Asia­ti­sche Mari­en­kä­fer: Pla­ge der Glücksbringer

Invasiv: der Asiatische Marienkäfer © IMAGO / STAR-MEDIA

Gera­de im Herbst kön­nen Haus­be­sit­zer über eine Mari­en­kä­fer Pla­ge schimp­fen. Dabei freu­en sich doch eigent­li­che alle über Mari­en­kä­fer. Sie sehen süß aus, gel­ten als Glücks­brin­ger und fres­sen ger­ne Blatt­läu­se. Doch ist Euch auf­ge­fal­len, dass Mari­en­kä­fer heu­te oft irgend­wie anders aus­se­hen als noch vor weni­gen Jah­ren? Eine Art wird immer häu­fi­ger, deren Grund­fär­bung auch oran­ge oder gelb­lich sein kann. Das ist der Asia­ti­sche Mari­en­kä­fer (Har­mo­nia axy­ri­dis), der wegen sei­ner unter­schied­li­chen Fär­bun­gen „Har­le­kin“ genannt wird.

Wie kommt der Asia­ti­sche Mari­en­kä­fer hierher?

Ursprüng­lich in Chi­na und Japan behei­ma­tet, wur­de die Art im 20. Jahr­hun­dert zur bio­lo­gi­schen Schäd­lings­be­kämp­fung in Gewächs­häu­sern zunächst nach Nord­ame­ri­ka und dann auch nach Euro­pa ein­ge­führt. Und wahr­lich ist der Käfer ein ech­tes Blatt­laus­mons­ter. Schon die Lar­ve ver­tilgt in den zwei Wochen ihres Lebens bis zu 1200 Blatt­läu­se. Ein­mal aus­ge­wach­sen, geht es gleich wei­ter. Jeden Tag frisst ein Tier zwi­schen 100 und 270 Blatt­läu­se. Tag für Tag wäh­rend ihres gesam­ten Lebens, das im Extrem­fall bis zu drei Jah­ren dau­ern kann. Dazu bekommt der Har­le­kin noch zwei- bis drei­mal im Jahr Jun­ge. Eigent­lich ein Wun­der­tier, mit des­sen Hil­fe die Gärt­ne­rei­en vie­le Pes­ti­zi­de einsparen.

Ver­drän­gen asia­ti­sche Mari­en­kä­fer ein­hei­mi­sche Arten?

Bedroht: Hei­mi­scher Sie­ben­punkt-Mari­en­kä­fer. Foto: Pol­ly­Dot / Pix­a­bay / CC0

Ja, genau das ist das Pro­blem: Der Har­le­kin-Käfer fühlt sich auch im Frei­land wohl und ver­drängt hier die ein­hei­mi­schen Mari­en­kä­fer. Im Jahr 1988 wur­de er zuerst in Loui­sia­na im Frei­land beob­ach­tet. Bis Mit­te der 1990er brei­te­te er sich bereits in 24 Bun­destaa­ten der USA vom Atlan­tik bis zum Pazi­fik aus. In Euro­pa wur­de er im Jahr 2001 zunächst in Bel­gi­en im Frei­land gesich­tet. Seit 2002 gibt es ihn in Mas­sen in West­deutsch­land, zwei Jah­re spä­ter in Frank­reich und der Schweiz und inzwi­schen ist er nahe­zu flä­chen­de­ckend vorhanden.

Zuneh­mend wird der Asia­ti­sche Mari­en­kä­fer nun zur Bedro­hung für die ein­hei­mi­schen Tie­re. Sind die Blatt­läu­se näm­lich alle auf­ge­fut­tert, machen sich Lar­ven und Käfer über alles her, was sie ver­til­gen kön­nen. Dabei machen sie auch nicht vor ande­ren Mari­en­kä­fern und ihren Lar­ven halt. Und so wer­den die ein­hei­mi­schen Arten immer seltener.

Wel­che Mari­en­kä­fer sind in Deutsch­land hei­misch und was ist der Unter­schied zu den Asia­ti­schen Marienkäfern?

Von Natur aus kom­men in Deutsch­land über 70 Mari­en­kä­fer­ar­ten vor. Deren häu­figs­te sind der Sie­ben­punkt-Mari­en­kä­fer - wie der Name schon sagt, trägt er sie­ben schwar­ze Punk­te auf den roten Flü­gel­de­cken — und der Zwei­punkt-Mari­en­kä­fer. Es gibt aber auch gel­be und bräun­li­che oder dunk­le mit hel­len Punk­ten. Der Asia­ti­sche Mari­en­kä­fer trägt auf sei­ner unter­schied­lich hel­len Grund­far­be bis zu 19 Punk­te. Die­se kön­nen sogar so aus­ge­prägt sein, dass es scheint, der Käfer sei schwarz mit roten Punkten.

Tre­ten im Herbst in Mas­sen auf: Asia­ti­sche Mari­en­kä­fer © Ian_Redding / iStock / Get­ty Images

An Nah­rung ver­tilgt der Asia­ti­sche Mari­en­kä­fer fünf­mal so viel wie der Sie­ben­punkt. Und wäh­rend der Sie­ben­punkt nur ein­mal im Jahr Kin­der bekommt, sor­gen die Har­le­kins jähr­lich für bis zu drei Generationen.

Das „Gift“ der Asia­ti­schen Marienkäfer

For­scher aus Jena haben einen wei­te­ren Grund gefun­den, war­um der Har­le­kin so viel kon­kur­renz­fä­hi­ger ist als die ein­hei­mi­schen Arten: eine Art „Bio­waf­fe“. Im Blut des Asia­ti­schen Mari­en­kä­fers fin­den sich Micro­spo­ri­di­en, pilz­ähn­li­che Ein­zeller, die Kör­per­zel­len eines Wir­tes befal­len und ihm nach­hal­tig scha­den kön­nen. Mit den gefähr­li­chen Ein­zellern kön­nen sich ein­hei­mi­sche Mari­en­kä­fer­ar­ten infi­zie­ren, wenn sie Eier und Lar­ven des Har­le­kins fres­sen wol­len. Der Har­le­kin hin­ge­gen ist immun.

Kann der Asia­ti­sche Mari­en­kä­fer bei­ßen und ist das gefähr­lich für den Menschen?

Tat­säch­lich kön­nen Har­le­kin-Käfer bei­ßen und die­sen klei­nen Biss spürt man auch. Er ist aber nicht gif­tig und für Men­schen ungefährlich.
Man­che von Euch wer­den viel­leicht auch ander­wei­tig schon unter den Asia­ti­schen Mari­en­kä­fern gelit­ten haben: Im Herbst kön­nen sie zur Pla­ge wer­den, wenn sie zu Tau­sen­den Unter­schlupf für den Win­ter suchen und zum Bei­spiel plötz­lich in einer rie­si­gen Trau­be in der Woh­nung unter der Decke hängen.

Wie wird man die Mari­en­kä­fer Pla­ge los?

Asia­ti­sche Mari­en­kä­fer ver­meh­ren sich schnell. Foto: Brett_Hondow / Pix­a­bay / CC0

Die Bekämp­fung der Mari­en­kä­fer Pla­ge ist schwie­rig. Doch ein paar Tipps gibt es: Oft sit­zen gan­ze Kolo­nien im Herbst an Haus- und Gara­gen­wän­den. Sie suchen ein Win­ter­quar­tier. Ihr könnt aber vor­sor­gen, damit die Har­le­kin-Käfer nicht ins Haus ein­drin­gen. Sie wer­den von hel­len, von der Son­ne ange­strahl­ten Flä­chen ange­zo­gen. Beson­ders hier soll­te man Beschä­di­gun­gen an Putz, Fens­tern und Türen fli­cken. Auch Flie­gen­git­ter hel­fen. Die Asia­ti­schen Mari­en­kä­fer rich­ten aber kei­nen Scha­den an und ver­fal­len in eine Art Win­ter­star­re. Dann kann man sie ganz ein­fach mit Besen und Schau­fel auf­sam­meln und nach drau­ßen bringen.

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Mari­en­kä­fer Pla­ge oder nicht: Ins­ge­samt wer­den wir den Har­le­kin in Deutsch­land und Euro­pa nicht mehr los. Ein­mal hier, ist er nun nicht mehr zu bekämp­fen. Und natür­li­che Fein­de haben Mari­en­kä­fer bei uns weni­ge, weil die Hämo­lym­phe, das „Blut“ der Käfer, so schlecht schmeckt.

Das Pro­blem mit ein­ge­schlepp­ten, inva­si­ven Arten

An die­sem Bei­spiel sieht man, dass gut gemeint nicht immer gut gemacht ist. Wir wis­sen viel zu wenig, um frem­de Tier- und Pflan­zen­ar­ten bewusst bei uns ein­zu­schlep­pen und ins Frei­land zu ent­las­sen. Die Aus­wir­kun­gen auf die Öko­sys­te­me sind nicht vor­her­zu­se­hen. Das trifft noch mehr auf gen­tech­nisch ver­än­der­te Lebe­we­sen zu. Des­halb Fin­ger weg davon!

Ster­ben die ein­hei­mi­schen Mari­en­kä­fer aus?

Dafür dass die ein­hei­mi­schen Mari­en­kä­fer nun aus­ster­ben, gibt es bis jetzt kei­ne Anhalts­punk­te. Vie­le ein­ge­schlepp­te Arten neh­men nach einem ers­ten „Hoch“ wie­der ab, weil doch noch Krank­hei­ten oder Fein­de aus ihrer Hei­mat nach­kom­men. Nur weni­ge sind wirk­lich so inva­siv, dass sie ein­hei­mi­sche Arten dau­er­haft ver­drän­gen. Auf jeden Fall ist es ein Grund, etwas genau­er zu betrach­ten, was in unse­rer Natur vor sich geht.

Übri­gens: War­um der Mari­en­kä­fer Mari­en­kä­fer heißt

Der Name Mari­en­kä­fer kommt von der guten Eigen­schaft der klei­nen Krabb­ler, so vie­le Schäd­lin­ge zu fres­sen: Ein Tier, das soviel Gutes tut, muss ein Geschenk der Jung­frau Maria an die Bau­ern sein. Die­ses Mus­ter eines nütz­li­chen Insekts kommt im Anse­hen gleich nach den flei­ßi­gen Bienchen.
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Schon als kleiner Junge in Nürnberg begeisterte ich mich für die Wunderwelt von Tieren und Pflanzen und wollte Biologe werden. Seit meiner Jugend arbeite ich ehrenamtlich in verschiedenen Naturschutzorganisationen. Nach dem Biologiestudium forschte ich einige Zeit zur Entwicklung von Naturwaldreservaten, arbeitete als freier Journalist zu Naturschutz- und Umweltthemen und leitete 13 Jahre lang die Bundesgeschäftsstelle der Deutschen Umwelthilfe in Berlin. Beim WWF setze ich mich seit 2014 dafür ein, die Naturschätze in Deutschland zu erhalten und den Verlust der Biodiversität zu stoppen.

Kommentare (13)

  • Sehr interessanter Beitrag! Ich beschäftige mich gerade an der Universität mit Neophyten und Neobionten. Der Asiatische Marienkäfer ist auf jeden Fall ein gutes Beispiel dafür.
    Ich finde sehr gut, dass am Ende noch mal angesprochen wurde, dass es eine Problematik mit invasiven Arten gibt, welche man genau im Auge behalten sollte, damit die einheimische Flora und Fauna nicht beeinträchtigt oder verdrängt wird.

  • Interessant, ich wurde heute erst von einem Marienkäfer gebissen. Ich dachte erst, ich spinne, denn dass Marienkäfer Menschen beißen können, war mir völlig neu. Eine kurze Recherche ergab jedoch, dass es sich tatsächlich um einen asiatischen Käfer handelt, der durchaus auch zubeißen kann.
    Eine Sache ist mir jedoch nicht klar: Warum beißen diese Käfer manchmal Menschen? Auf der Speisekarte dürften wir wohl eher nicht stehen.

  • Ein interessanter und aufschlussreichen Artikel! Eigentlich wollte ich nur erfahren, warum einige Marienkäfer gelb bzw. orange sind und ich meiner Wahrnehmung trauen kann, dass mich tatsächlich ein Marienkäfer gebissen hat. Dabei habe ich dann hier so viel, in kompakter und kurzweiliger Form, weiteres erfahren. Vielen Dank für diesen Beitrag!

  • Ich bin gestern am Oberarm von einem asiatischen Marienkäfer gebissen worden, fühlte sich an wie kleine Nadelstiche gefolgt von einem Brennen auf der Haut, die Haut war an den Bissstellen stark gerötet und ist auch noch heute deutlich gerötet und zu erkennen, weitere Beschwerden wie jucken oder eine Schwellung habe ich nicht.

  • Da in meinem Garten plötzlich eine Invasion winziger asiatischer Marienkäfer stattfindet, suchte ich nach Hinweisen und habe diese Berichte aufmerksam gelesen. Ich habe eine Vermutung, wo diese Käfer p l ö t z l i c h hergekommen sind. Vor ein paar Tagen habe ich 2 Säcke mit Pinienrinde auf 2 Beeten verteilt. Danach fiel mir auf, dass die Drosseln zu Scharen unentwegt in diesem Belag wühlten und pickten. Danach habe ich genauer hingesehen und diese vielen Käfer entdeckt. Vielleicht sollte man nicht solchen Rindenmulch in den Garten holen.

    • wir haben heute (21.02.21) einen Marienkäfer an einem Blumenstock gefunden.
      Nach Recherch stellte ich fest, dass es sich um den Asiatischen Marienkäfer handelt.

  • Bei uns im Vogtland ist der "kleine Asiate" echt schon eine Plage. Unser Wohnhaus hat eine weiße Fassade und im Herbst sammeln sich da diese Käfer in Unmengen. Im Garten sehe ich mittlerweile mehr von denen als einheimische Marienkäfer. Das aber schon mehrere Jahre. Aber gegen Blattläuse sind sie unschlagbar, das muss ich neidlos anerkennen. Daher sehe ich sie im Garten eher mit einem weinenden und mit einem lachenden Auge.
    Ich hoffe, dass die Natur schon irgendwie damit klar kommt. Ich jedenfalls bekämpfe die Käfer nicht.

  • Wir haben einen Baum in dem jedes Frühjahr eine Marienkäfer-Party stattfindet. Dieses Jahr habe ich die Marienkäfer mal etwas intensiver beobachtet und deshalb etwas nachgeforscht. Euer Beitrag war hier sehr aufschlussreich. Da in diesem Baum dann hunderte von Marienkäferlarven sind sammeln wir manche ein und setzen diese ins Gemüsebeet. Für uns ist das eine sehr große Hilfe, da wir nichts Spritzen, streuen oder sonstiges. Da wir auf die Ernte nicht angewiesen sind lassen überlassen wir es der Natur ob die Pflanze es schafft oder nicht. (Natürliche Pflege und Gießen mit Regenwasser gehört dazu)

  • Naja, süß sind sie ja. Aber unsere heimischen Marienkäfer gefallen mir besser.
    Ich habe in meinem Garten viele dieser Asiaten. Aber auch im Winter im Haus.
    Aber ich lasse sie.

  • Lieber Herr Wotke,

    als Naturfotograf arbeite ich unentgeltlich mit dem Natur- und Artenschutz im deutschsprachigen Raum zusammen.

    Etwa 80 Prozent weniger Fluginsekten in 27 Jahren haben die Krefelder Forscher in ihrer Langzeitstudie ermittelt.
    Gerne stelle ich dem WWF Blog unentgeltliches Bildmaterial mit Copyright Makrowilli zur Verfügung.

    Tauchen Sie ein in die faszinierende Welt unserer Insekten.

    DBU - Sorge um Artenvielfalt: Was Kunming mit dem Naturerbe verbindet | Presse

    Eine Gefahr für den einheimischen Marienkäfer? | Asiatischer… | Flickr

    https://www.flickr.com/photos/182820426@N07/albums/72157709806035861

    Mit besten Grüßen

    Willibald Lang

  • Leider frist der Harlekin nicht nur andere Marienkäfer, sondern auch die Larven von Schwebfliegen, von denen sich ebenfalls zahlreiche von Blattläusen ernähren. Einheimische Marienkäfer sehe ich seit gut 10 Jahren nur noch extrem selten, und zahlreiche Schwebfliegen haben ebenfalls stark abgenommen.
    Es ist ein Trauerspiel - und noch immer ist das Aussetzen von Harlekin-Marienkäfern nicht verboten. So wird deren Freilandpopulation immer noch weiter gestützt.

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