­re, deren inter­na­tio­na­ler kom­mer­zi­el­ler Han­del welt­weit ver­bo­ten ist. Der Zoll ermit­tel­te dar­auf­hin wei­ter, und Ende August 2016 wur­de man in Emmels­hau­sen in Rhein­land-Pfalz fün­dig. Dort durch­such­ten Beam­te eine Woh­nung und eine Werk­statt, stell­ten Aus­rüs­tung zur Bear­bei­tung von Elfen­bein sowie noch­mals 570 Kilo Elfen­bein sicher. Zwei Ver­däch­ti­ge wur­den festgenommen.

1,2 Ton­nen Elfen­bein, wie­viel Ele­fan­ten muss­ten dafür sterben?

Mit bei­na­he 1,2 Ton­nen (!) Elfen­bein ist das nach Aus­sa­ge des Zolls die größ­te je erfolg­te Beschlag­nah­mung von Ele­fan­ten-Stoß­zäh­nen in Deutsch­land. Wir müs­sen von Dut­zen­den Ele­fan­ten aus­ge­hen, die ursprüng­lich für die­ses Elfen­bein ihr Leben las­sen muss­ten. Ich selbst war bei der Press­kon­fe­renz des Zolls in Ber­lin vor Ort im Sep­tem­ber 2016. Der größ­te Stoß­zahn war über zwei Meter lang. Ich selbst bin 1,90 groß, aber das Ding konn­te ich kaum auf­he­ben. Und das war nur ein St0ßzahn, da war noch viel Elfen­bein, zer­sägt und in Kis­ten ver­packt. Das Aus­maß der geschmug­gel­ten Men­ge war bedrü­ckend greif­bar — wie auch in die­sem Video zu sehen:

Der Pro­zess, nach vier Jah­ren — endlich!

Jetzt beginnt nach vier Jah­ren end­lich die Haupt­ver­hand­lung gegen die bei­den Ange­klag­ten am Land­ge­richt Cott­bus.  Das Gericht selbst fasst die Vor­wür­fe gegen die Ange­klag­ten in einer Pres­se­mit­teilung tro­cken zusam­men. die Ankla­ge führt ein Ver­ge­hen gehen das Bun­desna­tur­schutz­ge­setz an, weil weder arten­schutz­recht­li­che Doku­men­te für das Elfen­bein noch erfor­der­li­che Aus­fuhr­ge­neh­mi­gun­gen vor­ge­le­gen haben sol­len. Dabei soll der Ange­klag­te vor­ge­habt haben, das Elfen­bein in Viet­nam zu ver­ar­bei­ten und zu ver­äu­ßern. Er habe sich durch den Ver­kauf des Elfen­beins eine dau­er­haf­te Erwerbs­quel­le schaf­fen wol­len. 

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Ich wer­de die­sen Pro­zess gespannt ver­fol­gen. Im Sep­tem­ber 2016 habe ich die Behör­den noch gelobt. Denn sie hat­ten durch die erfolg­rei­chen Ermitt­lun­gen in die­sem Fall deut­lich gemacht, dass sie Wild­tier­kri­mi­na­li­tät ent­schie­den ver­fol­gen. Der gewerbs­mä­ßi­ge Cha­rak­ter des ille­ga­len Han­dels mit Elfen­bein ver­an­lass­te die Staats­an­walt­schaft, Haft­be­fehl zu bean­tra­gen. Die Haupt­ver­däch­ti­gen lan­de­ten in Unter­su­chungs­haft. Das war ein wich­ti­ges Signal für den Arten­schutz. Jetzt kommt es aber auf den Pro­zess an und auf das Urteil. Denn den bei­den Tätern dro­hen Haft­stra­fen zwi­schen drei Mona­ten und fünf Jah­ren. Die Tat­sa­che, wo genau das Elfen­bein her­kommt und wie alt es ist, wird dabei eine Rol­le spie­len. Ob hier kürz­lich gewil­der­tes Elfen­bein geschmug­gelt wur­de oder das Mate­ri­al aus Alt­be­stän­den wie Jagd­tro­phä­en oder lega­len Ein­fuh­ren von vor 1989 stammt. Wir hof­fen, dass dies ent­spre­chen­de wis­sen­schaft­li­che Gut­ach­ten vor Gericht klä­ren wer­den. 

Das ist kei­ne Bagatelle!

Eines ist völ­lig klar: 1,2 Ton­nen Ele­fan­ten-Elfen­bein sind auch im inter­na­tio­na­len Ver­gleich kei­ne Baga­tel­le. Es besteht der kla­re Ein­druck des gewerbs­mä­ßi­gen Schmug­gels und ille­ga­len Han­dels. Ich erwar­te daher ein ange­mes­se­nes Straf­maß mit Signal­wir­kung, dass in Deutsch­land Ver­stö­ße gegen das Bun­des­na­tur­schutz­ge­setz und ille­ga­ler Arten­han­del ernst genom­men und ent­spre­chend geahn­det wer­den. 

Was wir fordern

Vier Jah­re zwi­schen Auf­de­ckung und Pro­zess­be­ginn sind eine lan­ge Zeit. Was genau die Grün­de dafür waren, wis­sen wir nicht. Klar ist, dass sol­che Fäl­le – zum Glück – in Deutsch­land eher die Aus­nah­me sind. Das bringt aber das Pro­blem mit sich, dass unser Jus­tiz­sys­tem eher gerin­ge prak­ti­sche Erfah­run­gen damit hat. Es gibt nur wenig Refe­renz­fäl­le exis­tie­ren, wenn überhaupt.

Die Situa­ti­on bei Schmug­gel und Han­del mit Wild­tier­pro­duk­ten ist undurch­sich­tig, da es kei­ne zen­tra­le Doku­men­ta­ti­on der Fäl­le gibt. Wir müs­sen von einer hohen Dun­kel­zif­fer aus­ge­hen. Um eine kon­se­quen­te Straf­ver­fol­gung sicher­zu­stel­len, braucht es neben der Auf­klä­rung der Bevöl­ke­rung vor allem ent­spre­chen­de Fach­kennt­nis bei der Poli­zei und den Behör­den, sowie Struk­tu­ren und Netz­wer­ke, um einen bes­se­ren Infor­ma­ti­ons­fluss zu ermög­li­chen. Die Fäl­le müs­sen umfang­reich und voll­stän­di­ge doku­men­tiert wer­den. Es bräuch­te in Deutsch­land auch auf Umwelt­recht spe­zia­li­sier­te Staats­an­wäl­te, die sol­che unge­wöhn­li­chen Fäl­le ange­mes­sen ein­ord­nen kön­nen. Schmug­gel von Wild­tier­pro­duk­ten muss wie auch die Wil­de­rei im poli­ti­schen und gesell­schaft­li­chen Dis­kurs als ernst­zu­neh­men­des, kri­mi­nel­les Pro­blem erkannt wer­den und darf nicht län­ger den Sta­tus eines „Kava­liers­de­lik­tes“ haben.

Hilf uns die Wil­de­rei zu stoppen!

Wir sind gespannt

Jetzt bin ich aber erst ein­mal gespannt, was die­se und nächs­te Woche in Cott­bus pas­sie­ren wird. Wel­che Zusam­men­hän­ge viel­leicht noch auf­ge­deckt wer­den. Und wel­ches Urteil am Ende ste­hen wird. Der Fall macht deut­lich, dass der inter­na­tio­na­le, orga­ni­sier­te Schmug­gel mit Ele­fan­ten-Elfen­bein auch vor Deutsch­land nicht Halt macht. Denn Deutsch­land ist eine wich­ti­ge Dreh­schei­be für den inter­na­tio­na­len Waren­ver­kehr. Zudem gab es hier bis in die 1980er Jah­re einen regen Markt für Kunst aus Elfen­bein. Vie­le die­ser Pro­duk­te schlum­mern heu­te auf diver­sen Dach­bö­den, und pro­fes­sio­nel­le Händ­ler wit­tern ein schnel­les Geschäft. Wir hof­fen hier also auf ein kla­res Signal, dass auch hier Wil­de­rei und ille­ga­ler Arten­han­del ein erns­tes Ver­bre­chen sind. Wir brau­chen vom Pro­zess in Cott­bus ein kla­res Signal, dass auch bei uns Wil­de­rei und ille­ga­ler Arten­han­del kei­ne Baga­tel­le, son­dern Ver­bre­chen sind.

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Ich bin Ökologe und leite den Fachbereich Artenschutz beim WWF Deutschland. Seitdem ich vor einiger Zeit mal für knapp ein Jahr in Kambodscha gelebt und gearbeitet habe, bin ich von der Region Südost-Asien, seinen Menschen und seiner Natur fasziniert. Inzwischen arbeite ich allgemeiner an den Herausforderungen, bedrohte Arten zu schützen und dabei Umweltschutz und wirtschaftliche Entwicklung besser miteinander vereinbar zu machen. Meine Hauptarbeitsthemen sind Wilderei und der Handel mit illegalen Wildartenprodukten, vor allem Elfenbein und Nashornhorn. Gleichzeitig arbeite ich zum Schutz solcher bedrohter und ikonischer Arten wie den großen Menschenaffen, dem Eisbär, dem Großen Panda oder dem Sumatra-Nashorn.

Kommentare (1)

  • Meine persönliche Meinung ist, alles hängt miteinander zusammen. Auch unsere aktuelle Pandemie. Ist letztendlich eine Folge der menschlichen Aktivitäten mit unseren Lebensgrundlagen.
    Ich wünsche mir, dass das EU Parlament eine richtige Entscheidung trifft für die Natur und unsere nachfolgende Generationen.

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