Seit sieben Jahren arbeite ich als Pressereferent für den WWF Deutschland. Demzufolge würde ich behaupten, mich bei Artenschutzthemen ganz gut auszukennen. Mir war durchaus bewusst, dass Wilderei kein “exotisches” Problem ist, denn auch in Deutschland passieren unglaubliche Dinge.
So wurden allein in Sachsen innerhalb der vergangenen Jahre nachweislich sieben Wölfe illegal erschossen. Im Bayerischen Wald verschwinden regelmäßig Luchse in einem „Bermudadreieck“ jenseits der Nationalparkgrenzen. Auch Greifvögel werden zu Hunderten Opfer von illegalen Abschüssen oder Giftmischern. Wie weit verbreitet Wilderei auf heimische Eidechsen, Frösche und Singvögel ist, war mir jedoch neu. Ein illegales Millionen-Euro-Geschäft!
“Wilderer haben in Deutschland leichtes Spiel” Pressemitteilung vom 03. August 2015
Das Correctiv ist der Wilderei auf der Spur
“Die Tierdiebe” heißt eine Dokumentation, die am Montagabend in der ARD zu sehen ist. Der Journalist Bastian Schlange vom “Correctiv” hat dafür ein Jahr lang recherchiert und eine bemerkenswerte Geschichte zusammengestellt, die mich sehr nachdenklich und ärgerlich macht.
“Innerhalb von elf Jahren verkauft Stefan R. rund 10.000 heimische Reptilien und Amphibien, angeblich legal gezüchtet. In einem einzigen Jahr deklariert er gut 3000 Tiere als eigene Nachzuchten, 600 Laubfrösche, über 300 Rotbauchunken, hunderte Bergmolche, Zauneidechsen und Feuersalamander. Kann ein einzelner Züchter solche Mengen aufziehen? Biologisch betrachtet völliger Irrsinn.”
“Die Tierdiebe”
Die Tierdiebe sind unter uns
Ich kann diese Dokumentation nur jedem ans Herz legen. Was mich am meisten schockiert hat, war neben der hohen kriminellen Energie von scheinbar normalen Mitbürgern auch die Machtlosigkeit der Ermittlungsbehörden.
“Tatsächlich beobachten Tierschützer Stefan R., wie er mit Plastiktüten voller Smaragdeidechsen durch den Kaiserstuhl bei Freiburg schleicht. Auswertungen seiner SMS belegen, dass er in Mecklenburg-Vorpommern regelmäßig Tiere ordert, Arbeitslose in Feuchtgebiete schickt und sie dort Kröten, Frösche, Echsen fangen lässt. Meist bekommt er die Tiere per Post. In normalen Paketen, ohne Nahrung oder Wasser, mit teils verheerenden Todesraten. Die Behörden winken trotzdem jahrelang durch, was Stefan R. meldet.”
Sendetermine: “Die Tierdiebe” im Ersten und auf Tagesschau24.

WWF fordert Behörden zum Handeln auf
Während in Ländern wie Österreich (Bundeskriminalamt), Italien (Sondereinheit der Forstpolizei) und den USA (Fish and Wildlife Service) Wilderei-Delikte von speziell ausgebildeten und ausgerüsteten Sondereinheiten verfolgt wird, ist in Deutschland die örtliche Polizeibehörde meist auf sich alleine gestellt. Ohne spezifische fachliche Ausbildung und Routine ist ein Aufklären derartiger Delikte schwer möglich. Wozu das führt, zeigt die Dokumentation sehr deutlich. Daher hoffe ich sehr, dass möglichst viele diese Arbeit sehen und sich hierzulande daraufhin etwas tut.
Guten Tag, dass nach wie vor Raubtiere wie der Wolf, der Luchs und Greifvögel zuhauf ermordet werden ist ja nicht neu. Vielen Jägern passt es nicht, dass große Raubtiere ihnen “die Beute streitig machen”. Sie führen einen fast persönlichen Krieg gegen diese Predatoren. So lange die private “Hobby” Jagd weiterhin erlaubt ist, wird sich an dieser Praxis wohl auch nichts ändern. Bei dem anderen Problem sehe ich genauso schwarz: die Polizei ist doch jetzt mit der aktuellen Kriminalität schon restlos überfordert, das wird sich auch wohl noch steigern. Tierdiebstahl ist da in der Prioritätenliste nur ein “Kavaliersdelikt”. Diese Aufgabe einer Vorsorge können m.E. nur gut ausgebildete “Ranger” übernehmen, die ihre Gebiete überwachen. Auf die Behörden zu hoffen — ein mitunter hoffnungsloses Unterfangen.
Frdl. Grüße
B. Riepen
Ich kann mich dem vorherigen Kommentar nur schließen. Es müssen dringend die Gesetze dahingehend geändert werden, dass Tiere nicht mehr als Sache deklariert werden. Es sind Lebewesen, wie der Mensch, die die gleichen Emotionen haben und auch ebenso Schmerz empfinden können. Was bildet der Mensch sich ein, aus einem denkenden — ja auch Tiere können denken — und fühlenden Lebewesen eine Sache zu machen. Alleine die Deklaration !Nutzvieh” zeigt die Wertschätzung anderer Lebewesen durch den Menschen.
Warum darf eigentlich jeder Dahergelaufene einen Jagdschein machen? Um diesen Schein, der in vielen Händen zum Wisch verkommt, erwerben zu können, muss entweder eine eigene Jagd sei es gekauft oder gepachtet nachgewiesen werden. Denn hier wird nicht nur hirnlos herumgeballert, sondern die Hege und Pflege wird zur Pflicht. Hirnlos aus dem Grund, weil die eigenen Jagdhunde nicht nur Warnwesten tragen müssen, sondern teilweise sind diese kugelsicher, damit sie von einem sogenannten Jäger nicht auch noch abgeknallt werden.
Meinen Eltern ist der im Filmbeitrag gezeigte Vogelfänger auch gelegentlich bei Spaziergängen begegnet. Weil ihnen und auch anderen Anwohnern sein Verhalten komisch vorkam, haben sie sich das auch mal näher angeschaut und Fallen im Wald gefunden. Bei einer der Begegnungen hat der Mann meiner Mutter einen Schlagstock präsentiert und gedroht, meinen Vater zu verprügeln. Meine Eltern hatten dann auch Kontakt zu Polizei und Umweltschutz.
Obwohl mir die Thematik also eigentlich bekannt war, habe ich sie bislang nicht so ernst genommen. Es fällt mir wesentlich schwerer, die heimischen Tiere als bedroht wahrzunehmen. Insbesondere von Wilderei. Vielleicht, weil ich sie im Gegensatz zu den “exotischen” Tieren aus freier Natur kenne, und mir nicht vorstellen kann, dass es so ein lukratives Geschäft ist, sie zu fangen und zu verkaufen. Leider wirkt die eigene Umwelt dadurch, dass sie bekannt ist, nicht so spektakulär. Schade eigentlich.
Ich bin für den Beitrag sehr dankbar, weil er bei mir noch einmal mehr das Bewusstsein für dieses Thema verstärkt hat.