Geld regiert die Welt, wie es immer so schön heißt. Und oft genug werden ökologische und ethische Faktoren bei Geldgeschäften ausgeblendet oder unter den Tisch fallen gelassen. Jeder*r Einzelne kann dem jedoch etwas entgegensetzen. Unser aller Aufgabe ist es, Augen und Ohren offenzuhalten und zu prüfen, was tatsächlich mit unserem Geld passiert. Wo wird es angelegt? In was wird investiert? Als VWL-Studentin interessieren mich Finanzströme ganz besonders. Deswegen habe ich mich diesem komplexen Thema in meinem 2°Changemaker-Projekt gewidmet und eine Divestment-Kampagne an meiner Uni geplant.
Was genau ist eigentlich Divestment?
Um das 2°C‑Limit einzuhalten, sind eine Abkehr von fossilen Energieträgern und stattdessen Investitionen in erneuerbare Energien notwendig. Eine Möglichkeit dazu ist es, den fossilen Energien ihre Finanzierungsquellen zu entziehen, also zu deinvestieren. Denn viele Unis, Städte, Kommunen, Kirchen oder andere Institutionen investieren direkt oder indirekt z.B. in RWE, Shell oder Gazprom. Divestment bedeutet, dass man sich von Aktien, Anleihen oder Investmentfonds trennt, die unökologisch oder ethisch fragwürdig sind.
Divestment ist das Gegenteil einer Investition
Es gibt bereits eine weltweite Divestment-Bewegung. Diese Fossil Free-Bewegung wird von einer breiten Basis tausender Graswurzelaktivist*innen angetrieben, die ihre Institutionen dazu auffordern, aus fossilen Brennstoffen zu deinvestieren. Koordiniert wird dies auf internationaler Ebene von der Organisation 350.org. Erfolge hat die Fossil Free-Bewegung z.B. in der Stadt Münster oder der evangelischen Kirche Hessen-Nassau mit einer vollständigen Deinvestion oder bei der Allianz mit einer anteiligen Deinvestition erzielt.
Den fossilen Energieträgern den Geldhahn abdrehen – aber wie?
Wir können alle gemeinsam dafür sorgen, dass sich Investitionen in fossile Brennstoffe nicht mehr lohnen. Wie? Zum Beispiel durch eigene Divestment-Kampagne. Wir alle können versuchen, große Investoren wie Universitäten, Städte oder Kirchen davon zu überzeugen, nicht mehr in fossile Energien zu investieren.
So geht eine Divestment-Kampagne
Hier möchte ich dir einen Leitfaden an die Hand geben, um deine eigene Divestment-Kampagne an deiner Uni auf die Beine zu stellen. Dazu möchte ich meine Erfahrungen von meiner Kampagne an meiner Uni mit dir teilen. Ganz grob habe ich mich am Leitfaden von Fossil Free orientiert, allerdings musste ich deutlich kleinschrittiger vorgehen. Betonen möchte ich noch, dass sich diese Schritte kaum nacheinander abarbeiten lassen, sondern meist parallel an verschiedenen Stellschrauben gedreht werden sollte.
1. Kontakt zur Fossil Free Ortsgruppe
In meinem Fall gab es vor einiger Zeit schon mal eine Fossil Free-Initiative für meine Stadt. Diese Gruppe hatte sich zwar leider aufgelöst, ich bekam durch Telefonate mit ehemaligen Gruppenmitgliedern aber Zugang zu den damaligen Rechercheergebnissen und Tipps für meine Kampagne. Außerdem erhielt ich Kontaktdaten von Ansprechpartner*innen bei Fossil Free Deutschland und bei der Greenpeace-Ortsgruppe in meiner Stadt. Hier gibt’s eine Übersicht über alle bestehenden Gruppen .
2. Recherche zur Finanzsituation der Uni
Für meine Kampagne musste ich einiges über die Finanzsituation meiner Uni herausfinden. Fragen nach der Rechtsform der Uni, den Zuständigen für Finanzen und den Kriterien für Geldanlagen sollten unbedingt geklärt sein. Am wichtigsten ist natürlich herauszufinden, wo und wie die Uni das Geld anlegt. Tipp: Bei der Recherche kann es hilfreich sein, wenn du dir ein kleines Team von Gleichgesinnten suchst, die dich unterstützen.
3. Netzwerk aufbauen
Wie Dein Netzwerk konkret aussieht, ist sicher von den individuellen Gegebenheiten abhängig. Mein Netzwerk hatte verschiedenste Anknüpfungspunkte und Gesichter. An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an alle, die mich unterstützt haben: Johannes Berliner vom WWF Deutschland, Tine Langkamp von 350.org, ehemalige Mitglieder der Fossil Free-Initiative meiner Stadt, die Greenpeace-Ortsgruppe meiner Stadt, Freund*innen, die an anderen Unis bei Fossil Free aktiv sind und mir berichten konnten, wie die Kampagnen bei ihnen abgelaufen sind und das Finanzdezernat meiner Uni. Tipp: ggf. kannst Du noch Dozent*innen und Kommiliton*innen um Unterstützung bitten. Auch Hochschulgruppen, Fachschaften, die Grüne Jugend o.ä. Jugendverbände können Dich vielleicht unterstützen.
4. Anfrage an das Finanzdezernat
Dieser Punkt war am schwierigsten. Da die Bilanz meiner Uni nicht online verfügbar war, musste ich im E‑Mailverkehr mit dem Finanzdezernat meine Motivation erläutern und um die Bilanz bitten. Hier gibt es zwei Möglichkeiten vorzugehen: Freundliches Interesse bekunden, oder auf Konfrontation gehen und Druck machen, indem man auf die Umweltinformationspflicht verweist. Ich habe zunächst ersteren Weg gewählt, um mir an der Uni keine Türen zu verschließen und hinterher ohne Bilanz dazustehen. Dies ist leider nicht aufgegangen. Ich habe die Rückmeldung erhalten, dass mir vorerst keine Bilanz zur Verfügung gestellt werden kann. Man sagte mir, es werde noch darüber beraten, ob dies grundsätzlich möglich ist. Damit war mein Projekt vorerst beendet. Denn ohne Bilanz weiß ich nicht, ob meine Uni in fossile Energieträger investiert. Und ohne das zu wissen, kann ich auch nicht fordern, dass deinvestiert werden soll.
5. Forderung nach Divestment
Wenn es Euch gelingt, die Bilanz zu erhalten und Ihr feststellt, dass Eure Uni in fossile Energieträger investiert, steht der Forderung nach Divestment nichts mehr im Wege. Dann ist es nur sehr wichtig, dass Ihr vorher die Studierendenschaft und somit die Öffentlichkeit mobilisiert (z.B. mit einer Petition, Podiumsdiskussion oder Infoabenden). Orientiert euch bei eurer Forderung nach Divestment am besten an erfolgreichen Beispielen, z.B. aus Münster oder Berlin.
Wie geht es an meiner Uni weiter?
Ab September werde ich ein Auslandssemester machen und mein Divestment-Projekt nicht aktiv weiter verfolgen können. Ich werde aber ein Fact Sheet erstellen, mit allen Infos und Ansprechpartner*innen, die ich für meine Uni herausgefunden habe und dieses Fact Sheet mit Greenpeace und Fossil Free teilen. Außerdem versuche ich gerade, Kontakte zum Asta zu knüpfen. Ich hoffe, dass sich bestenfalls jemand aus diesen drei Gruppen in meiner Abwesenheit um die Beschaffung der Bilanz kümmern wird. Dann können wir in einem halben Jahr mit der konkreten Kampagne durchstarten.
Lasst uns der Kohle die Kohle entziehen!
Alles in allem lief meine Divestment-Kampagne anders als erhofft, da ich die Bilanz meiner Uni in diesen fünf Monaten nicht erhalten konnte. Trotzdem habe ich sehr viel gelernt und bin vor allem sehr glücklich über das große Netzwerk, das ich mir in dieser kurzen Zeit aufbauen konnte. Somit bin ich sehr motiviert, nach meinem Auslandssemester die Bilanz doch noch aufzutreiben oder zumindest Nachfolger*innen zu finden, die meine Uni zum Divestment bringen. Hast du Fragen oder Anregungen zu deiner oder meiner Divestment-Kampagne? Dann melde dich jederzeit gerne über die Kommentarfunktion bei mir. In diesem Sinne, lasst uns der Kohle die Kohle entziehen und an so vielen Unis, Schulen und Städten wie möglich Divestment-Projekte umsetzen!
Liebe Frau Stocks,
ein Artikel in unserer Tageszeitung hat mich auf Sie aufmerksam gemacht. Ich bin seit 1996 leidenschaftlich Energieberater, um dem Klimawandel die Stirn zu bieten. Doch immer stärker ist mir bewusst geworden, dass wir in Deutschland an dem Ziel vorbeischlittern.
Ich hatte deshalb im letzten Jahr angefangen, öffentliche Vorträge zum Thema “Klimawandel” zu halten. Inzwischen bin ich in dieser Sache schon mit weiteren Aktivisten vernetzt, so dass ich Unterstützung bei meinen Vorträgen bekomme.
Ihren Blog zur Divestment-Kamkampagne finde ich interessant sowie auch den Blog von Herrn Joern Ehlers zum Thema “Die fünf Klimaversprechen der Angela Merkel”. Gern nehme ich die Informationen auf und werde sie auch in meinen Vorträgen mit verarbeiten und verbreiten.