Schutz der Dog­ger­bank: Die Rie­sen­sand­bank unter der Nordsee


Die Doggerbank ist so groß wie schleswig holstein und liegt unter dem bis zu 30 Meter Wasserspiegel der Nordsee. Dort leben Wale, Delfine, Rochen und korallen. Der WWF setzt sich für den Schutz aus.
Früher wohnten hier Menschen, heute Nagelrochen © iStock / Getty Images

Unter­ge­gan­ges Land, mit Walen, Del­fi­nen, Rochen und Koral­len — und alles in der Nord­see? Aber ja, die Dog­ger­bank. Höchs­te Zeit, sie wirk­lich zu schützen.

Wo liegt eigent­lich die Dog­ger­bank in der Nordsee?

Wuss­tet ihr, dass die Dog­ger­bank das dritt­größ­te Schutz­ge­biet in der Nord­see ist, nach dem Wat­ten­meer im Süden und dem Shet­land-Färoer-Kanal im Nor­den? Mit etwa 18.000 Qua­drat­ki­lo­me­ter grö­ßer als Schles­wig-Hol­stein, liegt sie im Vier­län­der­eck zwi­schen Groß­bri­tan­ni­en, den Nie­der­lan­den, Däne­mark und Deutschland.

Die Doggerbank vom Satelliten: riesige Sandbank zwiswchen England, Dänemark und Deutschland inmitten der Nordsee
Die Dog­ger­bank vom Satel­li­ten CC 1.0

Nun wer­det ihr sagen: “Erzähl mir doch nix vom Pferd, in mei­nem Atlas ist da kei­ne Sand­bank!” Tat­säch­lich war es aber mal so. In der Eis­zeit und Nach­eis­zeit leb­ten Men­schen auf “Dog­ger­land”. Seit­dem ist der Mee­res­spie­gel in der Nord­see um rund 100 Meter gestie­gen. Die heu­ti­ge Dog­ger­bank ist mit Was­ser­tie­fen zwi­schen 13 und 30 Metern stän­dig vom Meer bedeckt. Doch genau das macht sie in unse­rem Zeit­al­ter so schüt­zens­wert. “Sand­bän­ke mit nur schwa­cher stän­di­ger Über­spü­lung durch Meer­was­ser” müs­sen neben unter­see­ischen Rif­fen im Meer nach der Flora-Fauna-Habitat-(FFH)-Richtlinie der EU von den Mit­glieds­staa­ten streng geschützt wer­den. Was lebt denn da?

Eine Sand­bank besteht nicht nur aus Sand

Die Dog­ger­bank ist bekannt für ihren Arten­reich­tum: Im Mee­res­bo­den leben Muscheln, Wür­mer und Krebs­tie­re in gro­ßer Zahl. Die Ober­flä­che ist eben­falls an vie­len Stel­len besie­delt, z.B. durch die “Tote-Manns-Hand”, eine Weich­ko­ral­le oder die Well­horn­schne­cke. Der Tisch ist damit reich gedeckt für die Fisch­be­stän­de der Nord­see, von Kabel­jau bis Schol­le, Flun­der und See­zun­ge. Da die Dog­ger­bank auch gro­ße Schwär­me von Sand­aa­len ernährt, zieht sie See­vö­gel wie die Drei­ze­hen­mö­we und den Bass­töl­pel bei ihrer Nah­rungs­su­che an. Auch Rob­ben, Del­fi­ne und Schweins­wa­le kön­nen sich dort satt fres­sen und es gibt Anzei­chen, dass der frü­her ein­mal hei­mi­sche Zwerg­wal, der Kleins­te unter den Bar­ten­wa­len, dort wie­der ein­wan­dert. An den Abhän­gen der Bank kom­men außer­dem bedroh­te Arten wie die Island­mu­schel und See­fe­dern vor, lie­gen Laich­plät­ze gefähr­de­ter Knor­pel­fi­sche wie des Nagel­ro­chens. Wenn ihr mehr über die Arten und Lebens­ge­mein­schaf­ten der Dog­ger­bank erfah­ren wollt, lest ger­ne die­sen WWF-Fach­be­richt (Eng­lisch).

Wenn Mee­res­schutz zum Papier­ti­ger wird

Der WWF mach­te des­halb bereits 1998 den Vor­schlag, die Dog­ger­bank inter­na­tio­nal als Mee­res­schutz­ge­biet aus­zu­wei­sen. Wie immer gin­gen Jah­re ins Land, bis die poli­ti­sche Ein­sicht sieg­te und zunächst der deut­sche Teil der Dog­ger­bank im Jahr 2007 als Natu­ra 2000-Gebiet unter Schutz gestellt wur­de. Die Nie­der­lan­de zogen 2010 nach, Groß­bri­tan­ni­en 2013, aller­dings ohne die Wale neben der Sand­bank selbst als Schutz­gü­ter zu benen­nen. So konn­te man sich Lärm­schutz­maß­nah­men beim Bau von Wind­parks im bri­ti­schen Sek­tor gleich spa­ren. Däne­mark bemüh­te sich erst gar nicht groß um eine Anmel­dung als Schutz­ge­biet bei der EU, denn auf der däni­schen Sei­te gibt es gro­ße Erd­gas­vor­kom­men, deren Aus­beu­tung unlängst ange­kün­digt wur­de. In bei­den Fäl­len wur­den WWF und ande­re Umwelt­or­ga­ni­sa­tio­nen mit Ein­sprü­chen und Beschwer­den aktiv, denn bei­de staat­li­chen Ver­hal­tens­wei­sen ste­hen im Wider­spruch zum EU-Natur­schutz­recht. Ihr seht schon: Mit einer Poli­tik der klei­nen Abstri­che droh­te aus einem stren­gen Schutz­ge­biet schon wäh­rend sei­ner Aus­wei­sung ein bemit­lei­dens­wer­ter Papier­ti­ger zu werden!

Doch die schritt­wei­se Demon­ta­ge ging noch weiter.

Boden­schlepp- und Stell­net­ze im Schutz­ge­biet? Geht gar nicht, oder?

Die Doggerbank ist die Heimat vieler Fische und anderer Meeresbewohner wie Muswcheln, Wale und Korallen. Der WWF setzt sich für ihren Schutz ein.
Der Sand­aal: Einer der Bewoh­ner der Dog­ger­bank © Man­dy Lindeberg-NOAA-NM

Sagt doch der gesun­de Men­schen­ver­stand, dass sol­che Fang­me­tho­den die Lebens­ge­mein­schaft der Dog­ger­bank zer­stö­ren bzw. für Schweins­wa­le und Del­fi­ne zur Todes­fal­le wer­den. Lei­der schei­nen nicht mehr alle mit die­sem Ver­stand aus­ge­stat­tet, wie die fol­gen­de Geschich­te zeigt: Schon vor sie­ben Jah­ren baten die deut­sche, dann die nie­der­län­di­sche Regie­rung den Inter­na­tio­na­len Rat für Mee­res­for­schung (ICES) um fach­li­chen Bei­stand bei der Fra­ge, wel­che Ein­schrän­kun­gen für die Fische­rei not­wen­dig sein wür­den, um ihr Öko­sys­tem wirk­sam zu schüt­zen. Hier seht ihr den Manage­ment-Vor­schlag des WWF, am Bei­spiel der deut­schen Flä­chen auf der Bank. Die Emp­feh­lun­gen des ICES sind dar­in berück­sich­tigt. Auf die­ser Basis began­nen 2011 Gesprä­che von Ver­tre­tern der vier betei­lig­ten Mit­glieds­staa­ten, der EU-Kom­mis­si­on, und der Fische­rei- und Umwelt­ver­bän­de. Man saß anfangs sprich­wört­lich um einen run­den Tisch. Dar­auf eine Kar­te der Dog­ger­bank in der Mit­te. Jeder zeich­ne­te sein Wis­sen ein, von Fisch­grün­den über Flä­chen mit beson­de­rer bio­lo­gi­scher Viel­falt bis zu den Emp­feh­lun­gen der Wis­sen­schaft­ler, wo Gebie­te für schäd­li­che Fang­me­tho­den geschlos­sen wer­den soll­ten. Zunächst begann alles hoff­nungs­voll. Wir dis­ku­tier­ten, die Hälf­te der Bank für boden­be­rüh­ren­des Fang­ge­rät wie Schlepp­net­ze, Kur­ren, Dred­gen und Waden­net­ze zu sper­ren. Das deut­sche Bun­des­amt schlug zudem vor, in sei­nem Bereich Stell­net­ze zu verbieten.

Der Berg kreiß­te und gebar eine Maus: Aus 50 Pro­zent Dog­ger­bank wur­den 5

Nach fünf Jah­ren Ver­hand­lungs­ma­ra­thon und mas­si­vem Druck der Fische­reilob­by, vor allem über Frak­tio­nen im nie­der­län­di­schen Par­la­ment, ste­hen die Bemü­hun­gen zum Schutz der Dog­ger­bank nun vor einem Scher­ben­hau­fen: Nur noch 34 Pro­zent der Bank sol­len für einen Teil der Boden­fang­ge­rä­te gesperrt wer­den, nur fünf Pro­zent für alle. Genau so viel macht näm­lich, auf die gesam­te Bank umge­rech­net, die kom­plet­te Schlie­ßung der Hälf­te des deut­schen Teils aus, an der die Bun­des­re­gie­rung zum Glück fest hält. Unser WWF-Büro in Brüs­sel reagiert mit schar­fer Kri­tik. Die gemein­sa­me Fische­rei­po­li­tik der EU schreibt vor, dass sich Mit­glieds­staa­ten erst einig sein müs­sen, bevor sie der Kom­mis­si­on Fische­rei­be­schrän­kun­gen in Schutz­ge­bie­ten vor­schla­gen, die die­se dann rechts­ver­bind­lich für die Fang­flot­ten aller EU-Staa­ten erlässt. Bei der Dog­ger­bank hat die­ses Ver­fah­ren lei­der zum kleins­ten gemein­sa­men Nen­ner geführt.

Hat der Schutz der Mee­res­na­tur da noch eine Chan­ce? Ich mei­ne ja. Die Kom­mis­si­on kann einen sol­chen Antrag als unzu­rei­chend ableh­nen, wenn er dem euro­päi­schen Natur­schutz­recht nicht Genü­ge leis­tet. Dar­auf wol­len wir vom WWF jetzt als nächs­tes hinwirken.

Und was kannst Du tun?

EU-Kom­mis­si­on und ihr Prä­si­dent Jean-Clau­de Jun­cker pla­nen, die Natur­schutz­ge­set­ze für die Indus­trie auf­zu­wei­chen. Damit ste­hen die euro­pa­wei­ten Natur­schutz­er­fol­ge der letz­ten 20 Jah­re auf dem Spiel! Bedroh­te Arten wie Luchs, Kegel­rob­be und Braun­bär wären schutz­los. Über 27.000 Schutz­ge­bie­te wären gefähr­det.  Gemein­sam kön­nen wir die Plä­ne der Kom­mis­si­on noch stoppen!

Hier infor­mie­ren — und der Natur Dei­ne Stim­me geben!

Wie hat Dir die­ser Bei­trag gefallen? 

Sehr schön, das freut uns! Viel­leicht magst Du ja… 

…die­sen Bei­trag jetzt teilen: 

Scha­de, dass Dir der Bei­trag nicht so gut gefal­len hat. 

Dein Feed­back wäre sehr wert­voll für uns. 

Wie könn­ten wir die­sen Bei­trag Dei­ner Mei­nung nach optimieren? 

Fol­ge uns in Social Media:
Facebook
Twitter
Youtube
Instagram
LinkedIn
TikTok
Newsletter
Vorheriger Beitrag Mit Andreas Hoppe durch das Naturschutz-Re­fu­gi­um Schaalsee
Nächster Beitrag Was der Brexit für den Naturschutz bedeutet

4 Kommentare

  1. Sigrid Grothe
    23. Juni 2016
    Antworten

    Ich bin ent­setzt wie man mit der Natur umgeht. Hal­lo, wir haben nur die­se eine, unse­re Erde. Wie kann man Natur­schutz­ge­bie­te für die Indus­trie ““auf­wei­chen”” wol­len. Was müh­sam erkämpft wor­den ist, wol­len Sie und Ihre Hel­fer ein­fach so zer­stö­ren? Das geht gar nicht.
    Ich pro­tes­tie­re ener­gisch gegen Ihre Machen­schaf­ten mit unse­rer Umwelt. Sig­rid Grothe

    • Avatar-Foto
      28. Juni 2016
      Antworten

      Hal­lo Frau Grothe,
      ich neh­me an, Ihr Pro­test ist an die Euro­päi­sche Kom­mis­si­on im Rah­men von #natu­re­al­ert gerich­tet und nicht an den WWF, der sich für eine kon­se­quen­te Umset­zung der EU-Natur­schutz­richt­li­ni­en ohne Auf­wei­chung ein­setzt, wie auch hier im Fal­le der Doggerbank.
      Bes­te Grüße
      Ste­phan Lutter

  2. Hellmut Lempp
    25. Juni 2016
    Antworten

    Sig­rids Kom­men­tar könn­te man ohne wei­te­res mit eini­gen zig­tau­send Unter­schrif­ten schmü­cken. Oder auch einer hal­ben Million!

Einen Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert