Zeit der Wöl­fe: 20 Jah­re Wolf in Deutschland


Wölfe: Wolf mit Jungen
Der Wolf ist da. Seit 20 Jahren © naturepl.com / Klein & Hubert / WWF

Seit zwei Jahr­zehn­ten ist der Wolf jetzt wie­der da. Gelernt habe ich bei der Arbeit mit dem Wolf eine Men­ge. Dass ich viel­leicht bes­ser Psy­cho­lo­ge wäre — und mich kein biss­chen see­len­ver­wandt fühle.

Schon 20 Jah­re ist der Wolf zurück? Wow, wie die Zeit ver­geht. Ich beglei­te die Rück­kehr von Wöl­fen nach Deutsch­land schon seit fast zehn Jah­ren – zuerst noch als Mit­ar­bei­ter im NABU-Wolfs­pro­jekt und seit fünf Jah­ren mitt­ler­wei­le beim WWF. Als ich mit dem Wolf ange­fan­gen habe, gab es sie­ben Rudel und sie­ben Paa­re in ganz Deutsch­land. Heu­te sind es mehr als 129 Rudel und 35 Paare. 

Wenn ich spon­tan über­le­ge, was die drei wich­tigs­ten Din­ge sind, die ich in den letz­ten Jah­ren gelernt habe, dann wohl diese:

1) Jeder hat eine Mei­nung zum Wolf

Ich habe noch nie mit jeman­den gespro­chen, dem das Tier schlicht­weg egal ist. Doch häu­fig wird der Wolf ent­we­der ver­klärt oder ver­teu­felt, aus­ge­wo­ge­ne Mei­nun­gen fin­det man nicht so häu­fig. Für mich selbst ist der Wolf ein Wild­tier wie ande­re auch: Ich füh­le mich nicht see­len­ver­wandt mit den grau­en Räu­bern, freue mich aber, dass sie unse­re Natur wie­der ein Stück voll­stän­di­ger machen /bereichern. Genau­so freue ich mich über die Rück­kehr von Luchs, Wisent und Elch. Punkt.

2) Jeder will für sich selbst lernen

Wie bei so vie­len Din­gen ist Deutsch­land auch beim Wolf Föde­ral­staat, sprich: Jedes Bun­des­land will sei­ne eige­nen Erfah­run­gen im Umgang mit dem Wolf machen. Von andern ler­nen und gut Erprob­tes selbst anwen­den – Fehl­an­zei­ge. So gibt es in nahe­zu jedem Bun­des­land ande­re Vor­ga­ben zur Höhe von Her­den­schutz­zäu­nen, zur vor­ge­schrie­be­nen Strom­span­nung usw. Ich wün­sche mir ein bun­des­wei­tes Her­den­schutz­zen­trum, dass die Vor­ga­ben und Emp­feh­lun­gen zum The­ma Her­den­schutz bün­delt. Und ich wün­sche mir mehr Koor­di­na­ti­on und Abstim­mung über Bun­des­län­der- und Län­der­gren­zen hin­aus: Was kön­nen wir von unse­ren Nach­barn im Umgang mit Wild­tie­ren ler­nen? Ich bin mir sicher: Eine gan­ze Menge.

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3) Wolfs­schutz heißt Menschenarbeit

Der Wolf fühlt sich in Deutsch­land wohl, füh­len sich die Deut­schen mit dem Wolf wohl? Der Wolf zeigt uns, dass er sehr gut bei uns zurecht­kommt. Er braucht kei­ne beson­de­ren Schutz­ge­bie­te, klei­ne­re Rück­zugs­ge­bie­te inmit­ten der von Men­schen gepräg­ten  Kul­tur­land­schaft rei­chen ihm. Des­halb sind wir als Wolfs­schüt­zer auch kei­ne Arten­schüt­zer im klas­si­schen Sin­ne. Wir kämp­fen nicht für die Aus­wei­sung neu­er Schutz­ge­bie­te oder sie­deln Tie­re wie­der an: Wolfs­schutz ist ganz nah an den Men­schen, die mit dem Wolf leben, viel weni­ger nah bei den Tie­ren, für deren Rück­kehr wir uns ein­set­zen. Ich habe bedeu­tend mehr Leu­te getrof­fen, die direkt von der Rück­kehr der Wöl­fe betrof­fen sind, als das ich Wöl­fe selbst in Deutsch­land gese­hen hät­te. Ich bin ja Bio­lo­ge, aber manch­mal den­ke ich, ein Psy­cho­lo­gie-Stu­di­um hät­te mir für mei­ne Auf­ga­ben mehr gehol­fen.

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Wie wird es wohl wei­ter­ge­hen mit dem Wolf in Deutschland?

Eine aktu­el­le Stu­die vom Bun­des­amt für Natur­schutz zeigt, das wei­te Tei­le Deutsch­lands prin­zi­pi­ell für Wöl­fe geeig­ne­te Lebens­räu­me auf­wei­sen. Je nach Modell­pa­ra­me­tern wäre dem­nach Platz für 700 bis 1400 Wolfs­ter­ri­to­ri­en in Deutsch­land. Das ist eine gan­ze Men­ge. Die Stu­die zeigt aber auch, dass es Berei­che gibt, in denen sich Wöl­fe eher nicht wie­der ansie­deln, etwa in gro­ßen Bal­lungs­räu­men. Aus­zu­schlie­ßen ist dies jedoch nicht – schaut man mal nach Ita­li­en, wo Wöl­fe auf den Müll­kip­pen vor Rom leben.

Ent­schei­dend: Kon­flik­te reduzieren

Ob es flä­chen­de­ckend Wöl­fe in Deutsch­land geben wird, wird ent­schei­dend dar­an lie­gen, ob wir die Kon­flik­te vor Ort in den Griff bekom­men. Vor allem mit unge­schütz­ten Nutz­tie­ren. Schaf­fen wir es, als Gesell­schaft Wei­de­tier­hal­ter bes­ser dabei zu unter­stüt­zen, ihre Tie­re vor dem Wolf zu schüt­zen? Und setzt sich bei Wei­de­tier­hal­tern die Erkennt­nis durch, dass man sich schon wird arran­gie­ren kön­nen, mit dem Tier? Ich will bei­des: Scha­fe, die für mehr Arten­viel­falt in der Land­schaft sor­gen. Und Wöl­fe, die Teil unse­rer hei­mi­schen Arten­viel­falt sind.

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4 Kommentare

  1. 1. Dezember 2020
    Antworten

    Umwelt­freund­lich und Schutz für die Tie­re. Die Natur schüt­zen für die Zukunft ist wich­tig und alle Men­schen müs­sen ihren Bei­trag leisten.

  2. 2. Dezember 2020
    Antworten

    Guter Kom­men­tar, lie­ber Moritz! Lei­der arbei­tet die Poli­tik — allen vor­an Herr Lies — genau in die ande­re Rich­tung. Auch die Ent­wick­lung der Gerichts­ent­schei­dun­gen in Nie­der­sach­sen lässt eini­ges befürch­ten! Bleibt zu hof­fen, dass es den Natur- und Wolfs­schutz­ver­ei­nen gemein­sam gelingt, das Schlimms­te zu ver­hin­dern. Und dass die Län­der end­lich begrei­fen, dass wir flä­chen­de­cken­den Her­den­schutz brau­chen und die­sen för­dern — und sei­ne Ein­hal­tung end­lich auch ein­for­dern und die Ver­wei­ge­rung emp­find­lich sank­tio­nie­ren. Erst wenn 80 — 90 % der Wei­de­tier­hal­ter einen funk­tio­nie­ren­den Grund­schutz umset­zen (und nicht wie der­zeit 80 — 90 % nicht oder nicht auis­rei­chend schüt­zen), wird ein nahe­zu Leben mit dem Wolf wirk­lich mög­lich. Das wird ohne behörd­li­chen Druck, nur über Ein­sicht und Ver­ständ­nis der Wei­de­tier­hal­ter allei­ne wohl lei­der nicht gehen, zumin­dest sieht es zur Zeit danach aus.

  3. Elke Hoffmann
    9. Dezember 2020
    Antworten

    Wann wird end­lich mal an die End­lich­keit der Tie­re und Pflan­zen gedacht, die unser eige­nes Leben garan­tie­ren und berei­chern und nicht nur an unse­re luxu­riö­se Bequem­lich­keit und die per­ma­nen­te Ver­meh­rung der Men­schen­mas­sen, die alle Res­sour­cen aufbraucht.
    (Z.B. Thema:Empfängnisverhütung — von den Kir­chen abgelehnt)

  4. Stephan Pauls
    15. April 2021
    Antworten

    Grund­sätz­lich kann ich mich ja mit Wöl­fen anfreun­den. Mich treibt aber fol­gen­de Fra­ge um. Die Natur funk­tio­niert ja auf einer unend­li­chen Anzahl an Regel­krei­sen. Sehr anschau­lich ist das ja bei Jägern und ihrer Beute.Eine z.B. explo­si­ons­ar­ti­ge Ver­meh­rung der Beu­te­tie­re führt dazu, dass sich auch die Jäger ent­spre­chend ver­meh­ren kön­nen bis sich das Jäger-Beu­te-Ver­hält­nis über die Zeit wie­der neu ein­re­gu­liert, d.h. z.B. dass bei grö­ße­rer Kon­kur­renz um das Beu­te­tier, also rela­tiv gese­hen gerin­ge­rem Ange­bot an Beu­te­tie­ren, man­cher Jäger schlicht ver­hun­gert oder kei­ne Basis mehr für die Fort­pflan­zung hat oder nach Alter­na­ti­ven Aus­schau hält. Rele­vant ist, das vie­le natür­li­che Sys­te­me zunächst Über­schwin­gen bis sie sich wie­der in ent­ge­gen­ge­setz­te Rich­tung regu­lie­ren. Das Pro­blem beim Wolf ist der­zeit m.E., dass er sich in einer Pha­se der ‘unre­gu­lier­ten’ Ver­meh­rung befin­det. Der Zugriff auf wild­le­ben­de Beu­te­tie­re, wie auch auf Nutz­tie­re des Men­schen ermög­licht ihm einen leich­ten Zugang zur Nah­rung und ent­spre­chen­de Ver­meh­rung. Es wird aller­dings die Zeit kom­men, in der die Anzahl der Wöl­fe das Maxi­mum gemes­sen am Nah­rungs­an­ge­bot über­schrei­ten (Über­schwin­gen) wird. Die­ser Pro­zeß wird dadurch beschleu­nigt wer­den, daß man den Schutz der Nutz­tie­re eben­falls beschleu­ni­gen wird. Ich befürch­te, dass sich eini­ge Wöl­fe, dann deut­lich häu­fi­ger und auch ohne Toll­wut in der Nähe des Men­schen umschau­en wer­den oder gar Inter­es­se an ihnen ent­wi­ckeln könn­ten. Das wäre bezo­gen auf die erwähn­ten Regel­krei­se eigent­lich nur logi­sches Ver­hal­ten, zudem der Wolf den Men­schen nicht mehr als Bedro­hung erlebt. Wes­we­gen soll­te er dann dau­er­haft scheu vor ihm haben?

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