Ohne Arten­viel­falt kei­ne Schokolade 

Ohne Vielfalt kein Kakao - und keine Schokolade © Gabriel Vanerio | WWF Ecuador

Das welt­wei­te Arten­ster­ben ist eines der drän­gends­ten Pro­ble­me unse­rer Zeit. Einer der Haupt­ver­ur­sa­cher: die Land­wirt­schaft. Unter den Leid­tra­gen­den: der Kakaobaum. 

Anbau in Mono­kul­tur, der flä­chen­de­cken­de Ein­satz von Pes­ti­zi­den und schrump­fen­de natür­li­che Rück­zugs­or­te machen Tie­ren und Pflan­zen das Leben schwer. Auch – und jetzt müs­sen eini­ge von uns stark sein – unse­re Lieb­lings­sü­ßig­keit trägt zum Arten­ver­lust bei. Neun Kilo­gramm Scho­ko­la­de essen die Deut­schen im Jahr. Gera­de zur Weih­nachts­zeit sind die Super­märk­te und Advents­ka­len­der voll mit Pra­li­nen, Weih­nachts­män­nern und Leb­ku­chen. Der Hun­ger nach Scho­ko­la­de hat bereits drei Mil­lio­nen Hekt­ar Wald­flä­chen ver­schwin­den las­sen und damit wich­ti­ge Lebens­räu­me zer­stört. Dabei spielt gera­de im Kakao­an­bau die Arten­viel­falt eine beson­de­re Rol­le.  

Wenn Insek­ten zu Hel­den werden

Ohne einen win­zi­gen Hel­fer gäbe es über­haupt kei­ne Scho­ko­la­de. Nicht die Bie­nen, son­dern die Bart­mü­cken (Cera­to­po­go­ni­dae) bestäu­ben die Blü­ten der Kakao­bäu­me und sor­gen so für gute Erträ­ge. Das Pro­blem: Der Pes­ti­zid­ein­satz im Kakao­an­bau macht nicht nur Schäd­lin­gen den Gar­aus, son­dern lässt auch die bestäu­ben­den Insek­ten ver­schwin­den. Weni­ger Mücken bedeu­ten somit auch weni­ger Kakao. Oft muss auf Kakao­plan­ta­gen bereits künst­lich bestäubt wer­den. Die müh­sa­me Hand­ar­beit kann man sich aber auch spa­ren. Denn in einem viel­fäl­ti­gen Anbau­sys­tem mit Bäu­men, Sträu­chern und lie­gen­ge­las­se­nen Stäm­men füh­len sich die klei­nen Bestäu­ber beson­ders wohl. Hap­py Mücken = lecke­re Kakao­boh­nen. Nicht nur Insek­ten, son­dern auch Vögel und ande­re Tie­re fin­den so ein Zuhause.

Für die Bestäu­bung der Kakao­bäu­me uner­läss­lich: die Bart­mü­cke © IMAGO-STAR-MEDIA

100 ver­schie­de­ne Arten statt Monokultur

Dies zeigt sich auch in unse­rem Pro­jekt zu nach­hal­ti­gem Kakao­an­bau in Ecua­dor, das durch die Deut­sche Gesell­schaft für Inter­na­tio­na­le Zusam­men­ar­beit (GIZ) GmbH im Auf­trag des Bun­des­mi­nis­te­ri­ums für wirt­schaft­li­che Zusam­men­ar­beit und Ent­wick­lung (BMZ) unter­stützt wird. Die indi­ge­nen Kakao­ko­ope­ra­ti­ven nut­zen ein jahr­hun­der­te­al­tes, tra­di­tio­nel­les Anbau­sys­tem, das beson­ders viel­fäl­tig gestal­tet ist: das Chakra-Sys­tem. Bis zu ein­hun­dert ver­schie­de­ne Pflan­zen­ar­ten wer­den auf der glei­chen Flä­che ange­baut. Zudem wer­den kei­ne Pes­ti­zi­de ein­ge­setzt. Oft ähneln die Anbau­sys­te­me einem klei­nen Wald. Da füh­len sich dann auch zahl­rei­che hei­mi­sche Tier­ar­ten wie Tapi­re, Gür­tel­tie­re, Faul­tie­re, Koli­bris und Aras wohl. 

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Die Viel­falt in den Chakras hat auch Vor­tei­le für die Men­schen: Sie bau­en auf ihren Flä­chen neben dem Kakao vie­le ver­schie­de­ne Nah­rungs­mit­tel und medi­zi­ni­sche Pflan­zen an, etwa Bana­nen, Man­gos, Zitrus­früch­te, Yuc­ca, Vanil­le und Guayu­sa. Ein Besuch im Super­markt ist bei die­ser Viel­falt nicht not­wen­dig. Zusätz­lich haben die Landwirt:innen so stets Pro­duk­te, die sie ver­kau­fen kön­nen. Damit sind sie unab­hän­gi­ger vom Preis­kampf im Kakao­sek­tor als Landwirt:innen, die allein auf Kakao set­zen.  

Kakao-Anbau nach dem tra­di­tio­nel­len Chakra-Sys­tem © Gabri­el Vane­rio | WWF Ecuador

Wie wir die Viel­falt bewah­ren können

Übri­gens: Wenn wir von Ver­lust der Arten­viel­falt spre­chen, dann auch von Ver­lust der Geschmä­cker. In Kolum­bi­en, einem der arten­reichs­ten Län­der der Erde, gibt es 27 ver­schie­de­ne Kakao­sor­ten. Wenn es uns nicht gelingt, die Viel­falt auf dem Pla­ne­ten zu erhal­ten, dann sind auch die­se Kakao­sor­ten bald Geschich­te. Und je weni­ger Kakao­sor­ten es gibt, des­to anfäl­li­ger sind sie für Krank­hei­ten. Ein Teufelskreis.

Ohne ein Umden­ken in der Land­wirt­schaft lässt sich der Ver­lust von Öko­sys­te­men nicht auf­hal­ten. Eben­so wenig, wenn wir die Rech­te und das Wis­sen von Indi­ge­nen nicht mit ein­be­zie­hen. Denn 80 Pro­zent der Bio­di­ver­si­tät der Erde liegt in Gebie­ten, die von indi­ge­nen Gemein­schaf­ten bewohnt wer­den. Unser Pro­jekt zeigt, wie die Zukunft des Kakao­an­baus und eine inklu­si­ve Land­wirt­schaft aus­se­hen könnten.

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und Mein Ziel ist es, mit kleinen Schritten die Welt zu verändern. Ich habe Umweltwissenschaften und Ökolandbau studiert und arbeite beim WWF gemeinsam mit meinem Team tagtäglich im Bereich der nachhaltigen Landwirtschaft. Landwirtschaft ist ein Haupttreiber für die Zerstörung wichtiger Ökosysteme und hat Auswirkungen auf Böden, Gewässer, Klima und Artenvielfalt. Wir setzten uns weltweit für eine naturverträgliche Landwirtschaft im Einklang mit unseren bestehenden Ressourcen ein.

Kommentare (4)

  • LIEBE Frau Kerstin Weber,
    man sollte generell jegliches Gift weltweit in der Landwirtschaft verbieten. Dieses Gift was heute alles verwendet wird tötet auch die Würmen usw. im Boden ab.
    Diese werden sehr benötigt denn sonst können die Pflazenteile nicht vernünftig in Humus verarbeitet werden. Genauso gibt es immer weniger Insekten und Bienen die unser Obstbäume und Sträucher sonstiges zur Bestäubung benötigt werden.

    Eine weitere Frage an Sie muss der Mensch alles zerstören in der Natur, kann denn der Mensch nicht mit der Natur und nicht gegen die Natur leben???

  • Der Mensch könnte mit der Natur leben statt alles zu zerstören. Siehe z.B. den Satz aus dem Artikel zum Kakao-Anbau: „Die Vielfalt in den Chakras hat auch Vorteile für die Menschen“
    Das Problem ist nur: es ist kurzfristig betrachtet schwieriger, vielleicht etwas weniger ertragreich. Langfristig wäre es besser.
    Was kann der Verbraucher tun? Nur Bio-Produkte kaufen? Aber reicht ein Bio-Label der EU? Reicht vielleicht auch der Fair-Trade-Label?
    Ritter Sport Schokolade stellt inzwischen den Anspruch nur nachhaltig angebauten Kakao zu verwenden. Ist das nachvollziehbar und richtig oder nur Greenwashing?
    Ich weiß es nicht.

  • Schon immer habe ich mich gefragt, wofür Mücken eigentlich nützlich sind. Nun weiß ich es.
    Was ich mich jetzt allerdings frage; was kann ich, als Endverbraucherin und Schokoladenliebhaberin, tun, um die Artenvielfalt zu schützen?
    Wie erkenne ich und wie kann ich sicher sein, woher genau der Kakao kommt?

    • Liebe Frau Fröhling,

      das ist eine gute Frage, die leider nicht ganz so einfach zu beantworten ist. Grundsätzlich sind Nachhaltigkeitssiegel beim Kauf von Schokolade eine hilfreiche Orientierung. Sie sollten aber immer kritisch hinterfragt werden, denn sie können zwar Standards zur Rückverfolgbarkeit und Nachhaltigkeit vorgeben, aber nicht immer die Einhaltung garantieren. Am besten für die Artenvielfalt ist der Anbau in einem vielschichtigen, diversen System, wie das Chakra-System in unserem Projekt in Ecuador: https://www.wwf.de/themen-projekte/projektregionen/amazonien/edelkakao-aus-agroforstsystemen/hueterinnen-des-waldes. Nur gibt es dafür noch kein Siegel. Wir empfehlen daher: Schokolade als Luxusgut behandeln und in Maßen genießen. Beim Kauf am besten auf eine Kombination von Bio-Schokolade in Kombination wie Fairtrade und Rainforest Alliance achten.

      Beste Grüße,
      Kerstin Weber

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