Was tun, wenn da plötz­lich ein Elch steht?

Und jetzt? © Christian Svensson/iStock/Getty

Ein Video lie­fert den Beweis: „Big City Life“ von Mat­ta­fix läuft gera­de im Auto­ra­dio. Es ist drei Uhr nachts am Mon­tag­mor­gen des 14. Sep­tem­ber. Die Stadt Neu­bran­den­burg in Meck­len­burg-Vor­pom­mern schläft. Die Stra­ßen sind leer. Zumin­dest fast. Denn vor dem Auto eines Neu­bran­den­bur­gers läuft plötz­lich ein Elch. Ein Elch? In Meck­len­burg-Vor­pom­mern? Das Video zeigt einen jun­gen Elch­bul­len, der im Schein­wer­fer­licht des Fahr­zeugs etwas ver­un­si­chert auf der Haupt­stra­ße der Stadt läuft und sich schließ­lich, einen abrup­ten Haken schla­gend, ins Gebüsch flüchtet.

Sol­che Elch­sich­tun­gen sind in Deutsch­land längst kein Ein­zel­fall mehr. Und ja, es gab auch schon Unfäl­le. Was tun, wenn ein Elch vor mir auf der Stra­ße steht?

Wie wahr­schein­lich tref­fe ich auf einen Elch in Deutschland?

Sich­tun­gen der welt­weit größ­ten und einst auch in Deutsch­land hei­mi­schen Hirsch­art häu­fen sich in den letz­ten Jah­ren ins­be­son­de­re in Meck­len­burg-Vor­pom­mern und Bran­den­burg. In Bran­den­burg geht man sogar davon aus, dass sich min­des­tens fünf Elche (Stand 2020) auch lang­fris­tig in dem Bun­des­land ange­sie­delt haben. Es wur­den sogar schon Elch-Warn­schil­der auf­ge­stellt. Auch in Bay­ern, Thü­rin­gen, Sach­sen oder Sach­sen-Anhalt wur­den bereits Elche beob­ach­tet. Die Tie­re wan­dern dabei aus Polen oder Tsche­chi­en ein. Die meis­ten ver­schlägt es aber nach ver­geb­li­cher Part­ner­su­che wie­der zurück dort­hin. Eine Begeg­nung mit Elchen in Deutsch­land ist aktu­ell also sehr sel­ten — anders als in Schwe­den oder Alaska.

Jetzt ist es qua­si offi­zi­ell: Die Elche sind zurück. © Land­kreis Teltow-Fläming

Wie gefähr­lich sind Unfäl­le mit Elchen?

Elche sind rie­sig, die größ­ten Säu­ge­tie­re Euro­pas. Bis zu 800 Kilo schwer, über zwei Meter Schul­ter­hö­he, etwa drei Meter lang — die Kör­per­ma­ße des Elches über­stei­gen die von ande­ren hei­mi­schen Wild­ar­ten wie Reh, Wild­schwein oder Rot­wild um ein Viel­fa­ches. Sie kön­nen sogar grö­ßer als die Wisen­te wer­den. Was den Elch so beein­dru­ckend macht, macht ihn im Stra­ßen­ver­kehr gleich­zei­tig auch so gefähr­lich. Ein Elch ist mit­un­ter schwe­rer als ein klei­nes Auto. Ein Zusam­men­stoß kann fatal sein. Sei­ne lan­gen Bei­ne ragen über die Motor­hau­be hin­aus und wer­den bei einem Unfall ein­fach weg­ge­scho­ben. Der mas­si­ge Kör­per des Elches wie­der­um lan­det direkt auf der Wind­schutz­schei­be. Eine töd­li­che Gefahr für Mensch und Tier. Des­halb emp­feh­len erfah­re­ne Exper­ten aus Elch­län­dern wie Schwe­den, Kana­da oder die USA: Brem­sen, dem Tier aus­wei­chen — und nicht über­fah­ren, wie es etwa für ande­re, klei­ne­re Wild­ar­ten ange­ra­ten wird.

Wie kann ich einen Unfall mit einem Elch im Stra­ßen­ver­kehr verhindern?

Das A und O zur Ver­mei­dung von Unfäl­len mit Elchen? Genau wie mit ande­ren Tie­ren: Auf­merk­sam sein, Fuß vom Gas! Hal­tet euch zur eige­nen Sicher­heit an die vor­ge­ge­be­nen Geschwin­dig­keits­be­gren­zun­gen, ach­tet auf Ver­kehrs­war­nun­gen der loka­len Radio­sen­der und respek­tiert Warn­schil­der für Wild­wech­sel. Im Land­kreis Tel­tow-Flä­ming wur­de jüngst sogar das ers­te Elch-Schild Deutsch­lands auf­ge­stellt. Dort hat sich ein Elch dau­er­haft nie­der­ge­las­sen. Das Schild wur­de nun an einer Stel­le plat­ziert, an der er ger­ne die Fahr­bahn kreuzt. Im EU-Inter­reg geför­der­ten Pro­jekt „Łoś­Bo­nasus-Crossing!“ set­zen wir uns gemein­sam mit Part­nern dafür ein, dass genau sol­che Lösung für ein Zusam­men­le­ben von Mensch und Elch auch in ande­ren betrof­fe­nen Gebie­ten wie etwa nun in Neu­bran­den­burg Ein­zug halten.

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Gar nicht so leicht: Wie erken­ne ich einen Elch rechtzeitig?

Elche sind sowohl bei Tag als auch bei Nacht schwer zu erken­nen. Ihre dun­kel­brau­ne bis ‑graue Fell­far­be ver­liert sich schnell im Dickicht. Die lan­gen Bei­ne sind leicht mit dün­nen Baum­stäm­men zu ver­wech­seln. Beob­ach­tet daher in Elch­ge­bie­ten umso auf­merk­sa­mer die Stra­ßen- und Wald­rän­der und ach­tet auf Bewe­gun­gen. Wich­tig dabei: Augen nach oben! Von unse­ren ande­ren, hei­mi­schen Wild­ar­ten sind wir es gewohnt nach Tie­ren in Boden­nä­he zu suchen. So kann es leicht pas­sie­ren, dass wir selbst einen über zwei Meter hohen Elch am Stra­ßen­rand über­se­hen. Bei Däm­me­rung und Nacht gilt dies umso mehr. Auf war­nend leuch­ten­de Augen­re­flek­tio­nen hofft man beim Elch ver­geb­lich. Die Schwein­wer­fer eines her­kömm­li­chen Autos beleuch­ten die Fahr­bahn weit unter Kopf- und Augen­hö­he des Elches. Des­halb kommt es gera­de bei Nacht und Däm­me­rung zu beson­ders vie­len Unfäl­len. Schal­te daher wo immer mög­lich das Fern­licht ein und ver­rin­ge­re die Fahr­ge­schwin­dig­keit so weit, dass du im Not­fall inner­halb dei­ner Schein­wer­fer­län­ge abbrem­sen kannst und zum Ste­hen kommst.

Was tun, wenn ein Elch vor mir auf die Stra­ße läuft?

Elche nei­gen dazu vor einem sich nähern­den Auto, genau­so wie Rehe auch, wie ange­wur­zelt auf der Stra­ße ste­hen zu blei­ben oder aber unver­hofft plötz­lich die Rich­tung zu wech­seln. Blei­be also — wenn irgend mög­lich — ste­hen, hal­te Abstand und war­te ab. Das Tier wird bald das Wei­te suchen. Ver­las­se auf kei­nen Fall dein Auto! Elche füh­len sich schnell bedroht und kön­nen sich mit ihren Vor­der- und Hin­ter­läu­fen und ihrem rie­si­gen Geweih wir­kungs­voll zur Wehr set­zen. Sobald die Gefahr gebannt ist, kon­tak­tie­re umge­hend die Poli­zei, um ande­re Ver­kehrs­teil­neh­mer zu schützen.

Soll­te ich einen Elch melden?

Ja, bit­te den Elch den zustän­di­gen Behör­den des jewei­li­gen Land­wirt­schaft- und Umwelt­mi­nis­te­ri­ums mel­den. In Bran­den­burg etwa stellt das Lan­des­kom­pe­tenz­zen­trum Forst in Ebers­wal­de ein Elch­be­ob­ach­tungs­for­mu­lar zur Ver­fü­gung, wor­in alle wich­ti­gen Daten der Sich­tung im Bun­des­land doku­men­tiert wer­den. Zusätz­lich kannst du auch Apps wie Mam­mel­net auf dei­nem Smart­phone instal­lie­ren und dar­über Sich­tun­gen von Säu­ge­tie­ren wie dem Elch mel­den. Schutz­maß­nah­men und Lösungs­we­ge für ein Zusam­men­le­ben von Mensch und Tier kön­nen nur dann effek­tiv auf­ge­baut wer­den, wenn wir wis­sen wo und wie vie­le Tie­re es hier­zu­lan­de gibt. Für ein sol­ches „Moni­to­ring“ sind wir auf die Hil­fe aller angewiesen.

Ist Euch mal ein Elch begeg­net? Schreibt es uns in die Kommentare!

Zusam­men für den Umweltschutz“

Das Pro­jekt „Łoś­Bo­nasus – Crossing!“ wird durch die Euro­päi­sche Uni­on aus Mit­teln des Fonds für Regio­na­le Ent­wick­lung (EFRE) im Rah­men der Gemein­schafts­in­itia­ti­ve „Inter­reg VA Meck­len­burg-Vor­pom­mern / Bran­den­burg / Polen“ kofi­nan­ziert. Ziel der Initia­ti­ve ist die För­de­rung der ter­ri­to­ria­len Zusam­men­ar­beit zwi­schen EU-Mit­glied­staa­ten und benach­bar­ten Nicht-EU-Län­dern. Das Pro­gramm för­dert grenz­über­grei­fen­de Maß­nah­men der Zusam­men­ar­beit u.a. im Bereich des Umweltschutzes.

Und wenn wir schon­mal soweit sind: Bit­te die Peti­ti­on gegen die Ent­wal­dung unter­schrei­ben! Danke!

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Wildnis und Wildtiere – bei mir dreht sich alles um diese beiden Themen: ob in der Freizeit in Wald und Wiese, im Urlaub in Dschungel und Savanne oder im Arbeitsalltag durch Management und Meetings. Nach meinem Studium mit Spezialisierung in Wildtier- und Schutzgebietsmanagement (M.Sc.) und einem Praxisjahr in Afrika und Kanada, darf ich mich nun beim WWF als Referentin für den Schutz von Wildnis und Wildtieren einsetzen.

Kommentare (5)

  • Bei einem Fahrradausflug in Finnland stand der Elch auf einer Lichtung direkt neben dem Fahrradweg. Bin sofort abgestiegen, habe mich neben einen Baum gestellt ihn beobachtet und habe mich ruhig verhalten. Sie sehen schlecht, riechen einen aber um so besser. Er hat nur kurz etwas gewittert, schien es.

    Nach einer Weile trollte er sich. Tolles Tier, unvergesslich! Allerdings war ich froh, dass er nicht auf der Straße stand.

  • Wir befuhren mit unserem Miet-Wohnmobil 2020 die E22 aus Richtung Norköpping Schweden in südliche Richtung. Auf dem Teilabschnitt zwischen Mörtfors und Farbo war die Geschwindigkeitsbegrenzung auf 90 km/h beschildert. Durch die vielen Hinweisschilder vor Wildwechsel bin ich nicht ganz 70 km/h gefahren, immer die Augen links und rechts am Fahrbahnrand. Um 21:10 dann gab es wie aus heiterem Himmel einen ohrenbetäubenden Knall, ich sah für einen ganz kurzen Moment in Augenhöhe den Kopf eines Tieres im Scheinwerferlicht und durch den Aufprall wurden wir abrupt abgebremst.
    Nachdem ich das Wohnmobil am Straßenrand zum stehen bekommen habe, habe ich erst meine Frau beruhigt die vor lauter Panik geschrien hat. Zuerst hatte ich die Handbremse angezogen, den Motor ausgeschaltet und den Warnblinker betätigt. Dann habe ich meine Kopflampe aufgesetzt und eingeschaltet, und bin auf der Bordwandtüre aus dem Fahrzeug gestiegen. Ich habe einer der gelben Warnwesten versucht anzuziehen, die schnitt mir die ganze Zeit unter den Achseln ein, meine Frau hatte mir versehentlich die Kinderweste der Größe ganz klein gegeben. Ein Warndreieck hatten wir beide leider im Wohnmobil nicht finden können so das einer der Ersthelfer sein Warndreieck für uns aufgestellt hat.
    Der Frontbereich des Fahrzeugs war massiv beschädigt, aber das Wohnmobil war noch für 2 Tage bewohnbar. Wir hatten den ADAC angerufen und um ein Hotel mit Hunden gebeten, eine Bestätigung per SMS hatten wir auch von SOS International erhalten. Jedoch rief mich kurz nach 23.00 Uhr eine Mitarbeiterin von denen an und sagte, das das Hotel die Buchung storniert habe weil es bereits so spät war. Wir haben uns dann ins Wohnmobil gesetzt, der Abschlepper hat uns dann nach Bockara zum Fiat-Händler auf den Hof gebracht.
    An der Unfallstelle berichtete uns die Ersthelferin, daß 9 Erwachsene Männer mit viel Mühe den für die Region unüblich großen Elch auf den Pickup des Jägers getragen haben. Das Tier muss ein geschätztes Gewicht von ca. 800-900 kg gehabt haben, und wurde noch vor Ort von seinen Qualen durch einen Jäger erlöst..

  • Meine Frau und ich sind uns sicher in der Dunkelheit in Niedersachsen einen Elch gesehen zu haben. Ziemlich unwahrscheinlich, aber er wartete am Straßenrand und als er hinter uns die Straße überquerte wollten wir unseren Augen nicht trauen. Es war dunkel, aber der trottende Gang eines elches ist unverwechselbar (und welches andere Tier ist über 2 Meter groß?)

  • Hallo Ben, das klingt nach einem tollen Erlebnis. Ohne Foto ist das natürlich schwer zu beurteilen und die Meldungen, die wir in den letzten Jahren bekommen, waren hauptsächlich in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Sachsen. Verwechslungsgefahren gibt es z.B. immer wieder mit Rothirschen. Ein Elch in Niedersachsen ist aber durchaus möglich! Gerade in den 70er und 80er Jahren gab es einige Sichtungen von Elchen z.B. im Kreis Lüneburg. Elch-Sichtungen können übrigens auch über die App iMammalia gemeldet werden und tragen zum Schutz der Arten bei.

  • Gerade wer in Brandenburg lebt, sollte Warnschilder aufgrund von Elchen besonders ernst nehmen. Glücklicherweise sind Begegnungen mit ihnen im Straßenverkehr jedoch eine sehr seltene Unfallursache. Deutlich häufiger sind demnach Unfälle mit anderen Verkehrsteilnehmern sowie Zusammenstöße mit Laternen, Bäumen und ähnlichem. Zur Ermittlung des verursachten Schadens ist anschließend ein KFZ-Gutachter gefragt.

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