Die Kipppunkte sind überschritte, der Dorsch in der Ostsee wird sich wahrscheinlich nicht wieder erholen. Es macht es kein bisschen besser, dass wir schon lange gesagt haben, dass es so kommen wird. Und das Schlimmste ist: Es war absolut vermeidbar.
In der westlichen Ostsee ist der Dorschbestand so stark geschrumpft, dass er sich wahrscheinlich nicht mehr erholen kann. Das besagt eine neue Studie vom Centrum für Erdsystemforschung und Nachhaltigkeit der Universität Hamburg, die im Fachblatt “Scientific Reports” veröffentlicht wurde. Fischereidaten wurden zusammen mit statistischen Modellen analysiert.
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Wir haben immer vor dem Zusammenbruch des Dorsch-Bestands in der westlichen Ostsee gewarnt. Natürlich nicht alleine, NGOs und die Wissenschaft haben ihn seit Jahren am Horizont lauern sehen. Das schlechte Fischereimanagment konnte nur in den Abgrund führen. Unsere Warnungen wurden jedoch als hysterisch abgetan und konsequent ignoriert.
Jetzt ist es zu spät und amtlich. Die Politik hat über mehr als zwanzig Jahre dabei versagt, diesen einstigen Brotfisch der Ostseefischerei zu schützen und verantwortungsvoll zu managen. Jährliches Quotengeschacher und die Befriedigung von kurzfristigen Fischereiinteressen auf Druck der Lobby und im Hinblick auf Legislaturperioden haben zum Niedergang des Dorsches geführt. Ein Paradebeispiel für politische “unterlassene Hilfeleistung”, die eine einst im Überfluss vorhandene Art vor unserer eigenen Haustür an den Rand der Existenz bringt.
Ursachen und Folgen
Die Ursachen für das Verschwinden des Dorsches sind bekannt: Überfischung Klimawandel, Eutrophierung. Nachzulesen zum Beispiel hier: Der Dorsch in der Ostsee – eine Tragödie in (bis dato) vier Akten. Die Folgen sind ebenso klar: der Zusammenbruch des Bestandes bedroht jetzt massiv die Stabilität des Ökosystems und die Existenz von Fischern und Fischerinnen.

Die Verantwortung liegt bei der Politik. Es war falsch zu glauben, dass sich Fischbestände nach Jahrzehnten der Überfischung in wenigen Jahren erholen und entsprechend kurzfristig gemanagt werden können. Das war und ist politisches Wunschdenken und gefährlicher Standpunkt der Fischereilobby. So ignorierte zum Beispiel auch der Deutschen Fischereiverband jegliche Warnungen und überschlug sich noch vor vier Jahren mit der Prognose, 2019 würde der Dorschbestand wieder “gewaltig” sein — gefolgt von der Forderung nach einer Erhöhung der Fangmengen.
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Ich hoffe, dass es wenigstens jetzt in der Politik ankommen möge: Fischereimanagement muss fest im Vorsorgeprinzip verankert sein. Entwicklungen müssen über Dekaden hinweg mitgedacht werden, besonders im Kontext der Klimakrise. Dieses ökosystembasierte Fischereimanagement ist eigentlich in der Gemeinsamen EU-Fischereipolitik verankert, wird aber konsequent nicht angewandt. Ein fataler Fehler, wie sich am westlichen Dorsch nun zeigt.
Wir wissen heute auch schon: Abrupte Kipppunkte wie dieser werden aufgrund der Klimakrise häufiger. Niemand kann mehr die Augen vor den komplexen Auswirkungen der Klimakrise verschließen, die ein „Weiter wie bisher“ unmöglich machen, wenn wir gesunde Ökosysteme und Biodiversität erhalten wollen. Das betrifft eben auch das Meer und seine Fische. Fischereimanagement muss vor diesem Hintergrund bedeutend vorsichtiger werden.
Was ich mitbekomme durch Treffer auf meinem Angelhaken ist, daß Dorschbestände sich erholen.
Hallo Hansbert,
Der Dorschbestand der westlichen Ostsee ist offiziell kollabiert und deutlich kleiner als die sogenannte sichere biologische Bestandsgröße Blim.
Deshalb darf dieser Bestand nicht gezielt befischt werden und auch für die Freizeitfischerei gilt ein Fangverbot in 2024. Das Zurücksetzen ist in diesem Fall Verpflichtend.
Laut ICES wissenschaftlicher Beurteilung ist eine sehr leichte Aufwärtsbewegung der Bestandsgröße im Rahmen des möglichen, allerdings von einem extrem niedrigen Niveau. Eine Befischung und besonders die Entnahme größerer weiblicher Tiere verschlimmert die Situation. Jeder Dorsch, der im Wasser bleibt und sich fortpflanzen kann, ist wichtig.
Beste Grüße,
Stella Nemecky